Und während er sich fragte, wer oder was wohl in diesem Schloss wohnte, wurde ihm klar, dass es sich wohl eher um eine Ruine als um ein bewohntes Bauwerk handelte. Soweit er erkennen konnte, waren die Fenster der unteren Etagen mit Brettern verbarrikadiert worden. Die oberen Etagen schienen zwar nicht verschlossen, jedoch lauerte hinter ihnen nichts als tiefschwarze Dunkelheit.
Plötzlich trat Ronnie auf die Bremse.
Hatte er es sich nur eingebildet, oder hatte er tatsächlich etwas gesehen.
Etwas oder jemanden .
Dort hinten, wo der Weg eine leichte Biegung machte. Er hätte schwören können, dort eine Bewegung wahrgenommen zu haben.
Bestimmt ein Reh oder ein anderes Tier auf der Flucht, dachte er und setzte seine Fahrt langsam fort.
Er folgte der Biegung und wäre beinahe in ein direkt hinter der Kurve abgestelltes Fahrzeug gekracht.
KAPITEL 21
„Nicht aufhören. Mach weiter, das ist so... oh, Jenny.“
Nico lag mit heruntergezogener Hose auf der Rückbank des Wagens. Seine Finger krallten sich im hellblonden Haar seiner Freundin fest, deren Kopf sich im Rhythmus der aus den Magnat-Boxen strömenden Musik auf und ab bewegte. Er schloss die Augen, sein Atem ging schnell und flach. Jeder Muskel in seinem Körper verkrampfte sich, während er verzweifelt gegen den nahenden Höhepunkt ankämpfte.
Mein Gott, lass es noch nicht vorbei sein!
Plötzlich schoss Jennys Kopf oben, sein glitschig feuchter Penis glitt aus ihrem Mund. Mit einer Handbewegung wischte sie Haarsträhnen beiseite, die ihr wild ins Gesicht hingen, und starrte durch das getönte Wagenfenster in die Dunkelheit hinaus, wobei sie nun ihren Unterleib rhythmisch vor und zurück schob, so dass der Stoff ihrer Jeans über Nicos noch immer steifen Penis rieb.
„Hey, warum machst du nicht weiter mit dem…“
„Psst. Ich glaube, da draußen ist jemand“, antwortete sie abwesend.
„Und wenn schon. Ich habe keine Lust, dass uns jedes Mal irgendein Penner unterbricht. Mach einfach weiter. Soll er sich doch daran aufgeilen, wenn es ihm gefällt.“ Er legte seine Hände auf ihre Hüften und beschleunigte ihre Bewegungen.
Aber es nützte nichts. Der Stimmungsbruch war irreparabel.
„Scheiße!“ Mit einer ruckartigen Bewegung schob Jenny Nicos Hände beiseite und kletterte über seinen Oberkörper, um besser aus dem Wagenfenster schauen zu können.
„Was ist denn los?“ Er versuchte, sich aufzurichten, um ebenfalls einen Blick durch das Fenster zu werfen, was aber misslang, da Jenny noch immer rittlings auf ihm hockte.
„Da war jemand. Er hat durchs Fenster geglotzt.“
„Und wer könnte das gewesen sein?“
„Woher soll ich das wissen? Aber ich habe sein Gesicht ganz deutlich gesehen. Er hat es richtig gegen die Scheibe gedrückt.“
„Bist du sicher? Du hast dir das bestimmt bloß eingebildet.“
„Nein, verdammt. Hältst du mich für bescheuert? Und außerdem, was ist das hier?“
Nico verdrehte seinen Hals so weit es ging und sah ziemlich genau in der Mitte der Scheibe einen kreisrunden Fleck.
„Kacke! Ist das von einer Nase?“
„Genügt dir das als Beweis?“
„Okay, dann reicht´s jetzt. Egal wer das war, ich gehe jetzt da raus und haue diesem Penner eins in die Fresse.“
Er zog seine Jeans hoch, die noch immer auf Höhe seiner Kniekehlen hing und befreite sich von Jenny, indem er zwischen ihren Oberschenkeln hindurchtauchte. Noch während er in sein T-Shirt schlüpfte, riss er die Wagentür auf und trat ins Freie.
KAPITEL 22
Ronnie konnte es kaum glauben. Er stieg aus dem Opel und betrachtete den Wagen, der vor ihm am Rand des schmalen Waldweges parkte und in den er um ein Haar hineingekracht wäre.
Bei dem lilafarbenen Golf handelte es sich zweifellos um seine Parkplatzbekanntschaft. Wut stieg in ihm auf, als er an den platten Reifen dachte. Und an die Zeit, die ihm dadurch für die Suche nach Sandy verloren gegangen war.
