Ihr Satinkleid war silbrig-weiß, gerade so dekolletiert, daß ihre festen, offensichtlich wundervoll geformten Brüste, betupft mit einigen wenigen, ganz hellen Sommersprossen, ein eleganter Augenfänger für jeden Mann und ein Anlaß zu Stutenneid für jede Frau waren; über ihre linke Schulter hing, vom einzigen größeren Schmuckstück, einer weißgoldenen Blattnadel gehalten, die mit Brillanten übersät war, ein schwarzes Seidentuch. Ihr schlanker Hals war straff und glatt, eine sinnliche Versuchung für sich, ihn mit Küssen zu bedecken. Ihre schlanken Hände, mit rundgefeilten, klarlackierten Fingernägeln wurden einzig links vom Ehering und am kleinen Finger von einem weißgoldenen, brillantenbesetzten Ring verziert. Ihre feinen, kleinen Ohren, die sie zeigte, wenn sie sich wie gedankenverloren die Haare zurückstrich, genügten sich in ihrer Schönheit selbst. Alexander fragte sich, wer denn so abgrundtief blöd sein könne, eine solche Frau nicht zu beachten und allein zu lassen.
Ihr Mann, nur wenige Jahre älter als sie, aber mehr mit seinem anspruchsvollen Beruf verheiratet, denn mit ihr, befand sich auf einer Konferenz in Wien, bei der ihre Anwesenheit nicht notwendig war. Sie diente ihm kaum mehr als ein exquisites Accessoire, wenn er seine eigene Attraktivität optisch gestärkt sehen wollte.
Berenice machte das gesellschaftliche Spielchen mit, weil sie nicht ins Abseits gestellt werden wollte. Zudem hatte sie eine sechzehnjährige Tochter, das Küken ihrer drei Kinder, von der sie alle Beeinträchtigungen fernzuhalten fest entschlossen war. Randolph, der Älteste, war bereits aus dem Haus, Ernest, ihr „Sandwich”, stand kurz davor, doch Aledaide brauchte ihr Elternhaus noch und das intakt, zumindest nach außen.
Dennoch war ihre Mutter nicht gewillt, sich jede Lebensfreude zu versagen. Sie hatte nicht nur das Geld ihres Mannes zur Verfügung, sondern auch ihr eigenes, denn sie stammte aus einer wohlhabenden Hamburger Kaufmannsfamilie mit erheblichen Einkünften aus ihren diversen Anteilen − und die gab sie aus, gerade wie es ihr gefiel. Es scherte sie auch nicht, wenn sie etwas vom Konto ihres Mannes nehmen mußte.
An diesem Abend gefiel es ihr, sich einen attraktiven jungen Mann gekauft zu haben. Ihre teure Freundin Clarissa Schastikow hatte sie, kaum halbwegs von dem Abenteuer im Golfclub erholt, auf diesen neuen Quell frischer und erheblicher Freuden hingewiesen. Begeistert hatte sie registriert, wer ihr geschickt worden war.
Vermutlich würde dieser „Großfürst” kein echter Großfürst sein, das war ihr schon klar, aber sie hatte einen Blick für die Einschätzung gesellschaftlichen Ranges und war sich gewiß, daß sie einen schönen Vertreter einer Familie gehobenen Adels vor sich hatte. Warum eigentlich nicht, hatte sie sich gesagt. Seinen Titel und Namen wollte sie gar nicht wissen. Sie wollte seine Gesellschaft und sie wollte seinen Körper. Den Umschlag mit fünf Zweihundert-€uro-Scheinen hatte sie der Kleinen im kleinen Schwarzen dezent übergeben, die sich mit einem lächelnden „Er gehört ganz Ihnen, Gnädigste” verabschiedet hatte.
Ihr Großfürst erwies sich schnell als ein geübter Partner im unverbindlichen Kleingespräch. Sie empfand ihn als charmant, und verboten, ja beunruhigend gutaussehend. Berenice vermutete ihn unter seiner noblen Abendgarderobe als sehr gut gewachsen und gestand sich mit einem feinen Lächeln ein, daß sie die Opernvorstellung am liebsten gestrichen hätte, um ihn gleich … Nun ja, man lasse doch schon mal die Suppe weg und gönnte sich den Hauptgang ohne Umwege. Dann wäre mehr Platz im Magen, irgendwie so, nicht?
Adelaide hatte sie, schneller als sonst, erlaubt, auf die Pyjamaparty einer Freundin zu gehen und bis zum nächsten Tag fortzubleiben, ihr gar das Geld gegeben, ihre Freundinnen zu einem ganzen Tag in einer Sauna- und Badelandschaft einzuladen. Sie solle sich mal richtig amüsieren und keineswegs an hübschen, nackten Burschen vorbeischauen. „Aber Mama!” war die gespielt „empörte” Reaktion ihrer schönen Tochter, aber nach einem leichten Erröten hatte sie dann doch gelacht und sich überschwenglich bedankt.
