„Danke dir für diese klaren Aussagen. Auch wir neigen leider dazu, das Hauptanliegen der Lebewesen zu vernachlässigen. Aber es ist tatsächlich das Hauptprinzip unseres Bestrebens,“ meinte A1.
Immer wieder fragten sie sich, wie sie die Erde laut- und problemlos übernehmen könnten? Dabei war für A1 klar zu erkennen, welches Terrain und wie seine Spione den Übernahmeprozess vorbereitet hatten. Es war für ihn ein Genuss zu erkennen, welch fähige Mitarbeiter ihn umgaben.
„Fassen wir zusammen“, nickte A1, „wir führen einen gerechten Kampf, um die wunderschöne Erde für uns zu erhalten und zu erneuern. Unser Kampf ist unblutig, ohne Knallerei und still. Somit ist es nur ein Umbau der Erde, der längst im Gange ist. Er wird von uns gefördert. Das heißt, die sogenannten Weisen, die klugen Köpfe, die Selbstherrlichen stehen längst in unseren Diensten, ohne es zu merken.
Wir führen die Menschen zu einer neuen Tätigkeit, wenn sie sich nicht selbst bis dahin zerstört haben. Wir helfen ihnen, den Planeten Erde wieder bewohnbar zu machen. Diesmal allerdings für uns. Dazu müssten sie ein großes Stück ihrer Freiheit aufgeben. Dafür brauchten sie auch nicht mehr über eine Verzichtgesellschaft zu reden. Sie sind dann eine Verzichtgesellschaft. Das zu erkennen ist aber nicht jedermann gegeben.
Wir werden alleine damit in ein oder zwei Generationen eine körperlich stark veränderte Menschheit haben. Geistig und verstandesgemäß hoffe ich, dass nicht zu viele irre Krankheitsbilder kreiert werden. Ja, die Unternehmen blasen derart viel Dreck und Gift in die Luft, dass die Menschen Befürchtungen haben, sie selbst aber vor allem nachfolgende Generationen könnten durch diesen Schmutz einer Genveränderung unterliegen, zu Krüppeln werden oder geistig beschädigt werden. Zur Korrektur könnten wir bestimmen, unter welchen Umständen welches Gen angeschaltet wird und wann es wieder stumm wird. Das ist und bleibt mit Risiken verbunden und sollte mit höchster Vorsicht angegangen werden. Auf jeden Fall ist es nicht geeignet, den Schmutz der Unternehmen zu korrigieren und sie aus der Verantwortung zu entlassen.“ Es zeigt sich einmal wieder, welch hervorragenden Mitarbeiter ich habe, dachte A1.
Die anderen dagegen waren besorgter. A1 müsste schon starke Gründe haben, ging es ihnen durch den Kopf, denn es dürfte schwierig sein, mit diesem Anliegen bei einer interplanetarischen Konferenz durchzukommen.
Erstaunlicherweise finden wir bis heute keinen Vertreter der Menschenrasse von der Erde im planetarischen Rat. Offensichtlich will sie niemand dort haben, dachte A1.
Der Boss schaute sich in der Runde aufmerksam um und glaubte sich verstanden. „Natürlich werden wir hier und da härter durchgreifen müssen. Das könnte auch bedeuten, von der Regel abzuweichen, aber nur, wenn wir es ethisch verantworten können.“
Schneller als gedacht, nahm B8 wieder das Wort an sich:
„Ich habe mich sehr stark für Demokratien auf der Erde interessiert und sie untersucht. Da tut sich zur Zeit etwas. Offenbar wird es auch in sogenannten Demokratien üblich, immer mehr Grundrechte durch geschicktes Manipulieren der Staatsmacht zu verändern. Das demokratische Staatswesen, das auf den drei Säulen, der Legislative, der Judikative und der Exekutive ruht, wird spätestens dann zu einer Fehleinstellung kommen, wenn es sich nicht durchgängig an diese Vorgaben hält und sogar beginnt, gegen das eigene Grundgesetz zu verstoßen. Der französische Philosoph und Politiker Rousseau drückte es so aus: ‚Wenn man den Begriff in seinem strengsten Sinne nimmt, dann hat es niemals wirklich eine Demokratie gegeben – und es wird auch nie so weit kommen.’
Gott sei Dank gibt es nicht so viele Philosophen auf der Erde, die so stark an ihrem eigenen politischen Lebensstil zweifeln. Aber auch aus unserer Sicht ist es für das Erdenleben von außergewöhnlicher Bedeutung, die Demokratie hochzuhalten.
