Wieder hatte ich Probleme mich auf das Fernsehprogramm zu konzentrieren, deshalb legte ich mich gegen 22 ins Bett. An schlafen war aber überhaupt nicht zu denken, ich war viel zu nervös. Ich stand wieder auf, versuchte einige Vorsichtsmaßnehmen zu treffen, ich schloss die Türen der hinteren Massage-Räume ab und deponierte die Schlüssel in meinem Schlafzimmer mit der Aufschrift „Privat“. Dann bereitete ich das Bizarr-Zimmer vor. Der erste Raum im Eingangsbereich, gleich neben der Haustür schien mir die beste Möglichkeit zu sein, dem Fremden so wenig Spielraum wie eben nötig zu geben. Noch ein paar Kerzen, ein Schüsselchen mit Bonbons, sowie 2 kleine Flaschen Mineralwasser und 2 Gläser, zwei zusätzliche Kissen und die zweite leichte Wolldecke, schon war das schwarze Stahl-Himmelbett mit den roten Dekoschals und der anderen roten Dekoration empfangsbereit und gemütlich. Ja, damit konnte Mario eigentlich zufrieden sein. Was hieß denn hier zufrieden? Der Kerl bekam ein super Geschenk, wie er es in seinem ganzen Leben sicher noch nie bekommen hatte. Diese Arroganz besaß ich schon, dass ich mir meines Wertes bewusst war.
Gegen Mitternacht ließ ich mir Badewasser ein. Ich wollte ein heißes Vollbad mit dem Rosenöl aus Ägypten nehmen. Nicht nur ich sondern die ganze Wohnung würde dann verführerisch nach Rosen duften. Allgemein benutzte ich Räucherstäbchen um einen angenehmen Wohlgeruch zu verbreiten, aber heute Nacht wollte ich was besonders gut riechendes verbreiten. Nach dem Bad würde ich dann sicher endlich einschlafen können, denn ein paar Stunden hatte ich ja noch.
Gerade wollte ich in die Wanne steigen, als mein Handy klingelte. Die Nummer kannte ich nicht. Wer mochte das sein? Normalerweise würde ich um diese Zeit keine Gespräche annehmen, aber Mario wollte mich anrufen, das könnte er sein. Er war es.
Im Hintergrund hörte ich Fahrgeräusche. Eine sympathische warme Männerstimme rief: „Hallo, schöne Frau? Hier ist der Mario. Wie geht es dir? Du hast doch hoffentlich unsere Verabredung nicht vergessen? Ich werde wohl früher kommen. Ist heute nicht so viel zu tun. Gegen drei Uhr bin ich da. Ist das okay?“
Verdutzt fragte ich: „Wie nicht viel zu tun? Was machst du denn? Du bist doch im Auto, oder?“
Er erklärte lachend: „Ja, hab ich dir das nicht geschrieben? Ich fahre einen 40Tonner. Noch die eine Tour, dann bin ich fertig für heute. Fahr dann schnell nach Hause umziehen und dann komm ich. Ist das in Ordnung?“ fragte er.
„Ja- ja ist okay. Also gegen 3?“ vergewisserte ich mich noch einmal.
„Ja, ich freu mich! Du auch?“ wollte er wissen.
Seine angenehme wohlklingende Stimme ging mir unter die Haut, deshalb antwortete ich aufrichtig: „Ja, ich freue mich auch. Bis gleich.“ Dabei schmunzelte ich selig in mich hinein.
Nach dem Gespräch sah ich auf die Uhr. Aus meinem Vorschlafen würde unter diesen Umständen nichts werden. Keine 3 Stunden mehr, also schnell das Styling beginnen.
Ich aalte mich im Rosenöl-Bad, wusch mir die Haare, zupfte die Augenbrauen, schminkte mich, fönte die Haare und ondulierte sie noch mit meiner Lockenbürste, dann strich ich noch eine dünne Lackschicht über meine Fingernägel, und wieder klingelte das Telefon.
Nun kannte ich die Nummer. Mario! „Ja? Hallo?“ fragte ich unsicher was nun kommen würde.
„Hallo Julia, ich komme um 2. Bin schon fertig. Bis gleich!“ rief er fröhlich und das Gespräch brach ab. Erleichtert atmete ich aus. Ich hatte schon befürchtet er wolle absagen. Oh Schreck, nur noch 45 Minuten. Nun wurde mir doch ein wenig mulmig im Magen. Ich war aber auch ein abenteuerlustiges Weib, verabredete mich mitten in der Nacht mit einem Wildfremden zum Sex. Verrückt. Wenn mir das jemand noch vor ein paar Wochen erzählt hätte, den hätte ich ausgelacht. Wahnsinn. Was war das nun für ein Gefühl, hatte ich Angst oder war es nur nervöse Geilheit, was mir im Moment diese Unruhe verursachte? Ich rannte wie ein aufgescheuchtes Huhn durch die Wohnung, immer wieder in mein Schlafzimmer vor den großen Spiegelschrank und betrachtete mich.
