»Wieso hast du eigentlich kein Kind? Du wärst sicher eine fantastische Mutter!« Kim zieht eine Augenbraue hoch und schüttelt hektisch mit dem Kopf.
»Ich will kein Kind mehr, eines reicht mir!« Erschrocken blickt Mark sie an.
»Du hast ein Kind?«
»Nein, meine Frau!« Jetzt schießt Mark auf der Matratze hoch und starrt sie geschockt an.
»Du bist verheiratet??«, japst er entsetzt. Kim lächelt beruhigt und legt Mark in das Kissen zurück.
»Nur noch auf dem Papier! Wir haben uns getrennt, weil ich Zeit für mich brauche! Selbstfindung haben wir es genannt! Ich habe aber in letzter Zeit gemerkt, dass ich besser mit mir zurechtkomme, wenn ich alleine bin! Wir telefonieren trotzdem jeden Tag miteinander und sind immer füreinander da. Wir beide haben eine sehr besondere Bindung zueinander!«, klärt sie Mark auf, der ihr ruhig aber trotzdem verwirrt zuhört.
»Weiß sie hiervon?«, fragt er kleinlaut und blickt an sich herunter.
»Nein! Das ist etwas was ich ihr niemals erzählen werde! Ich weiß, dass sie damit nicht zurechtkommen würde!« Kim beugt sich zu ihm herunter und küsst ihn auffordernd.
»Und jetzt lassen wir das Gequatsche und machen weiter! Ich habe später noch einen!«, beendet sie das kurze Gespräch und reitet Mark, bis er sich irgendwann hinter sie legt und sie in der Löffelchenstellung vögelt. Ihr ist das ganz lieb! Sie muss nicht die ganze Zeit sein Gesicht vor sich haben.
Als er dann aber aus ihr rausgeht und an ihrem Arsch rumnestelt zischt sie sofort los.
»Ey, so sozial bin ich auch nicht! Davon war nicht die Rede!!«
»Bitte!!«, haucht er an ihrem Ohr.
»Nein!! Wenn du da rein willst, hast du zu zahlen und das weißt du!!«
»Ich habe aber kein Bargeld mehr hier!!«, bettelt er, was Kim mit einem schüttelnden Kopf sofort abschmettert.
»Das ist nicht mein Problem!! Geld oder der Arsch ist Sperrgebiet für dich!«
»Bitte! Ich flehe dich an!!«, jammert Mark noch immer, bis Kim zu ihm zurückblickt und ein richtig unschuldiges Gesicht von ihm sieht.
»Ich mache dir einen Vorschlag!! Du kannst da einmal kostenlos rein, aber ich bestimme wann! Auf jeden Fall nicht heute! Ich habe auch gar kein Gleitgel dabei! Bei deinem letzten Mal hatte ich wahnsinnige Schmerzen und mir hat zwei Tage später noch der Arsch wehgetan!«, bietet sie Mark an und sieht ein erschrockene Gesicht von ihm.
»Warum hast du es dann aber gemacht?«
»Geld Mark, nur wegen dem Geld! Aus keinem anderen Grund!« Mark schaut sie noch immer erschrocken an. Dann schüttelt er hektisch den Kopf.
»Mach das bitte nicht, Kim! Mach bitte keine Sachen, die du nicht willst!« Sie schaut Mark mit großen Augen an und fängt zu lachen an.
»Dafür ist es schon seit langer Zeit zu spät, meinst du nicht auch?«, giert sie, sieht aber noch immer ein ernstes Gesicht von ihm.
»Was du bei den anderen machst, ist mir vollkommen egal! Aber bitte nicht bei mir! Sei ehrlich zu mir und sag mir was du nicht willst! Ich will dir nicht wehtun!«, appelliert Mark fürsorglich an Kims Gewissen. Tiefgründig und schweigend betrachtet sie ihn. Verdammt, dieser Kerl ist echt etwas Besonderes, wenn er das jetzt wirklich ernst meint. Wieso ist er so nett und besorgt um sie? Kim weiß es nicht und versucht etwas aus seinem Gesicht herauszulesen. Sie kann dort aber nichts erkennen, was an seinen Worten zweifeln lässt. Von daher schiebt sie ihre Hand in seinen Nacken, zieht ihn zu sich, flüstert leise »Du bist echt ein ganz Süßer!« und küsst ihn.
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Um drei Uhr nachts klingelt Kims Handy, was sie allerdings erst nach einiger Zeit registriert. Ohne auf das Display zu achten, nimmt sie das Gespräch an und murmelt verschlafen »Ja?«. Sie hört lediglich unbekannte laute Geräusche im Hintergrund, irgendwelche Sirenen und unendlich viele hektische Stimmen. Dann ertönt die Stimme ihrer Mitarbeiterin Angelica.
»Das Lager brennt!«, brüllt sie durch das Handy.
»Was?«, quetscht Kim verschlafen durch die Muschel.