Was geschieht aber, wenn sich Demokratien grundsätzlich nicht an die eigenen Regeln halten? Dann wird hin und her diskutiert, es gäbe andere Grundlagen und Voraussetzungen. Bei meinem letzten Besuch auf der Erde habe ich diese Vorgehensweise tatsächlich in beinahe reinsten Demokratien erlebt. Wenn die eigenen Interessen angefasst werden, wird beinahe jeder giftig und sorgt selbst mit Lügen und Kampagnen für die Durchsetzung seiner eigenen Interessen. Anschließend wundern sie sich, wenn andere Demokratien, die in sich noch nicht so gefestigt sind, sich auf schwer zu fassenden Irrwegen wiederfinden.“
Die Crew warf A1 interessierte Blicke zu. B8 drückte sich mit solch klar definierten Fakten aus, dass es eine Freude war, ihm zuzuhören. Und A1 ergänzte:
„Eine Demokratie muss immer, jeden Tag unter jeder Bedingung von jedem Bürger verteidigt werden. Autokratische Typen, die es selbst in Demokratien nach oben schaffen, neigen dazu, die Machtkompetenz, die ihnen noch mit einer rechtmäßigen Wahl zugeflossen ist, weiter auszubauen, gegen die eigenen Regeln zu verstoßen und das Grundprinzip der Demokratie auszuhöhlen. Wir haben genügend Beispiele auf der Erde dafür. Darunter fallen sogenannte gefestigte Demokratien in Europa und Nordamerika. Wenn ein demokratischer Staatsführer der Ansicht ist, die Mehrheit der Bevölkerung bejubelt ihn, ist seine Neigung schnell dahingehend, dass er von einer einzigen Person überzeugt ist: von sich selbst. Dann fängt es angeblich mit kleinen „Korrekturen“ an der Demokratie an, mit Fakten, die er zur Machtvollkommenheit gebrauchen kann“, führte er aus.
„Nehmen wir ein erklärendes Beispiel, wobei wir wissen müssen, dass jedes Beispiel irgendwo hakt. Dennoch:
Ein Hirte hat auf einem recht freien Gelände zweihundert Schafe zu versorgen. Das Gelände ist bald abgefressen und drumherum gibt es besseres und saftigeres Gras. Es hat nur einen Nachteil. Es gehört nicht dem Schäfer. Die Schafe versuchen, das andere Gelände zu erobern, trotz Verbots des Schäfers. Sie ignorieren sein Verbot. Der Schäfer setzt Hunde ein. Er erkennt, wie einfach es ist, die Schafe mit Hunden zu hüten.
Nachdem er anfänglich nur einen Schäferhund hatte, benötigt er jetzt schon zwei. Die Schafe gewöhnen sich daran. Der Schäfer hat jetzt vier Hunde. Die Schafe sind bereits etwas verängstigt, dennoch schafft sich der Schäfer zwei weitere Hunde an. Außerdem erzieht er seine Hunde zu mehr Aggressivität. Ein großer Teil der Schafe ist verängstigt. Zwei der Schafe holen sich über den Rand hinaus, oder unter dem Zaun hindurch ein paar längere Grashalme. Über die Übertretung seines Verbotes ist der Schäfer derart verärgert, dass er die Hunde auf die zwei Übertreter hetzt, und sie werden tot gebissen.
„Ich wollte ein Zeichen setzen“, sagte der Schäfer. Die anderen Schafe sind noch mehr verängstigt. Und immer, wenn der Schäfer kommt, jubeln sie ihm zu, als Zeichen der Bereitschaft, seinen individuellen Gesetzen zu gehorchen. Sie jubeln ihm weiter zu und geben kund, sie wollen nie einen anderen Schäfer haben, zumal er ihnen eindringlich klar gemacht hat, er sei der einzige, der sie beschützen könne und ihre Rechte auch den anderen Hunden gegenüber vertrete.
Zusätzliche hat der Schäfer einige andere Schafe abgerichtet und mit grünem Vollgras gefüttert und gelenkt, sodass sie nahezu hörig geworden sind und die anderen Schafe von der Philosophie des Schäfers zu überzeugen versuchen. Die Schafe unterwerfen sich, geben ihre Freiheit komplett auf. Außerdem sind noch die Hunde da, denen es Spaß macht, die Schafe klein, verängstigt und unterwürfig zu halten. Die Herde glaubt den alleinigen Schutz durch ihren Schäfer zu spüren und folgt all seinen Anordnungen freiwillig.
Das innere Grollen der Schafe vernimmt der Schäfer nicht. Er spürt, wie einfach es ist, mit seinen Hunden die Herde zusammenzuhalten. Er kann jetzt ab und zu sogar fortgehen, um sich ein Eis zu kaufen, die Hunde halten die Herde zusammen. Wenn er zurückkommt, zeigen sie ihm, welche Schafe ausbüchsen wollten. Sie bekommen härtere Strafen. Kein Schaf spürt noch ein wenig Freiheit. Sie laufen mit gesenktem Kopf über die Weiden und sehen nicht einmal mehr die längeren Grashalme, die stehen geblieben sind. Die Schafe werden unglücklich. Die ersten werden krank.
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