Ernest war mit einem Freund für die Dauer der Ferien auf die Balearen abgeflogen und würde sich dort heftig die Hörner abstoßen, dessen war seine Mutter sich gewiß. Er war ein schöner Junge und hatte „schwer Schlag” bei den Mädels.
Nun, da Adelaide „versorgt” war, hatte Berenice sich seit langem einmal wieder die ersehnte „sturmfreie Bude” geschaffen, nur daß es keine Bude war, sondern eine große Stadtvilla, in der sie sich von einem jungen Galan auch „jagen” lassen konnte. Mal wieder kreischend wie ein junges Mädchen vor einem wilden Hengst davonzulaufen, nur um sich einfangen zu lassen − darauf freute sie sich wie ein Teenager, der aufgeregt etwas Verbotenes tut, von dem die Eltern nichts wissen dürfen. Nur, daß es bei ihr die Kinder waren, vor allem ihre Kleine. Ihr Ehemann war ihr diesbezüglich eher gleichgültig. Wer konnte schon wissen, was er so alles im Dienst des Vaterlandes außerhalb der deutschen Grenze triebe, würde es ihm nach Dienstschluß langweilig.
„Der Kongreß tanzt”, hatte es schon 1814 in Wien geheißen und beim bloßen Tanzen war es damals ganz sicher nicht geblieben. Gerade Allerhöchste Personen waren dafür bekannt, ihre Gene fleißig verstreut zu haben. Was ihr Gatte innerhalb der deutschen Grenzen trieb, davon hatte sie eine gewisse Vorstellung.
Alexander genoß die einzigartige Atmosphäre, die von einem großen Vorstellungsraum voller Menschen und einem sich mit Instrumentenstimmung vorbereitenden Orchester kurz vor dem Einsetzen der Ouvertüre und dem Heben des Vorhangs ausgeht. Dieses Summen und Brummen, verursacht durch die letzten Unterhaltungen, bevor es ganz still wird und der Begrüßungsapplaus für den ans Pult tretenden Maestro aufbrandet, empfand er als zutiefst anregend und die wohlige Erwartung des Kunstgenusses steigernd. An diesem Abend war es für ihn zugleich die Erwartung nicht nur finanziell beglückender erotischer Stunden.
Da erklangen die letzten Gongtöne als Aufforderung die Plätze einzunehmen, bevor die Zugänge geschlossen und erst zur Pause wieder geöffnet würden, die Beleuchtung wurde zügig heruntergefahren. Es schimmerte nur noch schwach das Licht aus dem Orchestergraben, der Dirigent, ein Italiener, kam herein, verneigte sich, der Applaus verstummte, der Maestro hob den Taktstock − und es begann.
Alexander und Berenice waren allein in der Loge, offenbar eine Dauerloge der Wildenbruchs, wie der Prinz annahm, weshalb es allein an ihnen lag, ob man alle vier Plätze belegte oder nicht. So bemerkte außer Alexander niemand, was während der musikalischen Ouvertüre geschah. Die erotische hob ebenfalls an.
Berenice hielt ihren Blick fest auf die Bühne gerichtet, doch ihre rechte Hand begann, Alexanders Schoß zu erkunden. Zärtlich strich sie über die deutlich tastbare Wölbung. Alexander rutschte ein wenig nach vorn, öffnete seine Beine und lehnte sich wieder zurück. Er spürte, wie sein Blut dorthin strömte, wo Berenice es haben wollte und es ihm selbst sehr willkommen war. Als er ihre Hand nahm und führen wollte, entzog sie sich ihm und klopfte ihm mit einem stummen „Na, na!” auf die Finger. Sein Schwanz hatte sich bald zur vollen Größe gestreckt. Als sie es fühlte, ging sie einen Schritt weiter und knöpfte langsam seinen Schritt auf, ehe sie hineinfaßte und den „Großfürsten” ergriff. Alexander atmete unwillkürlich tief ein und zitternd wieder aus. Dabei schloß er die Augen. Berenice hatte es bereits geschafft, ihn von der schönen Musik und dem Gesang abzulenken. Er hatte nicht damit gerechnet, daß sie, wenn auch im Dunklen sitzend, schon während der Vorstellung die Initiative ergreifen würde − und wie sie sie ergriff − buchstäblich. Und sie ergriff sie nicht nur, indem sie „ihn” ergriff, sie stimulierte ihn durch sanfte Bewegungen, übte Druck mit ihrem Daumen aus, daß es Alexander bald schwerfiel, nicht hörbar aufzustöhnen.
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