1 ...8 9 10 12 13 14 ...26 »Wartet«, brummte er, wirbelte seine Axt und verkürzte mit wenigen Schritten seinen Abstand zu dem Tier. Drei mächtige Hiebe reichten und Torvac wühlte in dem Kadaver.
»Da ist eine Prägung auf den Hufeisen«, sagte Moi’ra und beugte sich über ein Vorderbein. »Die geflügelte Sonne von Ustan, wenn ich mich recht entsinne. Die Hauptstadt von Talor. Mein Vater erwähnte, der Bote würde aus Talor anreisen.«
»Aber was hat er mit sich geführt? Torvac?«
Die blutverschmierten Hände des Minotauren hatten den Leib ausgeweidet, ohne fündig zu werden. Torvac stand nun hinter der Apfelschimmelstute. Widerwillig rümpfte er seine Schnauze, hob den Schweif an und griff in den After hinein. Seine Ahnung wurde bald belohnt und brachte einen pyramidenförmigen Kristall zu Tage. Erste Lichtstrahlen brachen sich in dem noch verdreckten Prisma. Am Umhang des Getöteten wischte er seinen Fund sauber und hielt ihn hoch.
Fasziniert sahen wir dem Farbenspiel zu und rätselten, um was es sich bei dem Gegenstand handeln könnte. Wir äußerten zahlreiche Vermutungen, doch da sie keiner bestätigen oder ihnen widersprechen konnte, zuckte ich nur die Achseln. »So etwas habe ich noch nie gesehen.«
»So etwas wurde auch lange nicht mehr gesehen!«, erweiterte eine weiche, helle Stimme mein Unwissen. Unsere Köpfe ruckten in die Richtung der Sprecherin.
Von einem dunklen Umhang weitgehend verborgen lugte helles, im Licht der Sonne goldgelb strahlendes Haar unter einer Kapuze hervor. Einen Kopf kürzer als ich deuteten schon ihre wenigen Schritte auf uns zu anmutige, geschmeidige Bewegungen an. Von junger, blühender Weiblichkeit geprägt lächelte ihre Schönheit uns entgegen. Strahlend helle, von sattem Blau getränkte Augen blitzten raubtierhaft unter fein geschwungenen Augenbrauen hervor und bedachten uns mit amüsierter Freude.
»Verzeiht, dass ich eurem Gespräch gelauscht habe, aber es war ja auch nicht zu überhören. Ich bin Laana, eine Kundige dieser Stadt, und habe Informationen, die euch weiterhelfen können. Darf ich …?« Ihre nach oben geöffnete Hand war in Richtung des Kristalls gerichtet. Ihre helle, weiche Haut und die langen, schlanken Finger fesselten meinen Blick und verbanden sich mit Gedanken, welch Zärtlichkeit sie wohl schenken konnten.
Torvac legte den pyramidenförmigen Kristall in ihre Hand, bereit, sie bei den ersten Anzeichen eines Diebstahls abzuschlagen. Sie drehte das Prisma leicht, wog es und gab es zurück.
»Ich bin mir sicher, dass es sich bei dem Kristall um einen Energiestein handelt, der die Kontrolle über gigantische Golemkonstruktionen ermöglicht. Demzufolge ist die Vermutung, die Skizze zeige einen Weg in die Narbenlande, richtig, wenn es nicht sogar eine Wegbeschreibung zu dem Ort ist, wo der Kristall Verwendung finden könnte.« Sie sah uns nacheinander an. »Ich war schon einmal dort, in den Narbenlanden.« Gewichtig stellte sie die Bemerkung in den Raum.
»Eine Reise steht nicht an.« Moi’ra analysierte die Situation nüchtern. »Und ich sehe auch nicht ein, jemanden mitzunehmen, der sich geradezu aufdrängt.«
Laana fing meinen sie musternden Blick auf. Ein verschwörerisches Lächeln huschte über ihre Lippen, brannte in meinem Kopf, erzeugte Fragen. Sie schob eine Strähne unter die Kapuze. Dabei kam ihr Arm weit genug aus den Ärmeln hervor, um ihre von silbernen, verschlungenen Verzierungen überzogenen Armschienen zu erkennen. Sie setzte zur Antwort an, wurde aber vom fauligen Gestank und den knorrigen Lauten des Salmagur unterbrochen. Mein verabscheuter Auftraggeber war also wieder zurückgekehrt.
»Gemeinsam sollt ihr reisen!« Deutlicher Unmut mischte sich in seine Worte. »Das Prisma!«, verlangte er und steckte den Kristall wortlos weg. »Es nützt mir nichts, wenn ihr umherirrt, also nehmt die Kundige mit! Um sicher zu gehen, habe ich noch einen Frischling mitgebracht. Bleibt zusammen und sorgt dafür, dass ihr den richtigen Ort findet. Hier!« Er warf aus dem Nichts dem weiblichen Mönch einen armlangen Stab zu. »Komm her, ich zeige dir, was du am Bestimmungsort damit machst.« Herrisch winkte er sie zu sich hin und schob gleichzeitig den mitgebrachten Streiter vor.
