Jens van Nimwegen - Manimals

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Ein Bilderbogen aus dem versauten Berlin.
Freigefochtene Kerle und solche, die es werden wollen, finden sich zusammen und lernen voneinander und miteinander:
der Schriftsteller Jens, das Lustobjekt Drexau aus einer Villa im Schwarzwald, der Punker Rotz, der spanische Doktorand Porco, der Gymnasiast aus Grunewald Ratte, das Ferkel aus Rüdersdorf, der personal assistant Radu und der Skater Phallc.

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Jens van Nimwegen

Manimals

Roman

Nimwegen 2012

MANIMAL-Trilogie:

Manimals (2012)

Ein Entwicklungsroman

Wie sich Jens, Rotz, Drexau, Porco, Ratte, das Ferkel und Phallc kennenlernten und ihren Weg im Leben fanden.

Ratte, Rotz und Radu (2012)

Ein Kriminalroman

Drei Freunde und zwei oder drei Morde

Die artgerechte Haltung des Homo manimalis (2012)

Ein Zukunftsroman

Zwei Freunde im dreigeteilten Deutschland 2034

© Jens van Nimwegen, Nijmegen 2016

manimal.eu/manimals

Vierte Auflage h

Inhalt

Schweine müssen nackt sein

Ich bin ein Schwein. In meinem Nacken steht MANIMAL tätowiert. Ein Hemdkragen mit Krawatte würde es verbergen; aber ich besitze keine Hemden mit Kragen. Jeder kann es lesen. MANIMAL. MAN-ANIMAL. Es steht auch groß, in Stachelnieten, quer über den Rücken meiner Lederjacke geschrieben. Das ist die einzige Jacke, die ich besitze, und solange es nicht eiskalt ist, trage ich sie offen auf der bloßen Haut. Ich muss den Wind fühlen, und die Blicke der Spießer, und die geilen Blicke von anderen Manimals.

Schweine müssen nackt sein, und ich bin es am liebsten. Das geht hier in Berlin nur, wenn es warm genug ist, und fast nur im Tiergarten. Also ist Kleidung nötig. Manimals brauchen aber nur sehr wenig Kleidungsstücke, und alle müssen dazu ausgesucht sein, die Geilheit zu erhöhen. Ich muss immer meinen Schweinekörper fühlen. Was ich zwischen den Beinen habe, mein Knüppel und mein Sack, darf nie und nirgendwo aus meinem Bewusstsein verdrängt werden. Jeder muss immer ran können. Adrenalin muss fließen, weil ich mich nie verstecken kann. Weil jeder sieht, dass ich ein Schwein bin. Mehr Männer als man glaubt sind auch Manimals, nur trauen die meisten sich nicht, immer zu sich selbst zu stehen. Sie schauen wissend, oft neidisch. Ihre Blicke machen mich geil. Vielleicht bringt unsere Begegnung sie ja auf die richtigen Gedanken. Vielleicht trauen sie sich mal, etwas an ihrem Leben zu ändern.

Man darf bekanntlich nicht überall mit nacktem Oberkörper herumlaufen. Darum habe ich eine Lederweste, ganz roh aus drei Stücken dickem Leder zusammengenietet. Vorne lässt sie sich nicht schließen. Ein Schwein ist so gut genug angezogen für die S-Bahn oder um Läden zu besuchen. Brust und Bauchnabel sind immer sichtbar, und beim Bewegen lassen sich die Tittenringe nicht immer verbergen. Andere Manimals haben einen Blick dafür und werden raschelig. Diese Ringe sind groß, dick und schwer. Sie schlackern bei jeder Bewegung. Wo ich auch gehe, werden meine Titten erregt, und deren Nerven sind mit meinem Knüppel verbunden. Mein Körper spielt mit meinen Titten, und dabei habe ich die Hände frei. Einen dritten solchen Ring trage ich im linken Ohr, einen vierten in der Nase. Wenn der richtige Mann Macht über mich bekommt, kann er mich an der Nase führen. Aber die meisten haben Respekt.

Mein Schädel ist geschoren bis auf einen schmalen Schweinestreifen oben von der Stirn bis in den Nacken. Mit dieser Bürste kann man den Sack von anderen Manimals verwöhnen. Auch die Augenbrauen sind abrasiert. Und alle Körperhaare. Schweine müssen nackt sein.

In der S-Bahn halte ich mich gern so an der Stange fest, dass ein anderer Mann meine verschwitzte Achselhöhle vor seiner Fresse hat. Da zeigt sich, wer auch ein Manimal ist. Spontan losgeleckt hat leider bisher nur einmal jemand, ein Punker.

