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Simon Green: Wächter der Menschheit

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Simon Green Wächter der Menschheit
  • Название:
    Wächter der Menschheit
  • Автор:
  • Издательство:
    Bastei&Lübbe
  • Жанр:
  • Год:
    2010
  • Город:
    Köln
  • Язык:
    Немецкий
  • ISBN:
    978-3-8387-0700-6
  • Рейтинг книги:
    4 / 5
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Wissen Sie was? Es ist alles wahr. Alles, was Ihnen jemals Angst eingejagt hat, von Verschwörungstheorien über Monster unter dem Bett bis hin zu Gespenstern und Ghulen und langgliedrigen Bestien. Nur aus einem einzigen Grund haben sie die Welt noch nicht übernommen: Weil meine Familie immer da gewesen ist und sich ihnen in den Weg gestellt hat. Wir hüten die Tür, wir schützen euch vor dem großen bösen Wolf, und ihr kennt noch nicht einmal unsere Namen. Natürlich muss dafür ein Preis gezahlt werden. Von uns - und von euch. Mein Name ist Bond. Shaman Bond. Naja, nein; eigentlich ist das nur mein Rufname. Wenn die Stellenbeschreibung von einem verlangt, regelmäßig persönlich mit Kreaturen der Nacht zu verkehren, muss man sich seinen Spaß suchen, wo man kann. Mein richtiger Name ist Eddie Drood. Mit der Lizenz zum Treten in übernatürliche Ärsche. Meine Familie ist eine der ältesten in England, vielleicht die älteste, und wir haben die Menschheit für mehr Jahrhunderte vor den Mächten der Finsternis beschützt, als selbst wir Lust haben zurückzudenken. Es gibt welche, die sagen, Drood sei nur eine Ableitung von Druide. Die Aufgabe eines Schamanen ist es, seinen Stamm vor Bedrohungen von außen zu beschützen, und genau das habe ich immer getan. Ich habe meinen Job geliebt. Bis mir alles um die Ohren flog.

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(Nein, nicht der, an den Sie jetzt denken. Ganz entschieden nicht. Sie müssen mir vertrauen, wenn ich Ihnen diese Dinge erzähle.)

Das Hospiz war voller heller Lichter und seine Wände in fröhlichen Farben gestrichen, aber die magischen Schutzvorrichtungen waren genauso stark wie die bei Dr. Dee. Überall gab es Kameras, die einander amtlich zusurrten, während sie hin- und herschwenkten, und Bewegungsmelder flimmerten rot auf Knöchelhöhe. Doch ich ging ungesehen, der Geist in der Maschine. Niemand sieht uns - außer wir wollen gesehen werden. Die Luft roch nach Desinfektionsmitteln und etwas Fauligem, das nicht völlig unter teurem Blumenparfum vergraben war.

Ich gelangte unangefochten nach oben zu der Station im Dachgeschoss, wo alle wirklich interessanten Patienten untergebracht waren, und wanderte lautlos durch den bis in den letzten Winkel erleuchteten Korridor, wobei ich hier und da stehen blieb, um durch einige Fenster in den Türen zu spähen, an denen ich vorbeikam, nur so aus Neugier. Na ja, würden Sie das etwa nicht? Man hatte mich bereits genau darüber informiert, weshalb jeder einzelne Patient sich hier aufhielt, und ich musste einfach ab und zu einen schnellen Blick riskieren.

