Richard Loewe - Invasion der Außerirdischen in Berlin-Mitte

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Wir schreiben das Jahr 2001. Außerirdische überfallen die Erde und es liegt an einer Gruppe von berliner Studenten, die Welt zu retten. Leider gelingt der Hobby-Widerstandsgruppe nicht so alles nach Plan, und bald schon werden die vermeintlichen Jäger zu den Gejagten.

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Die Invasion

Der Tag danach

Die ›Gruppe 69‹

Der Widerstand formiert sich

Eine mysteriöse Verbindung

Die ›nationale Befreiungsfront‹

Fortschritt

Bei Nacht und Nebel

Das Leben im Untergrund

Staatsfeind Nummer Eins

Ein unerwarteter Verbündeter

Epilog

Impressum neobooks

Invasion der Außerirdischen

in Berlin-Mitte

ein Science Fiction Roman

von

Richard Loewe

Loewe Lissabon Die InvasionFußnote 1 BerlinFriedrichshain 1137 Uhr - фото 1

Loewe • Lissabon

Die Invasion[Fußnote 1]

Berlin-Friedrichshain, 11:37 Uhr – Tag der Invasion

Max legte eine neue Scheibe auf. Er liebte das Geräusch, wenn sich die Nadel auf das Vinyl senkte und in die Platte kratzte. Seine Freunde mochten ihn für noch so antiquiert halten, aber keine kalte CD und kein blasses MP3 aus seiner Sammlung machten ihm ebenso viel Freude wie sein guter, alter Thorens-Plattenspieler. Er ließ sich in einen Sessel fallen, schob sich die Dreadlocks aus dem Gesicht, und lauschte einige Minuten den vertrauten Klängen. Dann, fand er, war es an der Zeit für einen Joint, den er sich aus purem Gras wie eine normale Zigarette drehte. Tausendmal schon hatte Nina ihm zu erklären versucht, dass Marihuana genauso gefährlich wie Tabak war, wenn man es inhalierte. Sie hatte ja keine Ahnung, was für giftiges Zeugs in handelsüblichen Tabakwaren zu finden war! Nicht, dass er selbst wirklich in der Lage gewesen wäre, die Inhaltsstoffe aufzuzählen. Wie dem auch sein mochte, jedenfalls hatte er vor langer Zeit beschlossen, aus gesundheitlichen Gründen beim altbewährten, biologisch-dynamisch in Holland großgezogenen Gras zu bleiben. Schließlich lebte man ja nur einmal – falls man nicht gerade wie Nina an Reinkarnation glaubte.

Er wandte sich seinem Computer zu. Es galt, etwas Sinnvolles zu tun und sich endlich an diesen verflixten Aufsatz zu Flussläufen in Papua Neuguinea machen. Er warf den Browser an, aber das blöde Ding zeigte einen Fehler ›404 - Page not found‹ an. Dann wohl doch keine Hausarbeit! Wenn er ehrlich sein sollte, verdiente er als DJ ausreichend Kohle, um über die Runden zu kommen, und schien zur Wissenschaft sowieso nicht allzu viel zu taugen. Übermäßig Arbeit und vor allem schrecklich viel Mathematik. Selbst mit Tobis Hilfe war er nur mit Mühe durch einige Prüfungen gekommen, dabei stand er erst am Anfang seines Geografiestudiums. Wer hätte gedacht, dass man sich in diesem Fach mit Projektionsmethoden und Physik beschäftigen musste? ›Wahrscheinlich jeder, der sich vorm Einschreiben mal informiert hätte‹, beantwortete er die Frage selbst und kicherte in sich hinein. Egal, das Internet funktionierte sowieso nicht. Eigentlich eine Sauerei, schließlich zahlte er dafür. Er griff zum Telefon. Man durfte ja wohl erwarten, dass eine teure 24/7 Flatrate auch vierundzwanzig Stunden am Tag lief! Statt bei seinem Provider anzurufen, wo man ihn in eine endlose Warteschleife gesteckt hätte, wählte er jedoch ganz automatisch Tobis Nummer. Wäre doch gelacht, wenn sich der alte Stubenhocker nicht zu einem kleinen Team-Deathmatch in ihrem Lieblingsshooter herausfordern ließe, oder, was noch besser wäre, sie könnten sich zu einem gemeinsamen Bierchen treffen. Immer schwerer wurde es, den Physikus zu überreden, mal von der Doktorarbeit abzulassen und an was Alltägliches zu denken. Von den vielen Zahlen und Formeln musste ihm ja schon der Kopf schwirren!

