Ich habe mich während der ganzen Zeit der Reiseorganisation nicht optimal von ihm begleitet gefühlt, da er erst im September 2019 an unsere Schule gekommen war und die SchülerInnen auch nicht kannte! Er freue sich aber auf die Fahrt und die vielen jungen Mädchen!! Erst viel später sollte ich Gelegenheit bekommen, diesen Satz zu reflektieren und meinem Chef mitzuteilen.
Am Rande meiner Arbeit bekomme ich aber schon mit, wie viele KollegInnen ihren Urlaub planen. Es soll in die Berge oder ans Meer gehen, vorzugsweise nach Holland.
Die niederländische Regierung hat schon mitgeteilt, dass Restaurants und Cafés geschlossen sein werden und dass auch Ferienhausbesitzer nicht darauf zählen können, in ihre Häuser zu dürfen.
Die letzte Schulwoche vor den Ferien ist um, die SchülerInnen in die schulfreie Zeit entlassen. Die nächsten beiden Wochen höre ich keine Sätze wie: „Ich kann die Datei nicht finden!“ oder „P. hat schon wieder seine Aufgaben nicht abgegeben“ oder „Können Sie mir die Aufgaben bitte im PDF-Format übermitteln?“ Ich bin einfach nur froh aus der Dauerobservation herauszukommen, SchülerInnen einmal nicht hinterherlaufen zu müssen und zu Hause die Dinge erledigen zu können, die schon lange liegen geblieben sind.
Privat bewundere ich die Kinder aus meiner Nachbarschaft. Es scheint eine feste Struktur im Tagesablauf in deren Elternhäusern zu geben. Morgens werden Hausaufgaben und der Haushalt erledigt, nachmittags sind alle zum Spielen und Arbeiten draußen – jeder in seinem Garten. Denn: mit dem 16. März ist der Frühling pünktlich zum Beginn des Lockdowns eingekehrt! Von da an scheint bis in den Oktober hinein fast durchgehend täglich die Sonne begleitet von stetig steigenden Temperaturen.
Ich freue mich für all die SchülerInnen und Kinder, die in engen Wohnverhältnissen eines mehrstöckigen Hochhauses leben und weder auf den Balkon noch in den eigenen Garten gehen können! Denn neben den Schulen sind ja auch alle Sportvereine geschlossen!
Das Osterfest läuft coronabedingt ohne weitere Kontakte ab: am Ostersamstag treffen wir uns mit unseren Nachbarn – jede Familie bleibt in ihrem Garten – zum Osterfeuer. Jeder veranstaltet eines!
Am darauffolgenden Sonntag veranstalten meine beiden erwachsenen Söhne für die Kinder aus der Nachbarschaft eine Ostereier- und Schokohasensuche. Hinter unseren Grundstücken befindet sich ein 10 Meter breiter Grünstreifen, der durch eine begrünte Schallschutzwand von der hinter unseren Häusern verlaufenden Umgehungsstraße begrenzt wird. Eigentümerin ist die Stadt, die sich nicht kümmert und die Pflege den Anliegern überlässt. Im Laufe der Zeit haben sich hier Brombeerranken, Kiefern, Weintrauben, Walnussbäume, Fliederbüsche und Obstbäume vermehrt . Es ist ein regelrechtes Dickicht entstanden: gut geeignet zum Buden bauen, Versteck spielen und Aussichtsplattformen bauen für Kinder. Manchmal finden auch Wildschweine den Weg hindurch.
Am Ostersonntag also werden hier Osterleckereien versteckt, gesucht und gefunden.
Die Kinder krabbeln durch das Gebüsch, die Erwachsenen (jeder von seinem Grundstück aus) bejubeln das Ganze und feuern an.
Eine Neuauflage soll zu Ostern 2021 folgen!
Woche vom 20.04. – 24.04.2020
Der Distanzunterricht hat uns wieder!
Die Infektionszahlen beginnen auf ihrem Niveau zu stagnieren, so dass man vorsichtig eine Wiederöffnung der Schulen ins Auge fasst.
Aber erst einmal machen wir so weiter wie wir vor den Osterferien, die wir sehr genossen haben, aufgehört haben.
Von befreundeten Familien aus der Nachbarschaft und aus dem persönlichen Umfeld bekomme ich zunehmend Anfragen zwecks Nachhilfe für die Tochter, Schülerin der EF oder QI am Gymnasium, die natürlich weiterhin Klausuren schreiben und mit einer Menge Schulstoff seit Wochen alleine gelassen werden!
