Wie es aussieht, kann ich höchstens 21 Solarmodule verstauen. Nun benötige ich noch einen Platz für die übrigen sieben. Es gibt nur eine Möglichkeit: seitlich am Rover und am Anhänger.
Vor einer Weile habe ich eine Art Satteltasche konstruiert und über den Rover gelegt. Auf einer Seite war die zusätzliche Batterie untergebracht, die ich aus dem jetzigen Anhänger ausgebaut hatte, auf der anderen Seite bildeten Steine das Gegengewicht.
Dieses Mal brauche ich die Satteltasche nicht mehr. Ich kann die zweite Batterie wieder in den Anhänger stecken, aus dem ich sie genommen habe. Das erspart mir sogar die Mühe, unterwegs eine EVA durchzuführen, um die Kabel umzusetzen. Wenn die Rover verbunden sind, teilen sie sich die Ressourcen einschließlich der Elektrizität.
Den ersten Schritt habe ich schon erledigt und die Batterie in den Anhänger eingebaut. Das hat zwei Stunden gedauert, aber jetzt ist sie nicht mehr im Weg. Die Satteltasche habe ich abgenommen und weggelegt. Unterwegs könnte sie vielleicht noch nützlich werden. Wenn mich der Mars eines gelehrt hat, dann ist es die Erkenntnis, dass früher oder später alles wichtig werden kann.
Nun waren die Seitenwände des Rovers und des Anhängers frei. Nachdem ich sie eine Weile angestarrt hatte, fand ich die Lösung.
Ich baue L-förmige Träger, die am Untergestell befestigt werden und deren Ausleger nach oben ragen. Zwei Träger pro Seite ergeben ein Regal. Auf die Regale kann ich die Solarmodule legen und an den Rover lehnen. Dann kann ich sie mit selbst geflochtenen Seilen am Rover festzurren.
Alles in allem brauche ich vier Regale: zwei am Rover und zwei am Anhänger. Wenn die Träger weit genug herausragen, um jeweils zwei Module zu tragen, kann ich insgesamt acht zusätzliche Solarzellen mitnehmen. Das wäre sogar eine mehr als ursprünglich geplant.
Morgen baue ich die Träger und bringe sie an. Ich hätte es schon heute getan, aber es wurde dunkel, und ich war faul.
Logbuch: Sol 209
Die letzte Nacht war kalt. Da die Solarzellen noch nicht wieder angeschlossen sind, musste ich die Wohnkuppel im Sparmodus belassen. Die Heizung schaltete ich zwar ein (ich bin nicht lebensmüde), aber ich stellte die Innentemperatur auf 1°C, um Energie zu sparen. Das Erwachen in der Kälte weckte Kindheitserinnerungen in mir. Schließlich bin ich in Chicago aufgewachsen.
Aber die nostalgischen Gefühle waren rasch verflogen. Ich habe mir vorgenommen, die Träger heute zu vollenden. Dann kann ich die verdammte Heizung wieder einschalten.
Ich ging zum Landegestell des MRM und suchte Baumaterial für die Regale. Der größte Teil des MRM besteht aus Kompositstoffen, aber die Landestützen müssen die Wucht der Landung abfangen. Deren Metall brauchte ich.
Ich schleppte eine Strebe in die Wohnkuppel, damit ich nicht im EVA-Anzug arbeiten musste. Die Strebe war ein dreieckiges Gitter aus Metallstreifen, die mit Bolzen befestigt waren. Ich zerlegte sie.
Zur Herstellung der Regale brauchte ich einen Hammer und … nun ja, weiter nichts. Um ein L-förmiges Stück Metall zu formen, muss man nicht besonders präzise arbeiten.
Ich brauchte Löcher, durch welche ich die Bolzen schieben konnte. Glücklicherweise war der Bohrer, der den Pathfinder auf dem Gewissen hatte, sehr gut dazu geeignet.
Anfangs war ich noch besorgt, dass es schwierig sein könnte, die Regalträger am Untergestell des Rovers zu befestigen, aber letzten Endes war es doch sehr einfach. Der Unterboden lässt sich leicht lösen. Nach etwas Bohren und Schrauben hatte ich die Träger befestigt und konnte das Ding wieder an den Rover montieren. Den gleichen Vorgang wiederholte ich beim Anhänger. Wichtiger Hinweis: Die untere Verkleidung ist kein Teil der unter Druck stehenden Kabine. Durch die Löcher, die ich gebohrt habe, kann keine Luft entweichen.
Anschließend überprüfte ich die Träger, indem ich mit Steinen daraufschlug. Derart raffinierte Testmethoden sind eine Spezialität aller interplanetarischen Wissenschaftler.
