»Und wenn die Syndik-Führer nicht an ernsthaften Verhandlungen interessiert sind?«, wollte Navarro wissen, der die Hände gefaltet hatte und das Kinn auf ihnen ruhen ließ.
»Dann, Sir, können wir immer noch zu unserer tief vordringenden Munition greifen, um einen Wechsel auf der Führungsebene der Syndiks herbeizuführen.« Er hatte genügend Beweise dafür gesehen, dass diese Führer bereit waren, zahlreiche ihrer Leute zu opfern, während sie selbst stets dafür sorgten, dass sie gut geschützt waren. Diesmal allerdings sollten sie dazu gar nicht erst die Gelegenheit bekommen.
»Welche Forderungen sollen wir stellen?«, fragte Senatorin Suva.
»Das muss der Rat entscheiden«, antwortete Rione. »Aber meine Empfehlung geht dahin, zu erwägen, welchen Nutzen wir davon haben, Forderungen zu stellen, wenn die einzige andere Alternative bei einer Ablehnung durch die Syndiks die ist, dass dieser Krieg fortgesetzt wird. Daher schlage ich vor, wir bieten den Syndiks ein Ende der Feindseligkeiten und eine Rückkehr zu den Verhältnissen vor dem Krieg an, einschließlich eines vollständigen Gefangenenaustauschs und eines Austauschs aller verfügbaren Informationen über sämtliches im Verlauf des Krieges in Gefangenschaft geratenes Personal.«
»Dann wären alle unsere Opfer vergebens gewesen«, protestierte die stämmige Senatorin lautstark.
»Was auch für alle Opfer der Syndiks gilt«, stellte Navarro fest. »Das ist ein hervorragendes Argument, Senatorin Rione, zumal Sie so gut wie wir wissen, in welcher Verfassung sich die Allianz derzeit befindet.« Einige Senatoren setzten zum Reden an, doch Navarro brachte sie alle mit einer knappen Geste zum Schweigen. »Wir werden uns zurückziehen und über Ihren Vorschlag, Captain Geary, ebenso diskutieren wie über Co-Präsidentin Riones Idee. Was ist Ihr zweiter Punkt?«
Geary streckte den Arm aus, um auf die entlegene Seite des Syndik-Gebiets zu zeigen. »Dass wir uns nach Möglichkeit mit dem beschäftigen, was sich dort draußen befindet. Wir haben keine Ahnung, wie mächtig sie sind, wie groß ihr Territorium ist, welche Fähigkeiten sie besitzen. Alles deutet darauf hin, dass ihre Technologie unserer auf bestimmten Gebieten überlegen ist – so zum Beispiel bei der Kommunikation, die sie mit Überlichtgeschwindigkeit führen können. Außerdem behaupten sie sich gegen die Syndiks und haben sie sogar aus einigen Sternensystemen verjagt, was kein Kinderspiel gewesen sein kann, so wie wir die Syndiks kennen. Aber sie haben sich auch in die Angelegenheiten der Menschheit eingemischt. Sie haben uns reingelegt, indem sie uns die Technologie für die Hypernet-Portale zugespielt haben, damit wir in allen wichtigen Sternensystemen selbst die Bomben bauen, mit denen sie uns auslöschen können. Sie haben mit Kalixa mindestens ein von Menschen bewohntes System zerstört, und wie ich soeben von Ihnen erfahren musste, haben sie bei Petit offenbar das Gleiche versucht. Diese Aliens müssen begreifen, dass ihre Einmischungen in unsere Angelegenheiten und ihre Angriffe auf die Menschheit ein Ende nehmen müssen.«
Lange Zeit herrschte Schweigen, dann fragte ein Senator mit fast verängstigter Stimme: »Wir sollen einen neuen Krieg anfangen?«
»Nein, Sir, das ist das Letzte, was ich will. Aber es ist möglich, dass bereits ein Krieg auf uns zurollt, von dem wir nur noch nichts wissen. Wir müssen auch diesem Krieg ein Ende setzen oder zumindest einen Waffenstillstand erreichen.«
Rione deutete auf das Sternendisplay. »Die Syndiks hatten ihre Reserveflotte an der uns abgewandten Grenze positioniert, um die Aliens fernzuhalten. Jetzt ist diese Flotte nicht mehr dort. Ein Großteil der Schiffe wurde zerstört, und die Reste sammeln sich vermutlich derzeit im Heimatsystem der Syndiks, um eine letzte Verteidigungslinie zu bilden. Was werden die Aliens machen, wenn ihnen eine leichte Beute quasi auf dem Präsentierteller gereicht wird?«
