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Norman Spinrad: Der stählerne Traum

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Norman Spinrad Der stählerne Traum

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Der erste Roman aus einer Parallelwelt, in der das 20. Jahrhundert einen anderen Verlauf nahm. Adolf Hitler, geb. am 20.4.1889 in Österreich, unterhielt kurz nach dem Krieg Kontakte zu einer radikal-politischen Gruppe in München, wanderte aber, von der Entwicklung enttäuscht 1919 nach New York aus. Er lernte Englisch, schlug sich als Comic Zeichner, Illustrator und Gelegenheitsübersetzer durch und gab jahrelang das Fanzine "Storm" heraus. In den 30er Jahren war er regelmäßig Mitarbeiter von Hugo Gernsback. Seine arischen Großmachtsträume fanden Niederschlag in seinem großen Epos "Der Herr des Hakenreuzes", das er kurz vor seinem Tod im Jahre 1953 vollendete. Für den Roman wurde Adolf Hitler auf dem Weltcon 1955 posthum der Hugo Gernsback Award verliehen. Norman Spinrad, Amerikaner, Jude und linksintellektueller Kritiker, hat mit dieser boshaften Satire und Hitler-Persiflage aufgezeigt, welche erschreckende Parallelen existieren zwischen dem Faschismus und Rassismus des Dritten Reiches und den zweifelhaften Produkten mancher Autoren. Der Roman, entstanden 1972, wurde 1981 in deutscher Sprache veröffentlicht, doch die erste Auflage wurde wegen "Verherrlichung nationalsozialistischen Gedankenguts" von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indiziert. Der Wilhelm Heyne Verlag kämpfte um die Freigabe des Romans, bis das Oberverwaltungsgericht Münster 1985 die Indizierung aufhob. Diese Entscheidung wurde 1987 vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt. entnommen aus: WIKIPEDIA

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Nahe der vordersten Behälterreihe hatte man anläßlich des Besuches eine Fernsehkamera aufgebaut; vor diesen zwanzig ellipsoiden Porzellanbecken standen zwanzig hochgewachsene blonde SS-Wissenschaftler in schwarzen Uniformen mit scharlachroten Hakenkreuzumhängen und schwarzen Schaftstiefeln in strammer Haltung.

Bei Ferics Eintreten riß diese Elite die Arme in zackiger Ehrenbezeigung hoch, schlug die Hacken zusammen und donnerte im Chor: »Heil Jaggar!« Feric erwiderte die Ehrenbezeigung und schritt zum Mikrophon, das gegenüber den Reihen der Aufzuchtbehälter aufgestellt worden war.

»Meine Volksgenossen«, sagte er und ließ seinen Blick über die zwanzig SS-Helden gehen, deren Augen angesichts des Geleisteten in stolzem Triumph wie polierter blauer Stahl blitzten. »Heute werden wir endlich Zeugen sein, wie die ersten Vertreter der neuen Herrenrasse voll herangewachsen aus den Aufzuchtbehältern der ersten Reproduktionswerke hervorgehen und die reguläre Massenproduktion rassereiner Herrenmenschen einleiten. Dieses hervorragende Menschenmaterial, herangezogen aus dem körpereigenen Gewebe nur der absoluten genetischen Elite der SS, wird voll erwachsen ins Leben treten, göttlich von Aussehen und mit rasiermesserscharfem Verstand. Seine Qualität ist derart, daß es nicht mehr als sechs Monate intensiver Unterweisung und Indoktrination bedarf, um seinen Platz in der SS und in der Volksgemeinschaft einzunehmen.«

Fanatisches Feuer leuchtete ihm aus den Augen der SS-Wissenschaftler entgegen; Feric begünstigte diese Männer mit einem weiteren Rundblick, ehe er fortfuhr:

