Der Favoritin dieser Frau nun unmittelbar vis-à-vis gegenübersitzend und dazu noch in deren Villa, fragte er sich, ob nicht sogar sie selbst oder ihr Mann auch ihre Finger mit in diesem Spiel hatten – sie oder beide zusammen Kavanagh womöglich davon abgehalten hatten, ihn endgültig zu Fall zu bringen, weil ihnen einen ganz anderer Plan mit ihm vorschwebte.
»Zunächst möchte ich mich bei dir entschuldigen, wenn dir das alles ein wenig unprofessionell erscheint. Aber ich versichere dir, dass du dir deswegen keine Sorgen zu machen brauchst«, erklärte sie, sich ihm zuneigend und ihre Finger auf den überschlagenen Knien, ineinander verschränkend. »Der Großteil deiner Rehabilitation wird in der Umgebung eines Büros. stattfinden. Am Ende der Maßnahme wirst du für einen abschließenden Bericht hierher zurückkommen.«
»In einem Büro?!« Phineas machte sich nicht die Mühe, seine Begeisterung darüber zu verbergen. Stattdessen saß er kerzengerade auf seinem Platz und starrte sie wie ein Kind am Weihnachtsmorgen an. »So langsam dämmert mir, worauf das hier hinausläuft!«, entfuhr es ihm.
Zumindest glaubte er, zu verstehen – wenngleich ihm kein ähnlicher Fall eines CEOs untergekommen war, der bereits ein solches Programm durchlaufen musste. Dennoch schien ihm der Plan so gerecht zu sein, dass er sich fragte, warum er zuvor nicht selbst auf diese Idee gekommen war. Aber hätte man ihn nicht, wie in der Vorstandsitzung angekündigt vorübergehend beurlaubt, wäre ihm eine Rehabilitation unmöglich gewesen – und schließlich bestand die ja darin, ihm während dieser Zeit etwas Produktives zuteilwerden zu lassen. Darleen und ihr Mann waren so schlau gewesen, sich diesbezüglich etwas einfallen zu lassen. Jetzt, wo er es so deutlich vor Augen hatte und es von Darleens Gesicht ablesen konnte, ärgerte er sich fast darüber, dass er sich diesbezüglich nicht selbst etwas ausgedacht hatte.
Wie es aussieht, wollen mich die beiden in einem Geschäftsfeld unterbringen, das von Frauen dominiert wird , ging es ihm durch den Kopf. Ich würde auf eine Wohltätigkeitsorganisation tippen, die sich mit Frauenrechten oder dergleichen befasst. Ein Bereich, der dringend meines Führungswissens bedarf. Ein Vierteljahr sollte ausreichend Zeit sein, einer derartigen Unternehmung auf die Füße zu helfen, positive Presse einzufahren und vielleicht selbst noch einiges Persönliches einzubringen, etwas, das den Ladies zeigt, zu was ein echter CEO fähig ist.
»Ich … ich bin … mir eigentlich nicht sicher, dass du wirklich verstehst, worauf das hinausläuft, Phineas«, entgegnete sie gedehnt.
Er schaute sie irritiert an. »Pardon?«
»Es fängt schon damit an, dass wir uns für dich einen anderen Namen einfallen lassen müssen«, fuhr sie mit einem vielsagenden Lächeln fort.
Phineas winkte direkt mit einer Hand ab. »Mir ist schon klar, dass mein Name aktuell etwas beschmutzt ist … und wenn du denkst, dass es für mich in meiner Rolle besser ist, wenn ich mich anonym hinter einem anderen verstecke, soll es mir recht sein.« Dabei war ihm bewusst, dass die Presse es ja früher oder später doch auf die eine oder andere Weise herausfinden würde. Unsere PR-Abteilung wird sich schon die passende Schlagzeile einfallen lassen , dachte er still. Vermutlich: ›Schändlicher CEO tilgt Schuld, indem er Frauen zum Erfolg verhilft!‹ Oder etwas Ähnliches. »Wenn das also dazu gehört: einverstanden«, setzte er nach einigen Sekunden nach, die Knöchel seiner überschlagenen Beine kreuzend, derweil er sich im Sessel wieder zurücklehnte, um nach all der Zeit des Zweifels endlich ruhig durchatmen zu können. Einzig Darleens angespannte Haltung beunruhigte ihn noch.