Die einzigen Hemden, die ich besitze, sind zwei ehemals weiße T-Shirts. Eines trage ich unter der Lederjacke, wenn es kühl ist. Es ist am Hals tief ausgeschnitten und an den Seiten von den Schultern bis fast zur Hüfte offen. Eigentlich nur zwei Bahnen Stoff, vorne und hinten, die oben durch die Träger und unten durch den Bund zusammengehalten werden. Vorne gerade so breit, dass sich die beiden Tittenringe nicht zugleich verdecken lassen. Wer gut hinschaut, kann unter der Jacke immer etwas entdecken. Manche Männer verwirrt das. „Is Ihnen det nich zu kalt?” – „Nein, sonst würde ich die Jacke ja zu machen.” – „Det stimmt ooch wieda.” Das zweite Hemd reicht nur bis zum Nabel. Das habe ich hinten links im Hosenbund, wenn ich mit freiem Oberkörper unterwegs bin. Wenn einer meckert, kann ich es ihm zuliebe anziehen, aber dann sehe ich eigentlich nackter aus als ohne. Zwei Hemden, eine Weste, eine Jacke, das ist genug für den Oberkörper. Ein Schwein braucht keinen Kleiderschrank.

Ich besitze drei Paar Jeans, eine Lederhose, und sonst keine weiteren Hosen. Unterhosen schon mal gar nicht. Ein Paar Jeans ist knall-eng und zeigt immer eine deutliche Beule, denn ich bekomme die Knöpfe nur zu, wenn ich alles ins rechte Hosenbein stecke. In so einer engen Hose sind die Weichteile immer erregt und zeichnen sich sichtbar ab. Das hält mich geil. Die Hosenbeine sind so verschlissen, dass man auf den Oberschenkeln nur noch die weißen Querfäden sieht. Hinten ist eine Tasche oben ausgerissen, sodass der Kenner sieht, dass ich unter diesen Jeans nichts trage. Schweine müssen so nackt sein, wie es die Polizei zulässt, und das muss jedem deutlich sein.

Das zweite Paar ist weit, dreiviertellang und reicht nicht ganz bis zu den Stiefeln. Auch dieses ist verschlissen und hat große Löcher. Ein Knie liegt ganz frei, eines halb. Hinten zeigen zwei Risse den linken Arschbacken. Jedenfalls denen, die so versaut sind, dass sie hingucken. Spießer schauen weg. Es ist herrlich, den Wind zu fühlen. Diese Hosen haben keine Innentaschen. Meine Hände haben immer Zugang. Ich kann mit mir spielen wo ich gehe und stehe, auch in Läden. In der S-Bahn kann ich so prima abspritzen. Ich wasche diese Hose nie, halte sie höchstens mal beim Schwimmen an. Sie ist schön speckig, wodurch die Wixflecken nicht besonders auffallen.

Das dritte Paar ist weit, sehr kurz und stark ausgefranst. Die langen, unregelmäßigen Fransen machen viele Männer raschelig, und auch ich selbst bin in so einer Hose dauergeil. Ich weiß, dass ich mich mit einer so kurzen, weiten Hose nicht hinsetzen kann, ohne dass alles heraushängt. Der Zwang, in der S-Bahn zu stehen, erregt mich. Wenn ich zu geil werde, muss ich den obersten Knopf aufmachen und die Jeans sacken lassen. Manimals dürfen keine Scham kennen. Aber in der Öffentlichkeit müssen sie dauernd aufpassen, dass sie nichts Illegales tun. Das lässt das Adrenalin kreisen.

Ich besitze ein paar Gummistiefel ohne Innenfutter und ein Paar Soldatenstiefel, sonst kein Schuhwerk. Im Sommer gehe ich gern in diesen Gummistiefeln durch die Stadt, in der kurzen Hose, das kleinste Hemd hinten im Bund.

Stall

In der Nacht werde ich ein paar Mal wach, weil mein Knüppel steif ist. Das kommt vom Bett. Mein Bettzeug ist aus Leder. Seit zehn Jahren schlafe ich textilfrei. Eine schwarze Kuhhaut liegt auf der Matratze, eine zweite ist zusammengenäht zu einem Oberbett. Im Sommer ist es leer, im Winter enthält es zwei Militär-Wolldecken. „Aber ist Leder denn nicht viel zu kalt?” höre ich die Spießer fragen. Ja, wenn man in so ein Bett steigt, ist das Leder erst einmal kalt. Aber das dauert nur Sekunden. Da muss man durch, dann wird man reich belohnt. Leder auf der Haut fühlt sich immer geil an, und das Deckbett ist schwer und glatt und schiebt sich einem von selbst zwischen die Beine. Eigentlich bin ich in so einem Bett dauergeil, und jedesmal, wenn ich kurz wach werde, fühle ich meinen Knüppel und meine Tittenringe und weiß, dass ich eine Ledersau bin. Und dann dämmre ich wieder ein.

Morgens werde ich wach in rotem Licht. Die Fensterscheiben sind rot gestrichen. Auch die einzige Glühbirne ist rot, aber die wird heute nicht gebraucht. Rotlicht macht geil. Als ob das noch nötig wäre.

Erst geile ich mich im Halbschlaf langsam weiter auf am Gefühl des Lederbettes. Dabei denke ich darüber nach, wie nackt ich heute leben kann. Schweine müssen nackt sein, aber es wird wohl nicht sehr warm. Das Außenthermometer zeigt jetzt sechzehn Grad. Ich bringe mich langsam zum Abspritzen. Die Tropfen lasse ich auf der Brust eintrocknen.

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