»Innerhalb der nächsten sechs Monate werden zehn weitere Reproduktionswerke die Arbeit aufnehmen, und bis zum Ende des kommenden Jahres wird es zwei Dutzend Werke geben, die jährlich eine Million reinrassige Edelmenschen ausliefern werden, und nach Ablauf von fünf Jahren wird Heldon über Produktionskapazitäten verfügen, die einen jährlichen Ausstoß von erstaunlichen zehn Millionen SS-Übermenschen gestatten werden! Diese Produktionskapazitäten sollten ausreichend sein, um die bewohnbare Erde innerhalb von zwanzig Jahren mit den Angehörigen der Herrenrasse neu zu besiedeln. Heute beginnen wir diese Neubesiedlung der Erde mit den genetischen Übermenschen, deren Erschaffung ein jahrtausendealter Menschheitstraum gewesen ist. So legen wir den Grundstein zu einer Herrenrasse, die zu immer größeren Höhen genetischer Reinheit und evolutionärer Vollkommenheit aufsteigen wird, da ihre Reproduktion strikt nach den höchsten eugenischen Prinzipien unter den kontrollierten Bedingungen der Reproduktionswerke erfolgen wird, wodurch nichts den Unwägbarkeiten des Zufalls überlassen bleibt.

SS-Wissenschaftler, ich beglückwünsche Sie zu Ihrem großen Triumph eugenischer Forschung! Feldmarschall Remler, ich beglückwünsche Sie zu dem Geist selbstaufopfernden Fanatismus, den Sie jedem Mann in den Reihen der SS eingeflößt haben! Meine Volksgenossen, ich beglückwünsche Sie zu Ihrer selbstlosen Hingabe an die Sache des Hakenkreuzes und Ihrer Treue zu meiner Person! Es lebe Heldon! Es lebe das Hakenkreuz! Es lebe die Herrenrasse!«

»Heil Jaggar!« brüllten die SS-Wissenschaftler, schlugen die Absätze ihrer schwarzen Schaftstiefel zusammen und rissen die Arme in zackigem Parteigruß hoch.

Dann führten diese blonden Helden eine Kehrtwendung aus und begannen ihre Arbeit an der ersten Reihe der Aufzuchtbehälter. Die Nährlösung wurde abgelassen, die Anschlüsse entfernt und die Zuchtexemplare mittels galvanischer Schocks zum Bewußtsein erweckt.

Einige Minuten später standen zwanzig blauäugige blonde Riesen vor ihren Aufzuchtbehältern, die Gesichter strahlend in übermenschlicher Intelligenz, aber leer wie jungfräuliches Pergament.

Der Anblick dieser prachtvollen Exemplare ließ Ferics Herz höher schlagen. Jedes von ihnen teilte seine eigene mächtige Statur und die Vollkommenheit des Körperbaus und der Physiognomie, und die Intelligenz, die aus ihren Augen leuchtete, war unverkennbar. Hinter ihnen waren weitere einhundertachtzig Exemplare von nicht geringerer Vollkommenheit, die auf ihre Erweckung warteten, Tausende mehr allein in diesem Reproduktionswerk, Millionen und Abermillionen in den kommenden Jahren. Innerhalb seiner eigenen Lebensspanne würde er erleben, wie die bewohnbare Erde von der Herrenrasse Heldons bevölkert sein würde, den großartigen Hervorbringungen der SS. Und danach ...

Die Idee die Feric durch den Kopf ging überwältigte ihn mit ihrer Größe - фото 13

Die Idee, die Feric durch den Kopf ging, überwältigte ihn mit ihrer Größe.

Jeder der hochgewachsenen blonden SS-Wissenschaftler in schwarzem Leder stand neben einem nackten Riesen von einem Genotyp, der dem seinigen entsprach. Diese strahlenden SS-Helden entboten ihm nun einen stummen Parteigruß mit ausgestreckten Armen.

Zu Ferics Freude und Verblüffung imitierte die Hälfte der neuerwachten SS-Anwärter die patriotische Geste ihrer Lehrmeister mit rührend kindlicher Begeisterung. Vielleicht war es möglich, die Treue zum Hakenkreuz schon den Genen aufzuprägen!

»Mit dem heutigen Tag ist die Welt endlich und wahrhaft unser, mein Führer!« rief Remler in Begeisterung, ein Leuchten patriotischer Ekstase in den Zügen.

