ISAAC ASIMOV - 10 SCIENCE FICTION KRIMINALGESCHICHTEN
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- Название:10 SCIENCE FICTION KRIMINALGESCHICHTEN
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- Год:2002
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INHALT
Der sprechende Stein
(THE TALKING STONE)
Tod einer Blondine
(WHAT'S IN A NAME)
Projekt Gans (PATE DE FOIE GRAS)
In der Atmosphärenkammer (THE DUST OF DEATH)
Ohne Hilda in Marsport (I'M IN MARSPORT WITHOUT HILDA)
Gefangene des Alls (MAROONED OFF VESTA)
Das Souvenir (ANNIVERSARY)
Nachruf für Lancelot (OBITUARY)
Die Nova122 (STAR LIGHT)
Energie aus dem Nichts (THE BILLIARD BALL)
1. Der sprechende Stein
Der Asteroidengürtel ist groß, aber seine menschliche Bevölkerung ist klein. Nach sieben Monaten der einjährigen Verpflichtungszeit auf Station V fragte Larry Vernadsky sich immer häufiger, ob ihn sein Gehalt überhaupt für die Einzelhaft - hundertzehn Millionen Kilometer von der Erde entfernt -entschädigen konnte. Er war ein schlanker junger Mann, den niemand für einen Raumfahrtingenieur gehalten hätte; hinter seinen blauen Augen, dem strohblonden Haar und dem unschuldigen Gesichtsausdruck verbarg sich jedoch ein scharfer Verstand mit unersättlichem Wissensdurst. Der unschuldige Gesichtsausdruck und sein Wissensdurst kamen ihm an Bord der Robert Q. gut zustatten.
Als die Robert Q. die Landeplattform der Station V erreichte, ging Vernadsky fast augenblicklich an Bord. Er merkte nicht einmal, daß der Captain sein begeistertes Grinsen nur mit saurer Miene quittierte. Für Vernadsky war jedes Schiff eine willkommene Abwechslung; er hatte sämtliche Werkzeuge zur Verfügung und konnte jedes Ersatzteil in jedes Hypertriebwerk einbauen.
Vernadsky grinste übers ganze Gesicht, während er das übliche Formular ausfüllte, das er später dem Stationscomputer eingeben würde. Er schrieb den Namen des Schiffes nieder, füllte die Spalten Zulassungsnummer, Triebwerksnummer, Feldgeneratornummer und so weiter aus, notierte den Standort (irgendein verdammter Asteroid, dessen Namen ich vergessen habe, und Vernadsky schrieb >Gürtel< als Abkürzung für >Asteroidengürtel<), den Bestimmungsort (>Erde<) und den Grund für die Zwischenlandung (>zeitweises Aussetzen des Triebwerks<). »Wie groß ist Ihre Besatzung, Captain?« fragte Vernadsky mit einem Blick auf die Schiffspapiere.
»Zwei Mann«, antwortete der Captain. »Fangen Sie gleich mit der Reparatur an? Wir haben es nämlich verdammt eilig.« Sein Auftreten verriet den Raumfahrer, der den größten Teil seines Lebens hier draußen zwischen den Asteroiden verbracht hatte.
»Klar, wird gemacht.« Vernadsky schleppte seinen Tester in den Maschinenraum. Der Captain begleitete ihn. Während Vernadsky das Hypertriebwerk testete, dachte er über den Captain nach, der trotz seiner Bartstoppeln und seiner rauhen Ausdrucksweise durchaus kultiviert wirkte. Er war sich darüber im klaren, daß manche Männer an diesem einsamen Leben Geschmack fanden - aber ob dieser Captain zu ihnen gehörte? »Welche Erze transportieren Sie?« erkundigte Vernadsky sich beiläufig. Der Captain runzelte die Stirn. »Chrom und Magnesium«, antwortete er dann.
»Tatsächlich?... An Ihrer Stelle würde ich den Jenner-Verteiler auswechseln lassen.«
»Setzt das Triebwerk deshalb aus?«
»Nein, aber der Verteiler arbeitet höchstens noch zehn Millionen Kilometer, und solange Sie einmal hier sind...«
»Okay, bauen Sie einen neuen Verteiler ein. Hoffentlich haben Sie den Fehler bald!«
»Ich gebe mir Mühe, Captain.«
Die letzte Bemerkung des Captain brachte sogar Vernadsky zum Schweigen. Er arbeitete zehn Minuten weiter und richtete sich dann auf. »Der Semireflektor ist beschlagen«, stellte er fest. »Sobald der Positionenstrahl einen bestimmten Punkt auf dem Reflektor erreicht, setzt das Triebwerk kurz aus. Wir müssen den Reflektor austauschen.« »Wie lange dauert das?« »Ungefähr zehn bis zwölf Stunden.« »Was? Wir haben uns schon verspätet und...«
»Nichts zu machen.« Vernadsky zuckte mit den Schultern. »Ich muß das Triebwerk mit Helium ausspülen, bevor ich hineinkann; das dauert ungefähr drei Stunden. Und dann muß ich den neuen Semireflektor einbauen und abgleichen, was wieder einige Stunden dauert. Ich könnte Ihr Triebwerk in einer Viertelstunde notdürftig reparieren, aber damit kämen Sie nicht einmal bis zum Mars.«
»Okay«, knurrte der Captain. »Los, fangen Sie an!«
Vernadsky schob seinen Heliumzylinder vor sich her an Bord. Der Zylinder wog buchstäblich nichts, weil der Schwerkraftgenerator der Robert Q. außer Betrieb war, aber seine Masse und Bewegungsenergie waren unverändert. Vernadsky hatte deshalb alle Hände voll zu tun und konzentrierte sich so auf diese Aufgabe, daß er eine falsche Tür öffnete und den abgedunkelten Raum betrat.