Nun ja, der Bademantel war nicht das passende Outfit um sexy auszusehen, aber der Kopf konnte sich sehen lassen.
Mein Handy klingelte erneut. „Mario“ stand auf dem Display. Halb zwei. Was jetzt schon wieder? Absage- bestimmt! Shit!
„Ja? Hallo?“ versuchte ich einen gelassenen Ton anzuschlagen, denn meine Enttäuschung wollte ich ihm auf gar keinen Fall zeigen.
„Ich stehe vor deiner Haustür. Nummer 35, linker Seiteneingang ist doch richtig, oder?“
Erschrocken stammelte ich: „Was jetzt? - Eh ja, Moment. Oh Gott. Ich- ja- sofort!“ Ließ den Bademantel fallen, warf mir den Nerz über, schlüpfte in die Pumps, wie gut das ich alles bereitgestellt und schon die Kerzen angezündet hatte, zog schnell die Schlafzimmertür und die Vorhänge in der Diele zu und ging zur Haustür.
Ein großer Mann ganz in schwarz gekleidet, Bomberjacke, Schirmmütze und schwarze Hose, stand verlegen grinsend vor mir und blinzelte in das Flurlicht.
„Ich bin etwas schneller gefahren. Darf ich reinkommen? Übrigens guten Abend!“ sagte er und betrachtete mich von Kopf bis Fuß.
„Ja. Hallo Mario. Komm schnell rein, es ist sehr kalt. Hier ist es warm.“ Erwiderte ich mit etwas belegter Stimme, denn die Situation war mir auch nicht ganz geheuer. Wie begrüßt man einen Fremden, den man zum ficken eingeladen hat? Die Hand geben ist unpersönlich, auf die Schulter klopfen ist kumpelhaft, ihn küssen zu aufdringlich, ihm die Eier kraulen ordinär, aber wie? schoss es mir durch den Kopf.
Ich war ratlos und unbeholfen. Ein seltener Zustand.
Seine große Nase in dem schmalen Gesicht, was mit seiner Kappe vermutlich noch schmaler wirkte, fiel mir als erstes auf. „Ja, das dir kalt ist sieht man. Aber hier drin brauchst du doch keinen Pelzmantel. Hier ist es ja wie in einer Sauna.“ lachte er über mein Outfit.
Der Kerl hatte entweder keine Ahnung von Pelzen und kein Gespür für meine exquisite Ausstattung, oder er wollte nur seine Verlegenheit überspielen und wusste nicht wie er anfangen sollte. Ich überhörte den unpassenden Gag diskret. Aber ich war die Gastgeberin, also musste ich die Führung übernehmen.
In der kleinen Vordiele stand er ziemlich nah vor mir und überragte mich trotzt Absätzen noch um eine Kopflänge. Während ich zu ihm hochsah deutete ich auf die Tür zum Bizarrzimmer und lud ihn ein: „Komm bitte hier rein und sei bitte leise, weil meine Freundin dort hinten schläft.“
Schnell ging er durch den angebotenen Eingang und sah mich leicht erschrocken an, dass ich ihn sofort beruhigte: „Nein, die stört uns nicht, keine Sorge. Die schläft weit genug weg von hier, am anderen Ende der Wohnung. Aber ich sage dir das nur, damit du bescheid weißt, warum ich dich gleich hier rein lotse, und das du nicht durch die Wohnung laufen kannst. Okay?“
Er nickte wortlos.
Ich schloss die Tür hinter uns und wir standen uns in dem engen Raum gegenüber, ich trat einen Schritt zurück, dann bot ich ihm an: „Dort kannst du ablegen und ich habe nicht sehr viel auszuziehen, das wolltest du ja so. Was dich so amüsiert hat, Mario, mein Pelzmantel, war die einzige Möglichkeit dir leicht bekleidet die Haustür zu öffnen, ohne mich zu erkälten.“ Sagte ich und beobachtete ihn beim Ausziehen. Er grinste nur breit.
Unter seiner Mütze kam das lichte dunkelblonde glatte Haupthaar zum Vorschein und mit jedem Kleidungsstück wurde der Mann dünner. Das Ablegen der breiten Bomberjacke machte ihn um die Hälfte schmaler, beim Verlust des dicken Sweatshirts zeigten sich die dünnen Arme. Als er Hose, Tshirt und Unterhemd abgelegt hatte, stand vor mir ein viel zu dünner Mann mit leicht gekrümmter Haltung, knochigen Schultern und dünnen Armen. Der eben noch große imposante Mann mit Kleidung, war nackt in seiner altmodischen schwarzen Unterhose nur noch eine lange dünne Latte.
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