Edith Stein - Edith Stein - Endliches und ewiges Sein

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"Wenn wir die Frage nach dem Sein als das Beherrschende sowohl im griechischen wie im mittelalterlichen Denken ansehen können, als das Unterscheidende aber, daß den Griechen diese Frage angesichts der natürlichen Gegebenheit der geschaffenen Welt aufging, daß sie sich aber den christlichen Denkern (in gewissem Umfang auch den jüdischen und islamitischen) erweiterte durch die übernatürliche Welt der Offenbarungstatsachen, so ist das von der Überlieferung gelöste neuzeitliche Denken dadurch gekennzeichnet, daß es an Stelle der Seinsfrage die Erkenntnisfrage in den Mittelpunkt stellte und die Verbindung mit dem Glauben und der Theologie wieder löste."
Edith Stein (1891 – 1942) gilt als Brückenbauerin zwischen Glaubensrichtungen und Wertesystemen. Ihr Werk «Endliches und ewiges Sein» erschien erstmals 1937.

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Inhaltsverzeichnis

Titelseite Endliches und ewiges Sein Versuch eines Aufstiegs zum Sinn des Seins von Edith Stein

Vorwort

§ 1. Erste Einführung in die Akt- und Potenzlehre des heiligen Thomas von Aquino

§ 2. Die Frage nach dem Sein im Wandel der Zeiten

§ 3. Schwierigkeiten des sprachlichen Ausdruckes

§ 4. Sinn und Möglichkeit einer »Christlichen Philosophie«

§ 1. Darstellung nach »De ente et essentia«

§ 2. Die Tatsache des eigenen Seins als Ausgangspunkt der sachlichen Untersuchung

§ 3. Das eigene Sein als aktuelles und potenzielles; Zeitlichkeit

§ 4. Erlebniseinheiten und ihre Seinsweise; Werden und Sein

§ 5. Aufbau und Seinsbedingungen der Erlebniseinheit

§ 6. Das »reine Ich« und seine Seinsweisen

§ 7. Das Sein des Ich und das ewige Sein

§ 1. Zeitlichkeit, Endlichkeit, Unendlichkeit, Ewigkeit

§ 2. Wesenheit (eidos) und wesenhaftes Sein

§ 3. Wesenheit, Begriff und Wesen

§ 4. Das Wesen und sein Gegenstand; Wesen, »volles Was und Wesenswas« Wesensveränderung und Wesenswandel

§ 5. Einzelwesen und allgemeines Wesen

§ 6. Wirkliches und wesenhaftes Sein

§ 7. Wesen und Wesenskern; Wesenheit und Washaftigkeit (μορφή)

§ 8. Akt und Potenz – wesenhaftes Sein

§ 9. Das wesenhafte und das wirkliche Sein der Dinge

§ 10. Die Universalien

§ 11. Abwehr von Mißdeutungen des »wesenhaften Seins«

§ 12. Wesenhaftes und ewiges Sein

§ 1. »Wesen«, »Sein« und »Seiendes« nach »De ente et essentia«. Verschiedene Begriffe von »Sein« und »Gegenstand« (Sachverhalte, Privationen und Negationen, »Gegenstände« im engeren Sinn)

§ 2. Versuch einer Klärung des Begriffs οὐσία

§ 1. Rückblick und Ausblick

§ 2. Form und Inhalt

§ 3. »Etwas«, Kategorien und »Seiendes«

§ 4. Die Transzendentalien (Einleitender Überblick)

§ 5. Das Seiende als solches (ens, res)

§ 6. Das Seiende als »Eines« (unum)

§ 7. Das Seiende als Etwas (aliquid)

§ 8. Versuch einer formalen Fassung des Wahren, Guten und Schönen

§ 9. Die Begriffspaare »inhaltlich – formal«, »gedanklich – sachlich«

§ 10. Versuch einer tieferen Erfassung der Wahrheit (logische, ontologische, transzendentale Wahrheit)

§ 11. Wahrheit des Urteils

§ 12. Künstlerische Wahrheit

§ 13. Göttliche Wahrheit

§ 14. Transzendentale Wahrheit, göttliches und geschöpfliches Sein

§ 15. Göttliche und geschöpfliche Gutheit

§ 16. Verhältnis von Wahrheit und Gutheit

§ 17. Sein, Gut und Wert

§ 18. »Voller Sinn« des Guten und Wahren

§ 19. Schönheit als transzendentale Bestimmung

§ 1. Gemeinsamer Sinnbestand alles endlichen Seins und verschiedene Seinsweisen (wesenhaftes Sein, Existenz, wirkliches und gedankliches Sein)

§ 2. Die transzendentalen Bestimmungen und der »volle Sinn« des Seins

§ 3. Einheit des Seins und Vielheit des Seienden – Eigensein des einzelnen Seienden

§ 4. Das erste Sein und die »analogia entis«

§ 1. Person und Hypostase

§ 2. Person und Geist

§ 3. Das menschliche Personsein

VIII. Sinn und Begründung des Einzelseins

§ 1. Einzelding, Einzelheit und Einheit (Einzelsein und Einssein)