»Hallo, ich bin Crish«, stellte ich mich vor und musterte den Neuling dabei.
»Ich bin Wogar, vom Stamm der Durak!« Dunkel und rau war seine Stimme, das Bergvolk der Orks, eindeutig und unverwechselbar in ihrem Klang.
An seiner hoch aufragenden Gestalt war das vor mir stehende Halbblut deutlich erkennbar. Wogar war ein stattlicher Halbork. In seinen gelbroten Augen brannte ein Feuer, das Grund genug für mich war, ihm einen zweiten Blick zu schenken. Sein Fell ähnelte dunklem, fast schwarzem Rost. Angesichts der rötlichen Tönung stutze ich erneut. Ein letzter Hinweis waren einzelne, feine Schuppen, die seine Haarlosen Körperstellen bedeckten. Rote Schuppen und Muskeln, deren dicke Stränge über das Maß selbst eines Orkchampions hinausgingen. Ein Drache musste das Blut veredelt haben, ein roter Drache, um genau zu sein. Lüstern klopfte ich mit meiner Zunge gegen meine Zähne, ohne nach außen hin mein eindeutiges Interesse zu zeigen. Wenn seine Statur überall harmonisch war, kam mir der Gedanke, entwickelte sich das Abenteuer zu einem rauschenden Fest meiner Sinne. Meine Stimmung hob sich. Landrus Gestank hatte ich vergessen.
Während ich ihn betrachtete, stellten sich die anderen vor. Landru hatte Moi’ra einige arkane Schriftzüge lernen lassen. Seine letzten Worte richteten sich mit gehobener Stimme wieder an uns alle.
»… sobald die Markierung gesetzt ist, werde ich wieder zu euch stoßen. Ihr sollt bald aufbrechen. Rüstet euch hier noch mit allem Notwendigen aus.«
Trockene Augäpfel stierten uns an, abfällig, der Mühe nicht wert. Angewidert zog er einen kleinen Beutel aus seiner zerschlissenen Robe und warf ihn vor uns in den Dreck.
»Da, eine kleine Investition in die Mission. Verschwendet sie nicht!«
Noch bevor ich wieder zu ihm aufsah, wehte Staub an der Stelle hoch, wo er stand. Er war fort.
»Wird er uns nicht begleiten?« Meine hoffnungsvolle Frage war an alle gerichtet.
»Ich denke nicht«, antwortete Moi’ra. »Wenn wir am Zielort sind, wird er sich dorthin teleportieren. Dafür hat er mir gezeigt, wie ich die Markierung setzen soll. Irgendwie ist das arkane Gefüge in den Narbenlanden gestört, sonst bräuchte er uns wohl nicht, um den Ort zu erreichen.«
»So ist es. Jetzt lasst uns sehen, was er für euch dagelassen hat, damit wir richtig ausgestattet sind.« Laana hatte nicht vor, noch länger vor der Taverne herumzustehen.
Für einen Nahkampf war ich so gut wie gar nicht ausgerüstet, abgesehen von meiner Möglichkeit, mit Klauen zu kämpfen. Von dem verfügbaren Geld bekam ich eine dunkle, stark taillierte Lederrüstung und suchte mir selbst eine Streitaxt aus. Decken, Seile, Wasserflaschen und Proviant waren unbedingt notwendig. Es reichte noch für drei Zelte.
Zusammen mit Moi’ra verbrachte ich dann die vorerst letzte Nacht in den Unterkünften der Minotaurenwachen.
Innerlich unruhig konnte ich keinen Schlaf finden. Auch Torvac war noch viel zu wach, von einem inneren Feuer beseelt, das ich mir gerne zu Eigen machen wollte. Er hatte sich erhoben und kramte in einer Ecke seiner Behausung. Es war der Zeitpunkt gekommen, mehr zu erfahren. Moi’ra war eingenickt. Ich warf vorsichtig eine Felldecke über ihren muskulösen Körper, stand langsam auf und streckte und reckte meinen Körper. Torvac betrachtete mich und machte keinen Hehl aus seiner Begierde. Ich legte so viel Verlangen in meinen Blick, wie es mir möglich war, und ging hüftschwingend einige Schritte auf ihn zu. Er drehte seinen Körper in meine Richtung. Das dunkle Fleisch zwischen seinem tiefschwarzen Fell regte sich. Genüsslich leckte ich mir über die Lippen, betrachtete es ohne Scham und schaute dann blitzend zu ihm hinauf, während meine schlanken Hände zärtlich das anschwellende Gewebe berührten und langsam kneteten.
Читать дальше