So leise wie möglich näherte er sich dem Golf, als plötzlich die Hintertür des Wagens aufgestoßen wurde. Der Typ, der umständlich aus dem Wageninneren nach draußen kletterte, war gerade dabei, sich sein T-Shirt über den Kopf zu ziehen. Ronnie konnte sich recht gut vorstellen, womit der andere beschäftigt gewesen war. Schließlich war er ja schon auf dem Parkplatz unfreiwilliger Zeuge von dessen aktivem Liebesleben geworden.
„Du schon wieder?“, platzte es aus dem Typen heraus, als sein Blick auf Ronnie fiel. „Jetzt pass mal auf. Du kriegst jetzt richtig schön was auf die Fresse, du blöder Spanner.“
„Hey, ganz ruhig bleiben.“ Ronnie wich einen Schritt zurück und stieß gegen den Kühlergrill seines Wagens. „Kannst du mir vielleicht erst mal sagen, was dein Problem ist? Du hast mir doch die Luft aus dem Reifen gelassen, oder? So gesehen wäre ich wohl eher derjenige, der hier Schläge verteilen müsste.“
„Was mein Problem ist? Das kann ich dir sagen, du bescheuerter Vogel. Mein Problem ist, dass uns schon den ganzen Abend so ein Stelzbock verfolgt und sich daran aufgeilt, meiner Freundin und mir heimlich zuzusehen. Das ist mein Problem. Könnte jetzt aber ruck zuck zu deinem werden.“
Er ging einige Schritte auf Ronnie zu und faltete seine Hände. Bei der folgenden Bewegung ertönte ein lautes Knacken der einzelnen Fingergelenke.
„Hör zu, ich habe euch weder verfolgt, noch habe ich euch beobachtet. Ich habe vorhin nur zufällig neben eurem Wagen geparkt.“
„Und was machst du dann hier ? Bist du hier auch zufällig vorbeigekommen?“
Ronnie beobachtete, wie eine Blondine aus dem Golf stieg. Ronnie schätzte sie auf höchstens sechzehn und er fragte sich, ob der Typ nicht gegen das Gesetz verstieß, wenn er es mit ihr tat.
Ihr Haar war zerzaust und auf ihrer Stirn glänzten kleine Schweißtropfen.
„Nico, was ist los? Wer ist das?“ Sie deutete mit einem Kopfnicken auf Ronnie.
„Das ist der Typ, der uns ständig in den Wagen glotzt. Scheinbar hat er unsere Botschaft falsch verstanden.“ Zu Ronnie gewandt, fuhr er fort: „Das war nämlich keine Einladung, uns weiter hinterherzufahren, sondern eine Warnung.“
„Okay, also noch mal zum Mitschreiben: Ich bin euch nicht hinterhergefahren.“
„Sondern?“ Dieses Mal war es die Blondine, die sich zu Wort meldete, während sie sich einen Kaugummi in den Mund schob, das Papier zu einer kleinen Kugel zusammenknüllte und es in die Königsfarne schnippte, die mannshoch abseits des Weges wucherten.
„Ich suche jemanden.“
„So? Wen denn? Und warum ausgerechnet hier?“
Ronnie betrachtete die Blondine. Ihr Gesicht leuchtete rot. Offenbar hatte sie versucht, die zahlreichen Pickel auf ihren Wangen so gut wie möglich mit Rouge abzudecken. Ihre langen, schlanken Beine steckten in einer knallengen Röhren-Jeans. Blasse Haut schimmerte durch fransige Schnitte im ausgewaschenen Stoff. Es schien, als habe sie sich ebenso beeilt, den Wagen zu verlassen, wie ihr Freund. Unter ihrem weißen Shirt trug sie keinen BH und Ronnie konnte die Abdrücke ihrer Nippel durch den dünnen Stoff hindurch sehen. Tatsächlich hatte er die beiden wohl wieder einmal in flagranti ertappt. Kein Wunder, dass sie nicht gerade begeistert über sein Auftauchen waren.
Er wollte gerade erzählen, dass er sich auf der Suche nach seiner Freundin befand, die mit einem Typ in einem geheimnisvollen Leichenwagen davongefahren war, als das Mädchen ihm zuvor kam.
„Weißt du, mein Schatzi meint es ja nicht böse, aber normalerweise verirrt sich keine Sau auf diesen Weg und heute geht es hier zu wie auf der Autobahn.“
„Wie auf der Autobahn?“
„Ja. Bist du schwer von Begriff?“ Der Typ, der eine ganze Weile nur dagestanden und Ronnie aus wütenden Augen angeblitzt hatte, mischte sich nun wieder in das Gespräch ein. „Zuerst glotzt du uns auf dem Parkplatz ins Auto. Dann kreuzt hier, mitten im Wald, dieser Verrückte mit seinem Leichenwagen auf. Die Karre, die auch vor der Disco rumgestanden hat. Und jetzt schon wieder du. Komm Süße, mir reicht´s für heute. Wir fahren zu mir, da haben wir wenigstens unsere Ruhe.“ Er griff nach der Hand seiner Freundin und zog sie hinter sich her zum Wagen.
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