§ 2. Auseinandersetzung mit der thomistischen Lehre vom Grund des Einzelseins

I. MARTIN HEIDEGGERS EXISTENZPHILOSOPHIE Sein und Zeit

A. Wiedergabe des Gedankenganges

B. Stellungnahme

II. DIE SEELENBURG

Impressum

Endliches und ewiges Sein

Versuch eines Aufstiegs zum Sinn des Seins

von

Edith Stein

Vorwort

Dieses Buch ist von einer Lernenden für Mitlernende geschrieben. Die Verfasserin war in einem Alter, in dem andere es wagen dürfen, sich Lehrer zu nennen, gezwungen, ihren Weg von vorn zu beginnen. Sie war in der Schule Edmund Husserls herangebildet und hatte eine Reihe von Arbeiten nach phänomenologischer Methode geschrieben. Diese Abhandlungen waren in Husserls Jahrbuch erschienen, und dadurch wurde ihr Name bekannt gerade zu einer Zeit, wo sie aufgehört hatte, philosophisch zu arbeiten, und an nichts weniger dachte als an eine öffentliche Wirksamkeit. Sie hatte den Weg zu Christus und Seiner Kirche gefunden und war damit beschäftigt, die praktischen Folgerungen daraus zu ziehen. Als Lehrerin an der Lehrerinnenbildungsanstalt der Dominikanerinnen zu Speyer durfte sie in der wirklichen katholischen Welt heimisch werden. Dabei mußte sehr bald der Wunsch erwachen, die gedanklichen Grundlagen dieser Welt kennen zu lernen. Es war fast selbstverständlich, daß sie zuerst zu den Schriften des hl. Thomas von Aquino griff. Die Übersetzung der Quaestiones disputatae de veritate bahnte ihre Rückkehr zur philosophischen Arbeit an.

Der hl. Thomas fand eine ehrfürchtige und willige Schülerin – aber ihr Verstand war keine tabula rasa, er hatte schon eine sehr feste Prägung, die sich nicht verleugnen konnte. Die beiden philosophischen Welten, die darin zusammentrafen, verlangten nach einer Auseinandersetzung. Der erste Ausdruck dieses Verlangens war der kleine Beitrag zur Husserl-Festschrift: »Husserls Phänomenologie und die Philosophie des hl. Thomas von Aquino«, noch während der Arbeit an den »Untersuchungen über die Wahrheit« geschrieben. Als die Übersetzung abgeschlossen und im Druck war, wurde der Versuch einer Auseinandersetzung aufs neue in Angriff gekommen, diesmal auf breiterer sachlicher Grundlage. Es entstand i. J. 1931 ein umfangreicher Entwurf. Im Mittelpunkt stand die Erörterung der Begriffe »Akt« und »Potenz«; nach ihnen sollte auch das Ganze benannt werden. Eine gründliche Überarbeitung – damals schon als unerläßlich erkannt – mußte zugunsten andersgearteter Berufsarbeit zurückgestellt werden.

Nachdem die Verfasserin in den Orden der Unbeschuhten Karmeliten aufgenommen war und ihr Noviziatsjahr beendet hatte, 1935 erhielt sie im vergangenen Jahr von ihren Vorgesetzten den Auftrag, den alten Entwurf für den Druck vorzubereiten. Es ist eine ganz neue Fassung entstanden; von der alten sind nur wenige Blätter (der Anfang des I. Teils) übernommen worden. Der Ausgang von der thomistischen Akt-Potenz-Lehre wurde beibehalten – aber nur als Ausgang. Im Mittelpunkt steht die Frage nach dem Sein. Die Auseinandersetzung zwischen thomistischem und phänomenologischem Denken erfolgt in der sachlichen Behandlung dieser Frage. Und weil beides – das Suchen nach dem Sinn des Seins und das Bemühen um eine Verschmelzung von mittelalterlichem Denken mit dem lebendigen Denken der Gegenwart – nicht nur ihr persönliches Anliegen ist, sondern das philosophische Leben beherrscht und von vielen als eine innere Not empfunden wird, darum hält sie es für möglich, daß ihr Versuch anderen helfen könnte, so unzulänglich er ist. Über die Unzulänglichkeit ist sie sich vollkommen klar. Sie ist in der Scholastik ein Neuling und kann sich das, was ihr an Kenntnissen fehlt, nur ganz allmählich und stückweise anzueignen suchen. Darum konnte es ihr auch nicht einfallen, eine geschichtliche Darstellung der behandelten Fragen zu geben. Die Anknüpfung an vorliegende Lösungen ist immer nur Ausgangspunkt für eine sachliche Erörterung. Und das dürfte nicht nur der Weg zu größerer sachlicher Klarheit sein – kein menschliches Gedankensystem wird je so vollkommen sein, daß wir dessen nicht mehr bedürften –, sondern auch der Weg zu lebendiger Fühlungnahme mit den Geistern der Vergangenheit und zu der Einsicht, daß es über alle Zeiten und Schranken der Völker und der Schulen hinweg etwas gibt, was allen gemeinsam ist, die ehrlich nach der Wahrheit suchen. Wenn dieser Versuch etwas dazu beiträgt, den Mut zu solchem lebendigen philosophischen und theologischen Denken zu wecken, so ist er nicht umsonst gewesen.

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