»Wenngleich ich froh darüber bin, dass du es so siehst«, sagte sie vorsichtig, »möchte ich ausdrücklich auf die Bedeutung der Worte › Verschwiegenheit ‹ und › Vertrauen ‹ hinweisen … Die Reha-Maßnahme habe ich basierend auf meinen eigenen Beobachtungen und Erfahrungen entwickelt. … Und ich weiß, dass sie funktionieren wird.« Sie schaute ihm fest in die Augen. »Aber es braucht vor allem dein Vertrauen in mich, um es durchzuziehen, Phineas.«
So, wie es sich anhört, ist noch gar nicht raus, ob ich im Programm bin, … wie immer es auch aussehen wird. Es bringt doch nichts lange Drumherum zu reden , dachte er und klatschte auffordernd leicht in die Hände. »Wie ich schon sagte, Darleen: Ich finde die Idee gut … Sag‘ mir einfach, was ich tun soll.«
Zu seiner Überraschung stand Darleen auf und strich geduldig über ihr Kleid, bevor sie ihre Augen wieder auf ihn richtete. Doch jetzt hatte sich der Ausdruck in ihnen geändert – da war nichts mehr von der ungezwungenen Höflichkeit, die sie ihm auf dem Bürgersteig noch entgegengebracht hatte. Und in der gleichen Sekunde hob sie einen ihrer schlanken Arme und deutete den Flur hinunter.
»Gut. Dann wirst du jetzt ins Schlafzimmer gehen und dich dort ausziehen«, bestimmte sie in einer Stimmlage, die keinen Widerspruch duldete.
Wie bitte?! , schoss es ihm durch den Kopf. Was wird das jetzt für eine Scheiße?!
»Ich werde gleich zu dir kommen«, fuhr sie fort. »Also, fang' an!«
Phineas starrte sie fassungslos an und öffnete den Mund, um ihre bizarre Aufforderung direkt zu tadeln. Aber alles, was er zu Wege brachte, war, seine Lippen zu teilen, ehe sie ihm auch schon jedes Wort mit einer unmissverständlichen Handbewegung abschnitt.
»Kein Wort! Was auch immer du sagen möchtest, ich will es nicht hören, Phineas!« Sie verschränkte ihre Arme und schenkte ihm einen missbilligenden Blick. »An dieser Maßnahme teilzunehmen war deine eigene Entscheidung. Die Firma hat eine Menge Papierkram auf sich genommen und mehr als guten Willen gezeigt, die Situation zu retten. Wenn du nicht in der Lage oder willens bist, zu tun, was dir gesagt wird«, sie runzelte die Stirn, »dann war’s das direkt und wir vergessen es auf der Stelle! … Ich werde dich nicht aufhalten. Du weißt, wo die Tür ist. Ciao!«
Jetzt zeigt sie ihr wahres Gesicht , murmelte er in sich hinein und dachte an all die Bilder in der Empfangshalle, die sie auf der Terrasse zeigte – an die blonde pure Schönheit, die unmittelbar jeder Männerfantasie entsprungen war. Hier in ihrer Villa, ganz mit ihm allein, konnte sie ihm die verrücktesten Befehle erteilen, ohne auch nur mit einer Wimper zu zucken – und er selbst kam sich dabei wie ein Idiot vor, weil er es nicht akzeptieren wollte.
»Weißt du«, knurrte er schließlich, begleitet von einem unangenehmen Lachen, dass die angestaute Energie der irrwitzigen Situation nicht einmal im Ansatz zerstreute, »wenn ich etwas Derartiges einer Mitarbeiterin befohlen hätte …« Er schluckte den Rest, wissend, dass Darleen verstanden hatte, worauf er sich bezog. »Patrica Kavanagh und du, würdet direkt alles in Bewegung setzen, mich fertig zu machen!«
»Das hätten wir ganz sicher«, erwiderte sie kühl. »Aber du bist keine Frau! … Noch nicht!«
Noch nicht?! , registrierte er verwirrt. Was soll das denn bedeuten?!
»Aber ganz abgesehen davon: Ich bin nicht dein Arbeitgeber! … Dies ist eine wohltätige › Foundation ‹. Und mal rein praktisch gesehen: … Das ist keine Strafaktion, die dich zwingt daran teilzuhaben. Es war dein freiwilliger Entschluss. Wenn du deine Meinung geändert hast … Es steht dir frei zu gehen! Aber, wenn du wüsstest, wie du ohne Hilfe deine Position retten könntest, hättest du es inzwischen vermutlich längst getan, nicht wahr!?«
Er ärgerte sich darüber, dass sie es derart auf den Punkt brachte, zeigte es ihr aber nicht. Ihm war klar, dass sie sehr genau wusste, was er gerade dachte.
»Da der Vorschlag meines Mannes und mir deine einzige Option zu sein scheint, wirst du die Dinge also auf unsere Weise tun. Verstanden?!«, zischte sie ihn an.
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