Günter Meise
Jenseits von Gut und Böse
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Inhaltsverzeichnis
Titel Günter Meise Jenseits von Gut und Böse Dieses ebook wurde erstellt bei
Jenseits von Gut und Böse
Hartz IV
1. Kapitel
2. Kapitel
3.Kapitel
4.Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
15. Kapitel
Impressum neobooks
Jenseits von Gut und Böse
Jenseits von Gut und Böse
Exposé
Dieser fiktive Roman setzt sich in seiner satirischen Form zum Teil kritisch mit unserem Gesellschaftssystem auseinander. Er beschreibt in einer Persiflage, die Situation der Menschen in dieser Stadt und Straße. Der Roman beinhaltet eine ausgeprägte sozialkritische Komponente. Er vermittelt dem Leser, voller Spannung wie die dort lebenden Protagonisten versuchen, trotz aller Hoffnungslosigkeit das Beste aus ihrer gesellschaftlich prekären Lage zu machen.
Die Handlung des Romans bezieht sich auf eine Zeit der wirtschaftlichen sowie industriellen Umbrüche im Ruhrgebiet. Es war eine Zeit der industriellen Umstrukturierung. Die Bergwerke stellten die Förderung von Steinkohle ein, und die Stahlwerke fuhren ihre Produktion zurück oder schlossen ihre Produktionsstätten. Viele, vor allen Dingen ältere Arbeitnehmer verloren ihren Arbeitsplatz, und sahen einer ungewissen Zukunft entgegen.
Bei den Protagonisten dieses Romans handelt es sich um Personen aus differenten sozialen und gesellschaftlichen Strukturen, die trotz aller gesellschaftlichen Unterschiede eine verschworene Gemeinschaft darstellen. Das zeigt sich- um nur ein Beispiel aufzuzeigen-bei so unterschiedlichen Charakteren wie Dr. Naumann einerseits, sowie Manni, Benjamin, Graham und Conny andererseits. Bei allen Protagonisten kommen ihre individuellen Charaktereigenschaften explizit, sowie für den geneigten Leser nachvollziehbar zum Ausdruck.
G. Meise
Die Stadt hatte auch schon bessere Zeiten erlebt. Dort wo früher Steinkohle aus der Erde gefördert wurde, die Essen glühten, die Schlote rauchten, das Leben pulsierte, sprießt aus den Industriebraken, zwischen Unrat und Müll, Gras und Unkraut aus dem Boden. Das Stahlwerk das einst tausenden Menschen ihren Lebensunterhalt sicherte, gibt es schon lange nicht mehr. Das Automobilwerk, einst der ganze Stolz der Stadt, macht auch bald dicht. Die Zechenstraße ist mehr als eine Institution, sie ist ein Traum, oder sollte man besser sagen, ein Alptraum!
Die Bewohner:
„Huren, Kuppler, Arbeitslose, Säufer, Herumtreiber, Spieler, mit einem Wort gesagt Menschen.“
Man könnte aber auch sagen:
,,Märtyrer, Philosophen, Gläubige, Idealisten. Es kommt immer auf den Standpunkt an.“
Es gibt kleines Getier von so empfindlicher Beschaffenheit, dass man es zerstört, will man es mit den Händen fangen. Man muss ihm Zeit lassen, bis es von selbst auf ein Blatt Papier kriecht, dass man ihm hinhält.
Auf ähnliche Weise versuche ich dieses Buch zu schreiben:
„Ich lege die Blätter hin, und überlasse es meinen Geschichten darüber hinweg zu kriechen.“
Der Mann steht am Fenster,
Und schaut hinaus,
Jetzt möchte er schreien,
Ich will hier raus,
Er kann sich nichts leisten,
Nicht mal ein Bier,
So ist das Leben,
Er bezieht Hartz vier
Von draußen ruft jemand:
,,Was kostet die Welt!“
Ihm hat man soeben,
Den Strom abgestellt.
Er löffelt die Suppe, kalt aus der Dose,
In der Vase, verkümmert die letzte Rose.
Ganz heimlich, leise über Nacht,
Hat sich die Frau davongemacht.
Sie hat ihm geschrieben:
,,Was soll ich bei dir,
Du bist ein Verlierer,
Du beziehst Hartz vier
Das Amt hat gesagt,
Es schmerzt uns sehr,
Aber wir haben für sie,
Keine Arbeit mehr.