»In der Tat, Remler«, sagte Feric. »Und das ist nur der Anfang. Morgen werden wir die Sterne erobern!«

Niemals in der Menschheitsgeschichte hatte sich eine so große Menge an einem Ort zur gleichen Zeit versammelt. Das gewaltige Raumschiff, ein zugespitzter Zylinder aus silbrig schimmerndem Metall, erhob sich siebzig Meter hoch auf seinen Heckflossen über die Ebene des nordöstlichen Heldon. In sicherer Entfernung von den riesigen Austrittsöffnungen der Raketenmotoren war eine kleine Plattform errichtet. Auf dieser Plattform stand Feric, und umgeben war sie von einem Ring hochgewachsener, blonder SS-Zöglinge in glänzenden schwarzen Lederuniformen, so vollkommen wie sie selbst.

Zweihunderttausend identische blonde SS-Riesen aus der Retorte umringten die zentrale Säule des Raumschiffes in perfekten uniformierten Reihen, bereit, den zeremoniellen Rundmarsch zu beginnen. Jenseits dieser Formation war vielleicht eine Million weiterer SS-Zöglinge in schwarzen Lederuniformen, deren Masse sich in alle Richtungen bis hinter den Horizont erstreckte, und jenseits von diesen, außerhalb Ferics Sichtweite, waren ungezählte Hunderttausende der älteren Helder-Generation versammelt, um dem Start von ferne beizuwohnen.

Vor dem Bündel der Mikrophone auf der Plattform stehend, sah Feric sich erfüllt von einer Erregung, die in seiner ganzen Erfahrung nicht ihresgleichen hatte. Jedes Molekül seines Körpers prickelte in ekstatischer Erwartung, als er das Wort ergriff.

»Nachdem es die Erde erobert und mit einer Herrenrasse übermenschlicher Heroen bevölkert hat, deren Vollkommenheit diejenige jeder anderen Kreatur, die jemals vom seelenlosen Prozeß natürlicher Evolution geschaffen wurde, bei weitem übersteigt, unternimmt Heldon jetzt seinen ersten Schritt zu den Sternen!«

Darauf stieg aus der unübersehbaren Menge ein unglaubliches spontanes Brüllen, ein aufbrandendes Geräusch, das die Himmel herausforderte und die Erde vor Freude erzittern zu lassen schien. Aus diesem Gebrüll wurde der gewaltigste Chor von »Heil-Jaggar!«-Rufen, den die Welt je gehört hatte, und Millionen Arme hoben sich im Parteigruß, ein Wald von Armen und Händen, der Ferics Gesichtsfeld ausfüllte und seine Seele mit Glück überwältigte. Er ließ diese Demonstration volle zwei Minuten andauern, bevor er beide Arme hob, um sich Gehör zu verschaffen, denn niemand konnte leugnen, daß dieses wunderbare Volk das Recht auf diesen Jubel mehr als verdient hatte.

»In diesem Raumschiff — der am meisten fortgeschrittenen Leistung des wissenschaftlich-technischen Genies unserer Nation — befinden sich dreihundert der besten SS-Zöglinge aus den Reproduktionswerken Heldons in Tiefkühlschlaf. In diesem alterslosen Zustand werden sie die langen Jahre verbringen, die dieses Schiff benötigen wird, um die immense Entfernung bis Tau Ceti zu überwinden. Sobald das Schiff sein Ziel erreicht hat, wird die automatische Maschinerie es landen und die Kolonisten auftauen, auf daß sie hervorkommen und die Saat Heldons über das Angesicht eines weiteren Planeten ausbreiten mögen. Innerhalb von drei Jahren werden wir fünfzig solcher Schiffe jährlich starten und somit jedes Jahr fünfzig Planeten in die Domäne des wahren menschlichen Genotyps einbeziehen, nicht für die Dauer eines Jahres oder einer Dekade oder eines Jahrhunderts, sondern für alle Zeiten! Das Universum ist unendlich, und die Herrenrasse von Heldon wird sich ohne Ende durch die Sternenwelt ausbreiten und schließlich die gewaltigen Unendlichkeiten der Galaxien mit unserer edlen Art bevölkern!«

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