»Das Lager vom Laden brennt!!«, donnert erneut die Stimme durch die Technik.
»WAS???«. Kim schießt im Bett hoch und ist von einem Moment zum anderen hellwach.
»Die Polizei und Feuerwehr sind schon hier! Komm sofort her!«, keift die Mitarbeiterin. Kim nimmt das aber nicht auf. Sie springt mit einem Satz aus dem Bett. Notdürftig zieht sie sich auf dem Weg zur Wohnungstür einige Klamotten an.
Während der Autofahrt zu ihrem Laden, beginnt sie sich ein Bild auszumalen. Was wird sie erwarten? Hat ihre Mitarbeiterin sie eventuell verarscht? Wenn sie das gemacht hat, dann wird Kim sie definitiv fristlos kündigen. Sie versteht zwar verdammt viel Spaß, aber dieser Schritt wäre zu viel. Sie kann sie aber nicht verarscht haben. Dafür klang die Situation am Telefon zu realistisch und der erste April ist schon lange vorbei.
Kim biegt zitternd in die Straße ihres Ladens und kann schon aus dieser Entfernung einen hellen Fleck am dunklen Himmel erkennen.
»Bitte nicht!«, haucht sie geschockt und tritt das Gaspedal im Fußraum vollständig durch.
Ihr Wagen fährt mit rasender Geschwindigkeit auf das Geschäft zu. Kim ist sich sicher, dass ihre Mitarbeiterin sie nicht verarscht hat, als sie Meterhohe Stichflammen aus dem Gebäude dringen sieht. Mehrere Feuerwehr- und Polizeiwagen stehen auf der Straße. Genauso wie einige Schaulustige. Man kann sich tatsächlich fragen ob die Leute zu dieser späten Stunde nichts anderes zu tun haben, als die Arbeit eines Feuers zu beobachten.
Mit quietschen Reifen hält Kim zwischen den Feuerwehrfahrzeugen und stürzt auf die Straße. Vor Angst und Sorge wahnsinnig werdend, blickt sie zur Lagerhalle, die sich einige Meter neben ihrem Laden befindet. Ihre Augen wandern hektisch hin und her. Ihr Gefühlsleben kämpft einen Kampf zwischen Verzweiflung und Erleichterung, weil nur das Lager brennt und nicht auch noch der Laden. Sie hatte damals kein geeignetes Gebäude gefunden um beide Räumlichkeiten in einem Haus zu haben. So musste sie einige Dollar mehr aufbringen, um ihre Lagerkapazität aufzufangen. Ein ungewollter Glücksgriff, wie sich nun herausstellt. Denn der Laden wurde bisher vom Feuer verschont. Allerdings nicht vom Löschwasser. Die Feuerwehr katapultiert das rettende Nass wild um sich, um zu verhindern, dass ihr Geschäft Feuer fängt. Wenn das passiert, könnte Kim sich einen Strick nehmen. Dann wäre sie ruiniert!
»KIM!«, hört sie eine quiekende Stimme, blickt zur Seite und sieht nur noch eine Frau, die sich ihr sofort um den Hals schmeißt. Eigentlich behält Kim es dabei, dass Mitarbeiter, Mitarbeiter sind und hält Privat und Beruf getrennt. Aber in diesem Moment ist es ihr egal. Sie drückt Angelica an sich und kämpft mit sich, nicht in Tränen auszubrechen. Wie soll sie diesen Schaden nur auffangen? Sie kann wegen dem Löschwasser die nächsten Tage ihren Laden mit Sicherheit nicht öffnen.
»Miss Stryder?«, reißt plötzlich jemand die beiden auseinander.
Matt blickt Kim zur Seite und sieht einen Polizisten neben sich. Muss sie jetzt ernsthaft irgendwelche Gespräche führen und Fragen beantworten? Sie ist jetzt viel zu aufgewühlt und innerlich zerstreut, als dass sie jetzt auch nur ein vernünftiges Wort zustande bekommt.
»Ja?«, huscht ihr aber doch benebelt über die Lippen.
»Das ist ihr Lager?«, fragt der Polizist eine, für Kim, reichlich dämliche Frage, die sie lediglich mit einem nickenden Kopf beantwortet. Gleichzeitig schweifen ihre Augen wieder zum Flammenherd zurück. Sie sieht dieses gewaltige Feuer, das ohne jegliche Rücksicht ihren Traum vernichtet. Das schlimmste daran ist aber, dass unschuldige Bücher darunter leiden und erbarmungslos liquidiert werden. Werke von Autoren die gekauft und gelesen werden wollen. Wenn Kim wieder soweit startklar ist, dass sie eine Bestellung aufgeben kann, wird sie mehrere Paletten geliefert bekommen. Sie weiß jetzt schon, dass sie dann Nachtschichten einführen muss, um alles zu buchen und Inventurgerecht einzulagern. Was für ein unglaublicher Rattenschwanz an diesem Feuer dranhängt.
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