Max wählte und nichts geschah. Er prüfte den Akku und den Netzwerkindikator, aber beide Anzeigen standen auf voll. Da bemerkte er auf dem Display die Nachricht ›Netzwerk überlastet‹. Er runzelte die Stirn. Was zum Geier konnte an einem Werktag um elf Uhr morgens so wichtig sein, dass alle gleichzeitig telefonieren wollten? War die Love-Parade wieder nach Berlin gekommen? Gab es die Love-Parade überhaupt noch? Er glaubte, sich vage zu erinnern, dass sie schon vor unendlich langer Zeit abgeschafft worden war. Fand heute etwa ein Berlinmarathon statt? Karneval der Kulturen? Christopher Street Day? Er hatte keine Ahnung und wischte die mühseligen Spekulationen beiseite. Dann rief er seinen Freund eben später an, zumal sich dadurch die Wahrscheinlichkeit drastisch erhöhte, dass er den erfolgreichen Doktoranden tatsächlich zu einem Bierchen oder Pfeifchen überreden konnte. Tobi war immer so unglaublich um sein Hirn besorgt, dabei würde ihm ein bisschen mehr Dummheit gar nicht schaden.

Eine Welle von Hunger erfasste Max mit einem Mal. Kein Wunder, er hatte noch nicht gefrühstückt. Aus unerfindlichen Gründen bekam er Lust auf ein Glas Orangensaft und eine Salamipizza. Angesichts der Tatsache, dass in seinem Kühlschrank gähnende Leere herrschte, beschloss er kurzerhand, im Laden um die Ecke eben diese Waren käuflich zu erwerben. Der Spätkauf war ziemlich teuer und es war auch ganz und gar nicht spät, aber er unterstützte den örtlichen Einzelhandel – vor allem, wenn er wirklich gleich eine Straße weiter zu finden war und man gelegentlich anschreiben lassen konnte.

Wie fast jeden Tag im gefürchteten Berliner Winter bedeckte eine undurchdringliche Schicht Wolken den Himmel, als habe jemand eine große, ungewaschene, heftig beschlagene und grau angeschimmelte Käseglocke über die Stadt gestülpt. Max konnte dieses Wetter nicht ausstehen, weshalb er in dieser unwirtlichen Jahreszeit oft lange verreiste. Unter dem Vorwand eines Geografiestudiums ließen sich selbst ausgedehnte Exkursionen nach Indonesien oder Neuseeland rechtfertigen. Diesmal hatten seine bescheidenen Geldreserven zu seinem Leidwesen allerdings nur zu einer Art Skiurlaub in Kroatien gereicht und waren nun vollständig erschöpft. Er würde wochenlang in Klubs auflegen müssen, bevor er sich wieder aus dem Staub machen konnte. Eine zweite Reise nach Indien stand ganz oben auf der Liste, aber leider hatte es sich Nina in den Kopf gesetzt, unbedingt Neukaledonien zu besuchen, was sein Budget entschieden überschreiten dürfte.

Auf dem Weg zum Spätkauf schlenderte ihm Tobi entgegen, der zu ihm den geradezu perfekten Kontrapunkt setzte, seit er mit seiner Doktorarbeit begonnen hatte. Max trug eine dreckige Jeans, Turnschuhe, eine grüne Parka mit dem aufgenähten Wappen von Jamaika und einer Piratenflagge als Schulterabzeichen und darunter ein für diese Jahreszeit viel zu leichtes weißes T-Shirt mit der Aufschrift ›Fuck that shit‹. Tobi hingegen bevorzugte neuerdings gepflegte schwarz lackierte Halbschuhe, dunkle Bundfaltenhosen, ein dezent rot-grün kariertes Hemd und darüber einen dunkelgrünen Pollunder. Ein spießiger, halblanger Wintermantel rundete das Bild ab. Max fielen die langen, dunkelblonden Rastalocken weit über die Schultern, während Tobis kurze schwarze Haare allmählich einer Stirnglatze wichen. Trotz der äußerlichen Gegensätze waren sie beste Freunde, und überhaupt kleidete sich Tobi erst seit einiger Zeit auf solche Weise. Er hielt Tutorien und wollte nach der Promotion eine Postdocstelle ergattern, da war es seinen Erklärungen zufolge nicht mehr angebracht mit T-Shirts herumzulaufen, auf denen die Namen von Computerspielen oder Sprüche wie ›Fuck that shit‹ zu lesen waren. Ein gewisses Verständnis hatte Max dafür, wenn er auch fand, dass sein Freund es übertrieb.

»Yeah, Mann, ich hab versucht dich anzurufen, aber das Telefon hat nicht funktioniert«, begrüßte er ihn und hob dabei lässig den Arm. ›Eigentlich ziemlich genau der ungenaue Hitlergruß, wie ihn Hitler selber gemacht hatte‹, fuhr ihm mit einer gewissen Belustigung durch den Kopf.

»Lebst du hinterm Mond?«, rief ihm Tobi entgegen. »Nichts geht mehr!«

»Jep, Internet ist auch kaputt. Hör zu, ich will gerade zum Spätkauf –«

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