Diesmal übertraf die Demonstration fanatischer Begeisterung alles bislang Dagewesene, und es kostete Feric volle fünf Minuten, um die immer neuen Ausbrüche von »Heil Jaggar!« zum Verstummen zu bringen, welche mit ihrer unglaublichen Stimmgewalt selbst die gigantische Rakete auf ihrem Startplatz umzustürzen drohte.
»Aber meine Volksgenossen, es gibt noch eine letzte Ruhmestat die ich bis jetzt verschwiegen habe«, fuhr er endlich fort, außerstande, ein breites Lächeln zu unterdrücken. »Ich selbst habe Zellgewebe meines Körpers für die Zucht identischer Duplikate in den Aufzuchtbehältern gespendet. Diese Rakete und jede andere, die ihr während der nächsten zehn Millionen Jahre in die weglosen Bereiche des interstellaren Raumes folgen wird, soll als Führer der Kolonistengruppe ein genetisches Duplikat meiner eigenen Person erhalten, gezogen aus meinem Fleisch und daher mein genetisches Äquivalent, durch Abstammung und Vorsehung dazu bestimmt, Menschen zu führen. So werden unsere Kolonien nicht untergehen, gleichgültig, welchen Arten von feindlichen Lebensformen sie sich unter fremden Sonnen gegenübersehen mögen, denn die Männer, welche jene subhumanen Greuel ausrotten werden, werden bestes, reinrassiges Menschenmaterial sein, geführt von meinen eigenen genetischen Ebenbildern! Es lebe Heldon! Es lebe das Hakenkreuz! Es lebe die Herrenrasse! Auf die Eroberung des Universums!«
Als das antwortende Erdbeben eines mehrfach wiederholten »Heil Jaggar!« jedes Luftmolekül erschütterte, begann der gewaltige Ring von SS-Truppen um die Rakete und Ferics Plattform zu paradieren, bei jedem Schritt die gestreckten Beine hochreißend und mit eisenbeschlagenen Stiefelabsätzen dermaßen auf den Boden schlagend, daß die Erde buchstäblich erzitterte. Schneller und schneller marschierten diese ausgezeichneten Männer in ihren engen schwarzen Lederuniformen, stießen die Stiefelspitzen immer höher, bis Plattform und Rakete von einem wirbelnden Kreis glatten schwarzen Leders umringt waren und das Universum vom Donner der Marschtritte widerhallte.
Dann rissen diese zweihunderttausend hochgewachsenen blonden SS-Zöglinge die Arme in der größten Massierung des Parteigrußes in der Geschichte empor und hielten sie ausgestreckt, während aus Millionen inbrünstiger Kehlen ein nicht endenwollendes »Heil Jaggar!« zum Himmel emporstieg.
Schneller und schneller kreisten die marschierenden Truppen um Feric, rissen ihre Beine mit ständig zunehmender Energie und Kraftentfaltung in die Höhe, als versuchten sie mit den eisenbeschlagenen Sohlen ihrer Stiefel das Himmelsgewölbe einzutreten, während das unablässig brandende »Heil Jaggar!« mit dem Rhythmus der fallenden Stiefeltritte zu einem donnernden Stakkato verschmolz, das wie von selbst mit dem Pulsschlag in Ferics Schläfen eins wurde und die Grundfesten des Universums erschütterte.
Der rhythmische Donner und die Glorie des Augenblicks erzeugten in Feric eine unglaubliche rauschhafte Freude, deren Feuer jede Zelle seines Körpers durchströmte; sein Blut pochte im Rhythmus dieser machtvollen rassischen Demonstration durch seine Adern, schneller und schneller, bis es ihm endlich schien, er müsse vor Ekstase zerbersten und in tausend Stücke auseinanderfliegen.
In diesem entscheidenden Augenblick, als er die übernatürliche Freude nicht länger ertragen konnte, betätigte er einen kleinen Schalter.
Mit ohrenbetäubendem Brüllen schoß eine prächtige Woge orangegelber Flammenglut aus der Rakete. Jede Kehle in Heldon vereinigte sich mit Ferics in einem wortlosen Aufschrei begeisterten Triumphes, als die Saat des Hakenkreuzes auf einer Feuersäule emporstieg, die Sterne zu befruchten.
Nachwort zur zweiten Auflage
Die Popularität, die Adolf Hitlers letzter Science-Fiction-Roman Herr des Hakenkreuzes in den fünf Jahren seit seinem Tod gewonnen hat, ist eine unbestreitbare Tatsache. Dem Roman wurde vom Preisgericht der Science-Fiction-Autoren und Verleger als bestem Science-Fiction-Roman des Jahres 1954 der Hugo Gernsback Award zuerkannt. Mag dieser auch eine einigermaßen zweifelhafte literarische Empfehlung sein, er würde Hitler, der während seiner ganzen Karriere in den Vereinigten Staaten unter diesen »Science-Fiction-Fans« lebte, sicherlich erfreut haben, betrachtete er sich doch als einen der ihren und ging so weit, daß er seine eigene Fan-Zeitschrift redigierte und veröffentlichte, obwohl er als berufsmäßiger Schriftsteller arbeitete.
