Bogel wurde kreidebleich, aber Feric sagte mit lauter und klarer Stimme: »Dieser Mann steht unter meinem Schutz. Außerdem habt ihr mein Ehrenwort, daß sein Stammbaum in Ordnung ist.«
»Für wen hältst du dich?« brüllte Stopa und beugte seinen massigen Oberkörper über Bogel, um Feric mit einem wild starrenden Blick zu durchbohren. »Mach deinen Mund noch mal auf, und du wirst meinen Knüppel darin finden.«
Langsam und bedächtig, ohne seinen Blick für einen Augenblick von Stopas Augen abzuwenden, erhob sich Feric zu seiner vollen Höhe, so daß die beiden einander aufrecht gegenüberstanden, die Blicke in einem Zweikampf des Willens über dem noch sitzenden Bogel ineinander gebohrt. Lange starrten Stopas blaue Augen unverwandt in Ferics, während dieser die gesammelte Energie seines unbeugsamen Willens in seinen eisenharten Blick legte. Dann erlahmte Stopas Kraft und er fühlte sich gezwungen, den Blick abzuwenden, um sich von diesem unwiderstehlichen psychischen Ansturm zu erholen.
In diesem Augenblick sagte Feric einfach: »Ich bin Feric Jaggar.«
Stopa mobilisierte seine Kräfte zu der Frage: »Wo sind deine Wertsachen, Rechtmann Jaggar?« Aber es fehlte seiner Stimme an der letzten unnachgiebigen Härte.
»Meine Brieftasche steckt im Rock, und mein Geldbeutel ist am Gürtel befestigt, wie du sehen kannst«, sagte Feric ruhig. »Dort werden sie bleiben.«
»Ich sagte dir, daß wir allen einen Gefallen tun«, sagte Stopa und hob abermals seinen Knüppel. »Wenn du keinen Beitrag zu unserer guten Sache leisten willst, mußt du eine Art von Mutant oder Bastard sein, und die Sorte bringen wir um. Also beweise uns deine Rassereinheit, indem du deine Sachen hergibst, oder wir werden Mutantenbrei aus dir machen.«
»Laß mich zuallerst sagen, daß ich deine Gefühle von ganzem Herzen billige. Ich selbst habe die Welt erst gestern von einem Dom befreit. Wir dienen der gleichen edlen Sache. In dir erkenne ich einen Burschen von meiner eigenen Art, rücksichtslos entschlossen, die genetische Reinheit Heldons mit Faust und Eisen zu schützen.«
Ferics Worte schienen Stopa zu verwirren; er musterte ihn m i t u ngewisser Miene, als könnte er im Gesicht seines Gegenübers eine Bedeutung finden, die ihm Klarheit verschaffen würde. Seine Kameraden hatten unterdessen die Wertsachen der anderen Passagiere eingesammelt und wurden jetzt ungeduldig.
»Komm schon, Stopa! Klopf ihm aufs Dach und laß uns abhauen!«
»Zertrete das großmäulige Schwein!«
Darauf fuhr Stopa wütend herum und ließ seinen schweren Knüppel in einem Bogen durch die Luft sausen. »Der nächste von euch, der das Maul aufreißt, kann seine Zähne in der Hosentasche nach Haus tragen!«
Selbst diese rohen und bärenstarken Kerle duckten sich vor Stopas Zorn.
Dieser wandte seine Aufmerksamkeit wieder Feric zu, das Gesicht noch immer gerötet, hitzigen Zorn in den Augen. »Du scheinst von einer besseren Sorte zu sein, als der Rest von diesen Würmern, Jaggar«, grollte er. »Mehr von meiner Art, und deshalb möchte ich dich wirklich nicht pulverisieren. Aber bei einem Streit mit Stag Stopa hat noch keiner gewonnen, also gib deine Sachen her und wir machen uns auf.«
Feric dachte einen Augenblick lang nach. Während der Auseinandersetzung hatte er allein nach dem Impuls seiner Instinkte gehandelt, vielleicht mit einem Gespür dafür, daß dieser Rächer in irgendeiner Weise mit seinem Schicksal verknüpft war und daß es ihm nicht dienlich sein würde, in ihren Augen als etwas anderes denn als ein Held mit eisernem Willen zu erscheinen. Nun schien es darauf hinauszulaufen, daß er entweder gegen sie alle würde kämpfen müssen, in welchem Falle sie ihn erschlagen würden, oder sein Geld aushändigen und mit seinem bescheidenen Vermögen ihren Respekt verlieren mußte. Bogel war offensichtlich in einem Maße eingeschüchtert, wo er keine Einmischung mehr wagte, nicht einmal mit dem feigen Rat zum Nachgeben. Schließlich entschied Feric sich für die äußerste Verwegenheit und fixierte Stopa mit verächtlichem Blick.