Er hatte nur Zeit für einen überraschten Ausruf, dann schoben ihn zwei Männer in den Korridor hinaus.
Vernadsky schwieg, während er den Zylinder an das Einlaßventil des Triebwerks anschloß und zuhörte, wie das Helium die radioaktiven Gase hinausspülte.
Dann konnte er seine Neugier nicht länger beherrschen und sagte: »Sie haben ein Silicony an Bord, Captain. Ein sehr großes.« »Tatsächlich?« fragte der Captain nur. Sein Gesichtsaudruck verriet nicht, was er dachte.
»Ich habe es gesehen. Darf ich es mir noch mal länger ansehen?« »Warum?«
Vernadsky sah ihn bittend an. »Hören Sie, Captain, ich sitze seit mehr als einem halben Jahr auf diesem Felsen hier. Ich habe alles über die Asteroiden gelesen, was ich erwischen konnte auch über Siliconies. Aber ich habe noch keines zu Gesicht bekommen. Seien Sie doch nicht so hartherzig!« »Tun Sie lieber Ihre Arbeit.«
»In den nächsten Stunden ist nichts zu tun«, beteuerte Vernadsky. »Warum haben Sie das Silicony überhaupt an Bord, Captain?« »Andere Leute mögen Hunde. Ich mag Siliconies.« »Kann es sprechen?«
Der Captain lief rot an. »Wie kommen Sie darauf?«
»Manche können sprechen. Manche lesen sogar Gedanken.«
»Sind Sie etwa Spezialist für diese verdammten Dinger?«
»Ich habe nur viel über sie gelesen. Kommen Sie, Captain, Sie wollten mir das Silicony zeigen.«
Vernadsky übersah geflissentlich, daß die beiden Männer jetzt wieder neben ihm standen. Er war von drei stämmigen Kerlen eingekreist, die vermutlich bewaffnet waren.
»Was ist denn?« fragte Vernadsky erstaunt. »Ich will das Ding nicht stehlen. Ich will es nur sehen.«
Vielleicht rettete ihm die erst begonnene Reparatur in diesem Augenblick das Leben. Vermutlich war es jedoch sein harmloser Gesichtsausdruck, der die anderen davon überzeugte, daß dieser junge Mann nichts Böses im Sinn hatte.
»Gut, meinetwegen«, sagte der Captain. »Kommen Sie mit.«
Und Vernadsky folgte dieser Aufforderung mit Vergnügen und klopfendem Herzen.
Vernadsky starrte das graue Tier ehrfürchtig und nur leicht angewidert an. Er hatte tatsächlich noch nie ein Silicony gesehen, aber er kannte die Tiere aus dreidimensionalen Abbildungen und Beschreibungen. Trotzdem verblüffte ihn die Wirklichkeit einigermaßen.
Die Haut des Tieres war ölig glatt und grau. Es bewegte sich langsam, wie es einem Tier zusteht, das im Fels lebt. Unter der Haut spielten keine Muskeln; statt dessen schoben sich graue Steinplatten wie Schuppen übereinander. Aus dem eiförmigen, oben abgeflachten Körper ragten sechs Beine hervor, deren scharfe Steinkanten Felsen durchbohrten und in eßbare Stücke zerkleinerten.
An der Unterseite des Tieres befand sich eine Öffnung, durch die Felsbrocken ins Körperinnere gelangten. Dort reagierten Kalkstein und hydrierte Silikate aufeinander und bildeten die Silikone, aus denen das Körpergewebe des Tieres bestand. Dabei entstehende Abfallprodukte wurden als weiße Kiesel ausgeschieden, die zunächst alle Extraterrologen verblüfft hatten, bis die Siliconies entdeckt worden waren. Die Wissenschaftler konnten sich allerdings noch nicht erklären, wie dieses Lebewesen es fertigbrachte, Silikonen die Aufgaben zu übertragen, die Proteine bei anderen Tieren zu erfüllen hatten.
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