Ein Starkoch mit eigener Fernsehsendung war hier, um eine Tätowierung auf die harte Tour entfernt zu kriegen. Offenbar war die Hand des Tätowierers genau im falschen Moment ausgerutscht, während er eine alte chinesische Redensart mit Tinte schrieb, wodurch aus einer simplen Beschwörung für Glück eine unverblümte Beschwörung für richtig schlimmes Pech wurde. Als Folge davon war das berühmte West-End-Restaurant des Kochs während eines Ausbruchs von Lebensmittelvergiftung niedergebrannt, in seiner Livesendung hatte er explosiven Durchfall gehabt, seine besten Rezepte waren im Internet aufgetaucht und er war siebzehn Mal vom Blitz getroffen worden. In seiner eigenen Küche. Eine derartige Tätowierung verändert man nicht einfach mit dem Laser, also häuteten sie ihm Zentimeter für Zentimeter den Rücken, um sie loszuwerden. Im Augenblick lag der berühmte Koch auf seinem Bauch im Bett, schluchzend wie ein Baby. Nächstes Mal würde er sich mit Mama oder seiner Lieblingsfußballmannschaft begnügen.

Im Zimmer neben ihm litt eine Frau an akutem Schwerkraftmangel. Das Personal hatte sie auf dem Bett festschnallen müssen, um sie am Wegschweben zu hindern. Ihre langen Haare flossen nach oben. Hinter der nächsten Tür lag irgendein bedauernswerter Unglücklicher, der den Fehler gemacht hatte, unvoreingenommen und wirklich offenen Geistes in eine Séance zu gehen, und jetzt war er von tausendundeinem Dämon besessen. In seiner Zwangsjacke irrte er in seinem Zimmer hin und her und schrie in Zungen, während er von den Gummiwänden abprallte und die Dämonen in ihm untereinander die Vorherrschaft auskämpften. Es schien sie nicht zu scheren, dass sie dabei aus ihrem Wirt ein richtiges Durcheinander machten. Er hätte wirklich zu Dr. Dee gehen sollen. Man bekommt, wofür man bezahlt.

Die nächsten paar Zimmer beherbergten eine abgetrennte Hand, die versuchte, sich einen neuen Körper wachsen zu lassen, einen Zeitagenten, dessen letzte Regeneration schrecklich schiefgelaufen war und sein Innerstes nach außen gekehrt hatte, und einen bekümmert aussehenden Werwolf mit Räude. Es muss wohl auch solche geben.

Ich spähte vorsichtig um die Ecke des Korridors, und da war es: das Zimmer von Mr. President. Ein bewaffneter Wachposten saß direkt vor seiner Tür, im Augenblick völlig in sein Muskelmännermagazin vertieft. Ich überprüfte es sorgfältig, aber das war alles. Ein bewaffneter Wachposten. Sie versuchten es nicht einmal richtig. Ich ging geradewegs zu dem Mann hin, und er wusste nicht einmal, dass ich da war, bis ich einen speziellen Nervenknoten in seinem Hals zusammendrückte und er sofort einschlief. Ich setzte ihn in seinen Stuhl zurück, nachdem ich ihn von der Tür weggerückt hatte. Ich spähte durchs Fenster, und da war Mr. President, unruhig auf dem Rücken schlafend, und sein geschwollener Bauch drückte das Bettzeug hoch. Eine Schwangerschaft kann sehr ermüdend sein, habe ich mir zumindest sagen lassen. Mr. Presidents Gattin hielt in einem Stuhl neben seinem Bett ein Nickerchen. Welch verständnisvolle und große Stütze ihres Mannes.

Ich langte unter meine Rüstung und griff nach der Waffe in dem Halfter an meiner Hüfte. Der Waffenschmied hatte mich im Lauf der Jahre mit vielen verschiedenen Waffen ausgestattet, aber die hier war wirklich ziemlich speziell. Ein Nadelrevolver mit einer Druckgastrommel, der Splitter aus gefrorenem Weihwasser abfeuerte. Sehr leise, sehr effizient.