»Wen kümmert’s?«, grummelte die stämmige Frau. »Es sind Syndiks.«
»Es sind Menschen, Senatorin Costa«, entgegnete Rione. »Jedes Sternensystem, das ihnen abgenommen wird, schwächt die Menschheit und macht die Aliens umso stärker.«
Senatorin Suva lachte. »Sie wollen, dass wir die Syndiks nicht mehr als Feinde ansehen, sondern als Verbündete? Dass wir sie beschützen?«
»Es geht darum, uns selbst zu beschützen«, stellte Rione klar. »Wir können nicht davon ausgehen, dass eine fremde intelligente Spezies uns anders behandelt, als sie es mit den Syndiks macht, nur weil wir uns selbst für etwas anderes halten als die Syndiks.«
Der Blick von Senator Navarro war nach wie vor auf die Region gerichtet, in der das Gebiet der Aliens an das der Syndiks angrenzte. »Wenn da draußen tatsächlich eine andere intelligente Spezies existiert…«
»Es könnte mehr als nur eine sein«, meinte Rione. »Und gegenwärtig befinden sich die Syndiks zwischen uns und der Region, in der diese Spezies leben könnten.«
Plötzlich schnappte Admiral Timbale aufgeregt nach Luft. »Wenn wir in die Verteidigung dieser Grenze einbezogen werden, dann werden wir Zugang zu dem bekommen, was sich jenseits der Grenze befindet.«
»Genau«, stimmte Geary ihm zu. »Und da die Syndiks angezählt sind, könnten sie sich gezwungen sehen, sich damit einverstanden zu erklären. Wenn es uns gelingt, den Krieg mit den Syndiks zu beenden, werden wir unter Umständen in der Lage sein, einige Schiffe in dieses Gebiet zu schicken, um mehr darüber zu erfahren und um vielleicht sogar Kontakt mit diesen Wesen aufzunehmen.«
Navarro nickte verstehend. »Eine faszinierende Vorstellung. Also gut, Captain Geary. Sie haben die Allianz-Flotte und die Allianz selbst gerettet. Sie haben den größten Teil der Syndik-Flotte vernichtet und damit günstige Bedingungen geschaffen, um ein Ende des Kriegs zu erzwingen. Sie haben eine Bedrohung für die gesamte Menschheit erkannt und unschädlich gemacht, und Sie haben Beweise geliefert, die für die Existenz einer nichtmenschlichen intelligenten Spezies sprechen. Gibt es sonst noch etwas?«
»Im Augenblick nicht, Sir.«
»Vielen Dank, Captain Geary. Wenn Sie, Senatorin Rione und Admiral Timbale uns jetzt allein lassen würden, dann werden wir Ihren Bericht und Ihre Empfehlungen diskutieren.«
»Einige von uns haben aber noch Fragen«, meldete sich ein Senator zu Wort.
»Die werden wir ebenfalls unter uns besprechen«, erklärte Navarro und warf dem Mann einen Blick zu, der den sofort verstummen ließ.
Geary wartete noch einen Moment, bis er das Gefühl hatte, dass er tatsächlich den Raum verlassen sollte. Er salutierte und drehte sich um, hielt kurz inne, bis sich Rione und Timbale vor ihm befanden, und folgte ihnen nach draußen. Als sich die Tür hinter den dreien schloss, wandte sich der Admiral an Geary: »Danke, Captain Geary. Dass ich anwesend sein durfte, hat mir viel bedeutet. Ich hätte nicht die ganze Zeit mit dem Amboss verbringen wollen.«
Geary nickte ihm zu. »Wir gehören alle zu einer großen Flotte, Sir.«
»Da haben Sie verdammt recht.«
»Apropos…« Timbale drehte sich zu Rione um. »Madam Co-Präsidentin, wenn Sie gestatten, würde ich gerne nachsehen, was Otropa und Firgani eigentlich treiben.«
»Ja, vielen Dank, Admiral.«
Während Timbale zügig durch den Korridor entschwand, atmete Geary tief durch und sah Rione an. »Ich nehme an, wir werden hier beobachtet.«
Sie schaute auf ihren Armschmuck und tippte auf einzelne Edelsteine. »Sie versuchen es, aber sie können meinen Störsender nicht durchdringen. Mittlerweile konnte ich meine Systeme aufrüsten lassen, damit sie wieder auf dem neuesten Stand sind.«
Ein weiterer Trick aus Riones schier unerschöpflichem Arsenal, einer, der Geary bislang überhaupt nicht bewusst gewesen war. »Aber jetzt wissen die, dass Sie etwas an sich tragen, was Sie dazu in die Lage versetzt, Signale zu stören.«
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