Von größerer Bedeutung sind die Popularität des Buches und die Übernahme des Hakenkreuzmotivs und der damit geschaffenen Farben in einem so breiten Spektrum sozialer Gruppierungen und Organisationen wie der Christlichen Antikommunistischen Legion, verschieden mehr oder weniger im Gegensatz zur etablierten Gesellschaft stehenden Motorradbanden und den Amerikanischen Rittern des Bushido. Offensichtlich hat dieser Science-Fiction-Roman im zeitgenössischen nichtkommunistischen Bewußtsein eine Saite angeschlagen, die seine Anziehungskraft weit über die engen Grenzen des SF- und Fantasy-Genres hinaus wirksam werden läßt.
Auf einer rein literarischen Ebene scheint dieses Phänomen ganz unerklärlich. Herr des Hakenkreuzes wurde innerhalb von sechs Wochen unter Kontrakt mit einem Taschenbuchverleger kurz vor Hitlers Tod 1953 unter starkem Zeitdruck geschrieben. Wenn wir den Klatschgeschichten in den SF-Fanzeitschriften glauben dürfen, hatte Hitler seit mehreren Jahren unter Stimmungsschwankungen und Verhaltensstörungen gelitten, zu denen Anfälle von Gliederzittern und Ausbrüche unkontrollierbarer Wut gehörten, die häufig in unzusammenhängendem Gestammel oder aber in hochtrabend-schwülstigem Bramarbasieren endeten. Obgleich die eigentliche Todesursache eine Gehirnblutung war, scheinen diese Symptome zumindest darauf hinzudeuten, daß Komplikationen einer tertiären Syphilis eine Rolle spielten.
So wurde der literarische Fetisch der gegenwärtigen Verehrer des Hakenkreuzes und seines eigentümlichen Ehrenkodexes tatsächlich innerhalb von sechs Wochen von einem kommerziellen Schundschriftsteller geschrieben, der nie ein ernstzunehmendes literarisches Talent zeigte und der dieses Buch geschrieben haben mag, während er unter den Anfangsstadien einer Parese litt.
Man hat Hitlers Prosa eine gewisse lobenswerte Gewandtheit und Bildhaftigkeit des Ausdrucks zugesprochen, was um so mehr Beachtung verdient, als Hitler erst in seinen Erwachsenenjahren die englische Sprache erlernte. Dennoch kann man seine Beherrschung der angenommenen literarischen Sprache nicht ernsthaft mit der Meisterschaft eines Joseph Conrad vergleichen, einem Polen, der in ähnlich vorgerücktem Alter zu unserer Sprache kam. Spuren deutscher Satzstruktur und deutschen Wortgebrauches sind in seiner Prosa allenthalben zu finden.
Viele Passagen des Romans zeichnen sich zugegebenermaßen durch eine unbearbeitete Kraft der Bilder aus, die nicht ohne Faszination ist, doch scheint dies eher ein Ergebnis der Psychopathologie als von bewußter, kontrollierter literarischer Kunstfertigkeit zu sein. Wenn man Hitler besondere schriftstellerische Leistungen zubilligen möchte, dann in dieser seiner bildhaften Vorstellungskraft von im Grunde unrealistischen oder unwahrscheinlichen Szenen — vor allem in den ebenso verschwenderischen wie übertriebenen Schlachtengemälden und Metzeleien im Stil des Grand Guignol, oder den Schilderungen militärischen Schaugepränges, die das ganze Buch wie Girlanden durchziehen. Aber diese Umsetzung von Vorstellungskraft kann leicht zu Hitlers früherer Karriere als Zeitschriftenillustrator zurückverfolgt werden und wird eher hier ihre Wurzeln haben als in irgendeiner besonderen bewußten Meisterschaft des Prosastils.
Die bildliche Sprache des Romans ist wieder etwas anderes, ein Gebiet legitimen Disputs. Wie jedermann erkennen wird, der auch nur eine flüchtige, laienhafte Kenntnis menschlicher Psychologie besitzt, ist Herr des Hakenkreuzes voll von den schreiendsten phallischen Symbolismen und Anspielungen. Eine Beschreibung von Feric Jaggars magischer Waffe, dem sogenannten Großen Knüppel von Held: ›Der Schaft war aus ... Metall, volle vier Fuß lang und dick wie der Unterarm eines kräftigen Mannes ... das Kopfstück war eine mächtige Stahlfaust, die überlebensgroße Faust eines Heroen.‹ Wenn dies nicht die Beschreibung eines Fantasiepenis ist, was dann? Weiterhin deutet alles an dem Großen Knüppel auf eine phallische Identifikation von Hitlers Held Feric Jaggar und seiner Waffe hin. Der Knüppel ist nicht nur in der Form eines enormen Penis gefertigt, er ist auch die Quelle und das Symbol von Jaggars Kraft. Nur Jaggar, der Held des Romans, kann den Großen Knüppel schwingen; er ist der Phallus von maximaler Größe und Potenz, das höchste Statussymbol und Zepter der Herrschaft in mehr als einer Weise. Wenn er Stag Stopa zwingt, zum Zeichen seiner Treue das Kopfstück seiner Waffe zu küssen, erreicht der phallische Symbolismus des Großen Knüppels einen grotesken Höhepunkt.
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