Auf dem hier gewählten Weg wird zumindest erreicht, dass der Leser die Chance hat, sich mit diesen biblischen Büchern einmal komplett theologiefrei befasst zu haben. Wer das bis zum Ende durchhält, gehört er einer Minderheit an. Die überwiegende Zahl derer, die Moses zitieren, haben die ihm zugedachten Bücher nie ganz gelesen. Selbst dann, wenn der Leser hier nur die Textkommentare liest und gelegentlich den einen oder anderen Bibeltext zur Kontrolle überprüft, hat er am Ende den detaillierten Inhalt erfasst und weiß mehr darüber als die meisten zitatenfreudigen Christen.
Die geistige Freiheit liegt darin, unbeeinflusst eigene Schlüsse aus den vorliegenden Texten zu ziehen. Die ergänzenden Worte basieren auf Fakten, wissenschaftlichen Erkenntnissen und den sich daraus ergebenden logischen Ableitungen.
Die klein gedruckten Bibeltexte sind die Originaltexte der lutherischen Bibel von 1545. Die Stelleninformation wurde zur besseren Orientierung hinzugefügt. "1. Mose 1:1" bedeutet "erstes Buch Moses Kapitel 1 Vers 1" . Diese Ergänzung hilft bei der Prüfung auf Vollständigkeit und, falls gewünscht, beim Vergleich mit der Darstellung in anderen Bibelversionen. Sollten andere Versionen nicht verfügbar sein, empfiehlt sich ein Download aus dem Internet. Dort sind alle zu finden.
Modernere Übersetzungen sind nicht genauer als die hier verwendete Lutherversion. Manchmal finden sich in neuen Ausgaben nicht nur reine Textkorrekturen für falsche Wortwahl, sondern ideologisch passend gemachte Formulierungen bis hin zu Nacherzählungen. Auch die Konkordanzbibel ist nicht ungefährlich. Sie setzt eine semantische Stabilität von Begriffen über Zeiträume von mehreren Jahrhunderten voraus. Als typisches Beispiel kann man die Wertänderung des Begriffes "Weib" zu Luthers Zeiten und heute ansehen. Während es früher die normale Bezeichnung für die Ehefrau war, ist daraus zwischenzeitlich ein Schimpfwort entstanden.
Folgende Prämisse gilt für alle folgenden Textdiskussionen: Der Text der Bibel ist so gemeint, wie er da steht. Hätten die Autoren etwas anderes aussagen wollen, hätten sie etwas anderes geschrieben. Hätten sie aus Wissen heraus etwas anderes sagen können, hätten sie auch etwas anderes geschrieben. Der Text ist daher logischerweise nur im Kontext der damaligen Wissenslage und auch nur für die damalige Zeit und den damals bekannten geografischen Raum gültig.
Die Texte sind, im Gegensatz zur zweckdienlich verbreiteten Meinung des Klerus, weitgehend leicht zu verstehen, wenn man das Wissen und den Zeitgeist der Autoren in deren Denkwelten halbwegs nachvollzieht. Künstlich erschwert wird die Sache erst dann, wenn Exegeten aus harmlosen Erzählungen religiös-fundamentalistische Erkenntnisse und Regeln ableiten wollen, die eine bestimmte ideologische Indoktrination stützen sollen. Allein die Tatsache, dass es überhaupt Exegeten gibt, die Inhalte herleiten, die jenseits des gedruckten Textes liegen, sollte bereits zu denken geben.
Zu Zeiten, als die Bibel nur in lateinischer Sprache vorlag, war Exegese im Sinne Erklärung notwendig. In den ersten Jahrhunderten der Existenz der Lutherbibel ebenfalls, weil kaum jemand lesen konnte. Spätestens seit der fortgeschrittenen Alphabetisierung der Bevölkerung wird Exegese nicht mehr gebraucht, aber immer noch ausgeübt. Warum? Hält man die Bibelleser für zu dumm, die Texte zu verstehen? Oder will man die Deutungshoheit sicherstellen, damit die ideologische Doktrin nicht gefährdet wird?
Hier in diesem Buch ist der Leser von dieser Art Manipulationen befreit, auch von der beliebig interpretierbaren auszugsweisen Deutung, von der die Kirche gerne Gebrauch macht.