»Deine körperliche Erscheinung läßt nichts zu wünschen übrig, Stopa«, sagte er. »Deshalb hätte ich dich nicht für eine feige Memme gehalten.«
Stopas Gesicht lief dunkel an, und er knirschte mit den Zähnen. Seine Armmuskeln traten in massigen Knoten hervor.
»Du würdest es nicht wagen, mich so zu bedrohen, wenn du deine Männer nicht hinter dir, den Knüppel nicht in der Hand und mich nicht waffenlos vor dir hättest«, fuhr Feric ruhig fort. »Du weißt, daß ich dir in einem fairen Kampf mehr als ebenbürtig sein würde.«
Ein tierisches Geheul stieg von Stopas Männern auf und wandelte sich zu höhnischem Gelächter. Stopa wandte den Kopf und starrte seine Rächer finster an, doch ohne großen Erfolg. Seine Truppe war wie ein Wolfsrudel organisiert; der Anführer kommandierte nur so lange, wie er alle Neuankömmlinge besiegte. Nun, da er herausgefordert worden war, blieb seine Macht über die anderen geschwächt, bis die Angelegenheit geregelt werden konnte. Stopa selbst verstand die Situation so gut wie die anderen, zumindest auf einer instinkthaften Ebene, denn als er den Blick wieder auf Feric richtete, war eine berechnende Schläue in seinen Augen, die nicht recht zu seinen hitzig geröteten Zügen passen wollte.
»Du wagst es, Stopa herauszufordern?« brüllte er kriegerisch. »Nur ein Rächer kann den Kommandeur als ein Ebenbürtiger herausfordern. Ich lasse dir die Wahl zwischen drei Dingen, Jaggar: du gibst uns deine Wertsachen wie jeder andere Wurm hier, du wirst auf der Stelle von uns allen erschlagen, oder du unterziehst dich der Aufnahmeprüfung bei uns. Wenn du die überlebst, werden wir den Rest zwischen uns ausmachen.«
Feric lächelte breit, denn dies war genau das Ziel, welches er angestrebt hatte. »Ich werde mich eurer Aufnahmeprüfung unterziehen, Stopa«, sagte er gelassen. »Die Fahrt mit dem Dampfwagen hat meine Muskeln verkrampft; ein paar leichte Übungen könnten mir nicht schaden.«
Die Rächer beantworteten diesen tapferen Scherz mit anerkennendem Gebrüll. Sie waren gutes Menschenmaterial, brave Burschen, die nur eine feste Hand brauchten, ein leuchtendes Beispiel und ein klares Ziel, um eine Sturmtruppe von höchster Kampfmoral zu werden.
»Dann fährst du mit uns!« sagte Stopa, und es schien Feric, als ob sein Zorn Mäßigung erfahren hatte durch eine Bewunderung, wie ein alter Wolf sie einem anderen zollt, ob ihnen vom Schicksal bestimmt ist, sich im nächsten Augenblick an die Gurgeln zu fahren oder nicht.
»Mein Freund hier wird die Fahrt mitmachen«, sagte Feric mit einem Kopfnicken zu Bogel. »Er ist kein robuster Typ, und die frische Luft wird ihm guttun.«
Wieder brachen die Rächer in gutmütiges Gelächter aus, in das sogar Stopa einstimmen mußte. Bogel seinerseits sah aus, als wäre ihm nichts lieber als ein Loch, in das er sich verkriechen könnte.
»Dann nimm deinen Schoßhund mit!« sagte Stopa. »Er kann mit Karm fahren. Du, Jaggar, fährst mit mir.«
Damit schoben Stopa und seine Rächer die beiden ungestüm zum Ausgang und hinaus in die kühle Abendluft, wo der Halbkreis grollender Motorräder wartete.
Angeführt von Feric und Bogel, zog die Menge von dreißig oder vierzig aufgebrachten Heldern die Brückenstraße hinunter. Die Passanten blieben stehen, verblüfft von dem aufrüttelnden Anblick; einige der kühneren Seelen schlossen sich der Schar an. Bald hatten sie die Brücke erreicht; Feric führte die Menge darauf hinaus, in der Mitte der Fahrbahn marschierend, so daß die gesamte Breite der Brücke von stämmigen Männern gesperrt war, die Schulter an Schulter in rechtschaffenem Zorn einherschritten. »Sie sind ein erstaunlicher Redner, wer immer Sie sein mögen«, sagte Bogel, der ersichtlich Mühe hatte, es Ferics langen Schritten gleichzutun. »Die Partei der menschlichen Wiedergeburt braucht einen Mann wie Sie. Ich selbst bin leider kein mitreißender Redner.«
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