Sie sind zu alt, es ist leider wahr,
Für uns sind sie nicht mehr vermittelbar.
Keine Liebe, kein Geld und kein Telefon,
So lebt er in seiner Isolation,
Jetzt hat er es amtlich,
Es gibt keine Wende
Nun wird es so bleiben,
Bis zum bitteren Ende
Da gibt es einige Zeitgenossen,
Sie schreiben in Büchern unverdrossen,
Was man so alles werden kann,
Strengt sich der Mensch nur richtig an.
Solidarisch mag der Starke,
Seine Hand dem Schwachen reichen,
So wird die tiefe Dunkelheit,
Dem Lichte und der Hoffnung weichen.
Prolog
Rajiv Kallisada (kurz Kalli genannt) bewirtschaftete einen Kiosk mit beigefügter Paketstation. Sein Laden war kein Muster an Sauberkeit, eher das Gegenteil, aber für die Bedarfsdeckung seiner Kunden unentbehrlich. Kalli, ein Tamile aus Sri Lanka, hatte es vor ca. dreißig Jahren in die Stadt verschlagen. Er öffnete seinen Kiosk im Morgengrauen, und schloss ihn wenn der Mond hoch am Himmel stand. Kalli war von gedrungener kräftiger Statur, sowie meist zuvorkommend zu seinen Kunden.
War er im Laden, so stand ihm stets an der Kasse, neben ihm der Scanner für seine Pakete. Einen seiner fleischigen Finger schmückte ein etwas zu groß geratener Siegelring. Sobald Kunden sein Geschäft betraten, huschten seine kleinen braunen Augen wachsam und ruhelos von einem Ende des Ladens zum anderen. Er traute keinem.
Viermal täglich zündete Kalli-ein gläubiger Hindu- seine Räucherstäbchen an, beugte sich über seinen Altar, betete zu seinen Göttern, und bat sie ihm gewogen zu sein. Er hatte ein ambivalentes Verhältnis zu seinen Bier trinkenden Stammkunden. Kalli fürchtete nicht ganz zu Unrecht, diese würden seine Paketkunden erschrecken, verängstigen, oder sie veranlassen ihre Pakete möglicherweise in einem anderen Shop abzugeben. Tagsüber belieferte er seine Kunden mit Paketen und Getränken. Währenddessen vertraten ihn Ulrich oder Kuddel in seinem Kiosk. Die beiden Auserwählten waren zwei seiner Stammkunden, von denen er annahm dass sie die erforderliche Qualifikation besaßen um diese „anspruchsvolle“ Tätigkeit ausüben zu können. Ulrich, ein gelernter Bauingenieur, war zurzeit ohne eine feste Anstellung. Bei Kuddel handelte es sich um einen bisher wenig, diesbezüglich in Erscheinung getretenen Schriftsteller.
Schräg gegenüber von Kallis Kiosk, auf dem alten Zechengelände hatte die Autoverwertung, mit angeschlossenem Gebrauchtwarenhandel von Amed Erdogan ihr Domizil. Daneben standen einige in die Jahre gekommene Zechenhäuser, dessen Verfallsdatum längst überschritten war. In einem dieser Häuser befand sich das Restaurant und Stundenhotel „Zur alten Zeche“. Inhaberin Anna Lena von Stetten, eine attraktive etwa fünfzig jährige Dame von blauem Blut, so hieß es. Sie hatte ein gutes Herz und große Brüste. Ihren formvollendeten Körper schmückte ein hübscher Kopf, mit flammend roten Haaren. Kurzum, sie war ein großartiges Weibsbild. Wie eine Henne für ihre Küken, so sorgte sie für ihre Damen. Infolge ihres Alters, oder anderer Gebrechen, waren einige ihrer Mädels nur wenig beschäftigt. Anna Lena behielt sie trotzdem, auch wenn sie gelegentlich bemerkte: „Drei Mahlzeiten bekommt ihr täglich, aber keine fünf Stöße schafft ihr im Monat!“
Neben der Autoverwertung hatte Amed Erdogan-ein ehemaliger Bergmann- in einer alten Lagerhalle einen Dönerimbiss eingerichtet. Einige Häuser weiter besaß der geschäftstüchtige Erdogan einen weiteren Imbiss, für Freunde der gepflegten deutschen Küche.
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