Eine Besonderheit bilden die häufig vorkommenden Textverdoppelungen. Die werden jeweils als solche kenntlich gemacht. Die Ursachen dafür liegen darin, dass beim handschriftlichen Vervielfältigen und Zusammenkleben der Schriftrollen, genannt Bücher, Textteile versehentlich mehrfach eingeordnet wurden. Besonders auffällig sind die vielen Doppeldarstellungen an den Stellen, an denen die Redaktoren beim Zusammenfügen der Urtexte sich zwar für einen entschieden haben, die Kopisten aber beim Abschreiben beide Versionen an verschiedenen Stellen beibehalten und eingeordnet haben. Insofern handelt es sich bei den Mosesbüchern um ein Textkonglomerat, das es hier auch zu entwirren gilt.
Die Texte werden lückenlos und vollständig betrachtet. Ausnahmen bilden wort- oder inhaltsgleiche Verse, die aus Platzgründen nicht vollständig wiederholt werden. Die Kennzeichnung der Auslassungen erfolgt durch die Zeichenfolge […].
Zwischen den Versen gibt es klarstellende und wissenschaftliche Erläuterungen, die zum Verständnis beitragen sollen.
Am Ende soll sich der Leser selbst ein Bild vom Wahrheitsgehalt der Originaltexte machen. Wie er dann entscheidet, bleibt seine Sache.
Moses 4, Numeri - Generelles
Das Buch ist die handlungsbezogene Fortsetzung des Buches Exodus. Es schildert den Zug durch die Wüste vom Berg Sinai bis zur Ankunft vor Kanaan östlich vom Jordan gegenüber von Jericho. Die gesamte Organisation des Zuges wird von Gott vorgegeben. Im 2. Buch Moses, dem Exodus, wurde der Auszug aus Ägypten begonnen und bis zum Berg Sinai geschildert. Dort empfingen die Israeliten durch Moses die Zehn Gebote und sämtliche Gesetze zur Regelung des Gemeinwesens, beschrieben im 3. Buch Moses, dem Levitikus. Hier wird nun die Geschichte der Israeliten fortgeführt.
Der Name des Buches geht auf die Zählungen der Stämme zurück. Lateinisch numeri heißt auf Deutsch Zahlen.
Verwaltungstechnische Aspekte und Konflikte zwischen den Israeliten und Gott, aber auch mit Moses, stehen in diesem Buch im Vordergrund. Angereichert wird der Inhalt zur besseren Unterstreichung der Gesetze mit Moritaten. Auffallend ist die Reihe der Vorausregelungen für den späteren Aufenthalt in Kanaan. Besonders die Festtage und Feierlichkeiten nehmen einen großen Raum in den Texten ein.
Grausame Kriege werden in Gottes Auftrag geführt, die keinem Gott zur Ehre gereichen können, und die erklärlich machen, warum es in den meisten Religionen einen Kriegsgott gab. Der sorgte nämlich durch seine Existenz für die Reinheit der übrigen Götter. Im Monotheismus fehlt dieser Vorteil.
Zwei große Volkszählungen werden durchgeführt, bei denen die Leviten nach anderen Kriterien gezählt werden als das übrige Volk. Auffallend dabei ist, dass bei der einen Zählung falsche Daten verwendet werden, um eine dem Volk verständliche Begründung für die Sonderrolle der Leviten herzuleiten.
Moses 4, Numeri - Die erste Volkszählung
Als Erstes erfolgt eine Zählung, die alle Männer ab dem Alter von 20 Jahren umfasst. Es handelt sich nicht nur um eine normale Volkszählung, sondern auch um eine Ermittlung der Wehrkraft. In Vers 3 wird deutlich auf den Begriff "Heer" abgehoben. Alle Männer ab dem Alter von 20 Jahren gelten als in einem Heer verwendungsfähig.
4. Mose 1:1 Und der HErr redete mit Mose in der Wüste Sinai in der Hütte des Stifts am ersten Tage des andern Monden im andern Jahr, da sie aus Ägyptenland gegangen waren, und sprach: 4. Mose 1:2 Nehmet die Summa der ganzen Gemeine der Kinder Israel nach ihren Geschlechtern und ihrer Väter Häusern und Namen: alles, was männlich ist, von Haupt zu Haupt; 4. Mose 1:3 von zwanzig Jahren an und drüber, was ins Heer zu ziehen taugt in Israel; und sollt sie zählen nach ihren Heeren, du und Aaron.
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