Ich gab mich nicht erst mit der Hand der Herrlichkeit ab, sondern trat die verschlossene Tür einfach mit einem goldenen Fuß ein. Sie flog krachend auf, und Mr. President setzte sich im Bett auf und sah mich direkt an. Das Baby, dessen Wirt er war, musste seine Sinne geschärft haben. Er warf einen einzigen Blick auf mich in meiner goldenen Rüstung und fing an zu schreien, dass ich hier sei, um ihn zu ermorden. Ich zielte sorgfältig und schoss auf seine Frau, die gerade halb aus ihrem Stuhl hochgekommen war. Die Eisnadel traf sie direkt in die Drosselvene, trat in ihren Blutkreislauf ein und zerschmolz zu Weihwasser, und Mr. Presidents Frau verfiel in Zuckungen, während der Dämon, von dem sie besessen war, herausgezwungen wurde.

Sie war die ganze Zeit über meine Zielperson gewesen. Der Dämon hatte sich in ihr versteckt, während ihr Mann Ausgang hatte und Pitsche-Patsche mit dem Ladydingsda spielte, und dann unentdeckt darauf gewartet, dass Mr. President® Baby durch einen Kaiserschnitt auf die Welt kam. Dann konnte der Dämon das unnatürliche Baby besitzen und eine dauerhaft körperliche Gestalt annehmen, sicher vor allen Exorzismusversuchen. Wer weiß, wie seine Pläne anschließend aussahen? Meine Familie hatte keine Lust gehabt, untätig zu warten, bis sie es herausfand.

Wir hatten alle Das Omen gesehen.

Die Gattin fiel auf alle viere, zitternd und von Krämpfen befallen, während ihr Ehemann zusah, geschockt und stumm vor Grauen. Schwarzer Schleim brach aus ihrem Mund, aus ihrer Nase, aus ihren Ohren und lief ihr sogar als zähflüssige schwarze Tränen übers Gesicht. Immer mehr von dem Zeug quoll aus ihr heraus, immer schneller, und bildete eine immer größer werdende Lache schwarzer, teeriger Substanz auf dem Boden vor ihr. Und aus diesem schwarzen Ektoplasma erschuf sich der Dämon einen neuen Körper, sein letzter verzweifelter Versuch, eine körperliche Gestalt in der materiellen Welt anzunehmen.

Eine untersetzte, kraftvolle Form drängte aus der schwarzen Lache nach oben: zuerst lange, muskulöse Arme, dann eine breite Brust und Schultern und zuletzt ein gehörnter Kopf mit Augen wie glühende Kohlestücke. Ich schoss mit einer weiteren Weihwassernadel darauf und sie heulte schrecklich, hörte aber nicht auf zu wachsen. Entschlossenes Kerlchen. Der Dämon zog sich aus der schwarzen Lache hoch und türmte sich jetzt über mir empor. Seinen Händen wuchsen lange Klauen, und ein breites Lächeln teilte das finstere Gesicht und ließ mich Reihe um Reihe nadelspitzer Zähne sehen. Er sah aus wie das, was er war: gemein und böse und furchtbar stark. An manchen Tagen muss man die Dinge halt auf die harte Tour erledigen.

Der Dämon wogte vorwärts und schlug mit einer klauenbewehrten Hand nach mir. Funken stoben, als die Klauen harmlos an meiner gepanzerten Brust abrutschten. Ich versetzte dem Dämon einen Faustschlag an den Kopf, und dicke Brocken schwarzen Ektoplasmas flogen durch die Gegend, als meine mit goldenen Spitzen bestückten Fingerknöchel durch sein Pseudofleisch rissen. Wieder und wieder schlug ich zu, prügelte ihn nieder und trieb ihn zurück, während all seine stärksten Hiebe harmlos an meiner gepanzerten Gestalt abglitten. Ich bekam einen seiner um sich schlagenden Arme zu fassen, nahm meine Kräfte zusammen und riss ihn geradewegs ab. Der Dämon heulte auf, und sein Körper begann, einfach zu zerfallen, nicht länger in der Lage, angesichts einer solch groben Behandlung seinen Zustand aufrechtzuerhalten. Die dunkle Gestalt brach in dickflüssige Pfützen stinkenden, verfaulenden Ektoplasmas zusammen, und der Dämon stürzte brüllend zurück in die Hölle.

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