Ich sage meine Hilfe zu, krame zu Hause alte Klausuren und Lehrpläne aus, gebe Tipps zu etwaigen Aufgaben, lese mir eigens verfasste Texte durch und spreche Mut zu! All das ist von dem Erfolg der jeweiligen Schülerin gekrönt und macht mir natürlich auch Mut. Es geht noch was, die SchülerInnen wollen vorankommen und kämpfen gegen das Alleingelassensein an.
Ich habe längst meinen Rhythmus aus Videocalls, Padletaufgaben, Onlinekonferenzen und Korrekturen wieder aufgenommen und schon mit den Planungen für ein „Irland-Projekt“ für meine Englischlerngruppen im Jahrgang 7 begonnen: 38 Prospekte und Kataloge beim Tourismusbüro anfordern und in Ordnern zusammenstellen, Aufgaben herunterladen und auf die Ordner verteilen in der Hoffnung, dass irgendwann der Präsenzunterricht wieder losgeht, in dem sich die SchülerInnen ihrer ihnen persönlich zugewiesenen Ordner annehmen können.
Auch eine Sprachprüfung in Spanisch im Jahrgang 10 macht mir zu schaffen: es soll um „días festivos“ (Feiertage) in Spanien und Lateinamerika gehen. Wochenlang wurden laminierte Fotos und Referate unter und mit den SchülerInnen ausgetauscht. Jeder/jede wollte es gut machen, da die Note hierfür schließlich in die Abschlussnote einfließen sollte. Aber, online durften wir nicht, weil keine Bewertung vorgenommen werden sollte und schriftlich wollten die SchülerInnen nicht, war auch nicht in meinem Sinn.
Meine Kollegin, die den Parallelkurs führt, hat sich schon von dem Gedanken verabschiedet und will nur noch Dienst nach Vorschrift machen.
Zudem haben wir beide zwei Tage vor dem Lockdown in einem unteren Jahrgang neue MitschülerInnen aufnehmen müssen. Ein Kollege, der den Parallelkurs geführt hat, mit mir nach Málaga fahren sollte, sich am Vortag noch bei meiner Kollegin nach Klassenarbeiten im Jahrgang 9 erkundigte und sich nach der Antwort „Morgen soll Spanisch geschrieben werden“ spontan krankgemeldet hat, wird nicht wiederkommen. Daher übernehme ich 12 SchülerInnen aus seinem Kurs, meine Kollegin 13! Wir machen also Distanzunterricht mit SchülerInnen, die wir nicht einmal aus dem Präsenzunterricht kennen! Wenn man als LehrerIn nicht flexibel ist, hat man verloren!
Mit meinen 10er SchülerInnen aus dem Spanischkurs vereinbare ich Folgendes: die Sprachprüfung findet online statt, teilnehmen dürfen alle SchülerInnen, die sich verbessern WOLLEN. Für NichtteilnehmerInnen entsteht kein Nachteil und verschlechtern kann man sich auch nicht.
In dem Kurs sind zwei SchülerInnen, Pilar und Gloria, die beide „hispanohablantes“ sind, also Spanisch als Muttersprache haben: eine mit andalusischen Wurzeln, die andere aus der „DomRep“ oder spanisch: „RepDom“ stammend.
Beide hatte ich die ganze Zeit über binnendifferenziert unterrichtet und ihre Note weist ein Betonfundament auf, daher sind sie die einzigen, die nicht teilnehmen.
Alle SchülerInnen nehmen die kleine Herausforderung an, fühlen sich bestens vorbereitet, weil genaue Absprachen getroffen wurden.
Die Atmosphäre im Online-Unterricht ist weiter fröhlich und man ist froh, dass man die versprochene Tapas-Party schon am Ende der 9 in meinem Haus bzw. in meiner Küche veranstaltet hat, weil man ja nicht weiß, was am Ende dieses Schuljahres auf uns alle zukommt.
Aus der Elternschaft meines Oberstufenkurses Spanisch kommt eine Klagemail. Man möchte Nachhilfeunterricht für die Tochter zur Vorbereitung auf die Q1. Der Distanzunterricht mache ihr sehr zu schaffen und sie wisse nicht, wo sie stehe.
Es handelt sich um eine leistungsstarke Schülerin, bis zu der es sich erst jetzt herumgesprochen hat, dass die abgegebenen Aufgaben nicht benotet werden dürfen! Einige haben vorher aus ihrem Kenntnisstand den Schluss gezogen, nichts mehr abzugeben. Diese Schülerin und vor allem ihre Mutter meinte nun, dass es an Rückmeldung meinerseits gefehlt hätte, sprich: ich habe ihr nicht jedes Mal gesagt, wie gut sie eigentlich ist. Ich beruhige beide, verweise auf ihre Vornote und die abgegebenen, bearbeiteten Aufgaben und meine Kommentare dazu! Längst nicht alle Eltern haben diese Probleme!
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