Sobald ich mich überzeugt hatte, dass die Träger nicht beim ersten Gebrauch kaputtgingen, überprüfte ich den ganzen Aufbau. Zwei Stapel mit je sieben Solarmodulen kamen auf das Dach des Rovers, noch einmal sieben auf den Anhänger, schließlich weitere zwei pro Regal. Alles passte gut.
Nachdem ich die Solarzellen verstaut hatte, machte ich eine kleine Rundfahrt, beschleunigte und bremste ab, fuhr in enger werdenden Kreisen und führte eine Notbremsung durch. Die Solarmodule rührten sich nicht.
Mann, 28 Solarzellen! Platz für eine zusätzliche Zelle!
Triumphierend stieß ich die Faust in die Luft, lud die Zellen ab und schleppte sie an den alten Platz zurück. Morgen früh will ich nicht wieder wie in Chicago aufwachen.
Logbuch: Sol 211
Ich lächle breit und selbstzufrieden. Es ist das Lächeln eines Mannes, der am Auto herumgefummelt und nichts kaputt gemacht hat.
Heute habe ich überflüssiges Zeug aus dem Rover und dem Anhänger entfernt. Dabei bin ich ziemlich aggressiv vorgegangen. Wichtig ist vor allem, in den Druckkabinen genug Platz zu haben. Je mehr Kram ich aus dem Rover räume, desto mehr Platz habe ich selbst. Je mehr Krempel ich aus dem Anhänger entferne, desto mehr Vorräte kann ich mitnehmen und desto weniger muss ich im Rover lagern.
Das Erste: Beide Fahrzeuge hatten Sitzbänke für Mitfahrer. Tschüss!
Dann: Es gibt keinen Grund dafür, dass der Anhänger ein lebenserhaltendes System braucht. Sauerstoffbehälter, Stickstofftanks, CO2-Filter … alles überflüssig. Der Rover, der genau die gleiche Ausrüstung hat, wird auch den Anhänger versorgen, und außerdem nehme ich den Regler und den Oxygenator mit. Dank der Komponenten aus der Wohnkuppel und der Systeme im Rover habe ich zwei unabhängige lebenserhaltende Systeme. Das reicht.
Dann riss ich den Fahrersitz und das Steuerpult aus dem Anhänger heraus. Der Anhänger ist über eine Kupplung mit dem Rover verbunden und wird passiv mitgezogen und mit Luft versorgt. Er braucht keine eigene Steuerung und keinen Computer. Allerdings habe ich den Computer aufgehoben. Er ist klein und leicht, daher kann ich ihn mitnehmen. Wenn der Computer des Rovers unterwegs ausfällt, habe ich ein Reservegerät.
Im Anhänger ist jetzt erheblich mehr Platz. Nun wird es Zeit für einige Experimente.
Die Wohnkuppel hat zwölf Batterien von jeweils 9 Kilowattstunden. Sie sind groß und sperrig: mehr als zwei Meter hoch, einen halben Meter breit und einen Dreiviertelmeter dick. Wenn sie größer sind, brauchen sie pro gespeicherter Kilowattstunde weniger Masse. Ja, ich weiß, das klingt unlogisch, aber sobald die NASA herausgefunden hatte, dass sie das Volumen vergrößern musste, um die Masse zu reduzieren, waren sie Feuer und Flamme. Die Masse ist der entscheidende Kostenfaktor, wenn man etwas zum Mars schicken will.
Zwei von ihnen baute ich aus. Solange ich sie vor dem Ende des Tages zurückbringe, dürfte nichts passieren. Die Wohnkuppel benutzt die Batterien vor allem in der Nacht. Als ich im Anhänger beide Türen der Luftschleuse geöffnet hatte, konnte ich die erste Batterie hineinschieben. Nachdem ich eine Weile lebensgroßes Tetris gespielt hatte, fand ich einen Weg, die erste Batterie weit genug zur Seite zu drücken, um die zweite unterzubringen. Zusammen nehmen sie den ganzen vorderen Teil des Anhängers ein. Hätte ich nicht vorher den überflüssigen Mist entfernt, dann hätte ich sie niemals beide hineinbekommen.
Die Batterie des Anhängers sitzt im Untergestell, aber die Hauptstromleitung verläuft durch die Druckkabine. Deshalb konnte ich die Batterien aus der Wohnkuppel direkt anschließen, was in dem verdammten EVA-Anzug gar keine schlechte Leistung war.
Eine Systemüberprüfung vom Rover aus verriet mir, dass ich die Verdrahtung richtig angebracht hatte.
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