Er wartete nicht, bis der Roboter sein Versteck erreichte, sondern teleportierte mit einem einzigen Sprung bis in die Randbezirke der I-13. Unter den Ringwulsten waren die Hangars. Hier wollte er die zweite Bombe verstecken.
Kaum materialisierte er, da sah er auch schon die Bewegung vor sich im Hangar. Er huschte hinter eine der Gleitschienen und legte sich platt auf den Boden, denn was er da im Halbdunkel der mangelhaften Beleuchtung ausmachen konnte, war so atemberaubend und so unwirklich, daß er den Anblick auf keinen Fall versäumen wollte.
Jumpy kannte natürlich Troptinews Bericht aus der Magellanschen Wolke. Darin waren auch jene seltsamen Lebewesen erwähnt worden, die man »Generäle« nannte. Sie schienen Verbündete der Hypnokristalle zu sein. Sie bewegten sich in dem Hangar mit einer Sicherheit, die vermuten ließ, daß sie hier so gut wie zu Hause waren.
Bewegungslos lag Jumpy hinter der Schiene und beobachtete sie.
Die Generäle waren fast quadratisch gebaute Lebewesen. Die von einer dunkelbraunen, rissigen Lederhaut bedeckten Körper maßen anderthalb mal anderthalb Meter und waren etwa fünfzig Zentimeter dick. Unten waren zwei wuchtige Beine zu erkennen, die bleich und fahl schimmerten, als bestünden sie aus blanken Knochen ohne Fleisch. Die Beine endeten in vierzehigen Füßen. Oben wuchsen aus den Körpern lange und sehr dünne Hälse, auf denen relativ kleine Kugelkopfe saßen. Jumpy konnte weder Ohren noch Nasen entdecken, aber in jedem Kopf waren zwei riesige, starr nach vorn blickende Augen. Jeder General verfügte über zwei lange, bewegliche Arme, die in siebenfingrigen Händen endeten.
Die drei Kreaturen waren unbekleidet und trugen keine Waffen.
Das aber beruhigte Jumpy keineswegs. Er spürte sogar Angst, als er die sagenhaften Wesen aus den Magellanschen Wolken beobachtete. Er fürchtete sich vor ihnen, denn Troptinew hatte nicht gerade freundliche Dinge über sie berichtet. Sie waren erbitterte Feinde der Terraner.
Wie kamen sie hier an Bord der I-13?
Und was hatten sie hier zu suchen?
Die drei Generäle gaben keinen Laut von sich, als sie die Hangarhalle durchquerten und hinter einigen Aufbauten verschwanden. Jumpy sah ihnen erleichtert nach und fühlte kein Bedauern, als er an die Bomben dachte, die in zwanzig Minuten detonieren mußten.
Die Bomben ...!
Es wurde höchste Zeit, daß er seine zweite Bombe los wurde und zu seinem Vater zurückkehrte, der immer noch von Karotten träumte.
Neben der Gleitschiene, die für den Schnellstart kleiner Jäger vorgesehen war, war ein breiter Spalt. Er war gerade breit genug, die Bombe aufzunehmen. Jumpy nahm sie vom Gürtel und schob sie in den Spalt. Er rollte sie ein wenig zur Seite, bis man sie nicht mehr sehen konnte.
Hier lag sie sicher.
Er hörte noch die sich entfernenden Schritte der drei Generäle, als er teleportierte. Allerdings nicht zurück in den Umformerraum, sondern in Richtung der Kommandozentrale. Ihm war ein Gedanke gekommen. Vielleicht gab es doch eine Möglichkeit, die zum Tode verurteilten Terraner zu retten. Es war eine geringe Chance, aber er mußte sie wahrnehmen.
Als er materialisierte und vor der Tür zum Kommandoraum stand, hörte er die typischen Geräusche von Energieschüssen. Dazwischen erklangen verzweifelte Schreie, die unzweifelhaft von Menschen stammten. Irgend etwas fiel mit dumpfen Aufschlag hin, dann war Stille. Schritte entfernten sich fremdklingende Schritte.
Nein, nicht ganz so fremd. Jumpy hatte sie vor Minuten schon einmal gehört, unten im Hangar. Es waren die Schritte von Generälen.
Eine furchtbare Ahnung überkam ihn. Die Energieschüsse, die polternden Aufschläge, die Schreie ...
Er huschte durch die Tür und blieb stehen. Er begriff, daß er nur um Minuten zu spät gekommen war, aber dann sagte er sich, daß er auch dann nicht viel hätte tun können, wenn er früher gekommen wäre.
Auf dem Boden der großen, halbrunden Zentrale lagen mindestens zwanzig Terraner, zum Teil von den Energiestrahlen bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Sie waren tot, erschossen von den unmenschlichen Generälen. Sie hatten ihren Lohn für die Dienste erhalten, die sie unfreiwillig geleistet hatten.
Die Bomben ...!
Jumpy verspürte plötzlich Befriedigung, als er an die Bomben dachte. In zehn Minuten würden sie detonieren und das Schiff mit allen an Bord befindlichen Generälen zerreißen Auch der Kristall würde ein Opfer der ungeheuren Hitzeentwicklung werden und vergehen.
Er warf einen letzten Blick auf die Leichen, ehe er zurück in den Umformerraum teleportierte. Gucky lag noch immer an der gleichen Stelle, bewegte sich aber bereits wieder. Er hatte aufgehört zu träumen.
Als Jumpy neben ihm niederkniete und ihn rüttelte, schlug er die Augen auf. Längst hatte Jumpy den Helm wieder geschlossen und das Funkgerät eingeschaltet. Gucky starrte seinen Sohn mindestens zehn Sekunden sprachlos an, dann richtete er sich auf.
»Wo kommst denn du her?« ächzte er und erschrak, als er die Bombe nicht mehr im Gürtel fand. »Ah schon wieder ganz da ... wo ist denn die Bombe?«
»Bereits untergebracht. Sie detoniert in acht Minuten ...«
Erst jetzt schien Gucky zu begreifen, was geschehen war. Er sah sich um.
»Was mache ich hier? Ich glaube, mich hat es erwischt, als ich hier materialisierte.« Er sah auf die Uhr. »Was sagst du ...? Acht Minuten? Ich muß ohnmächtig gewesen sein. Wo steckt Ras?«
»Keine Ahnung. Er ist nicht im Schiff, sonst hätte ich ihn längst aufgespürt. Vielleicht kam er nicht durch die Reste des HÜ-Schirms und ist zur Freyt zurückgesprungen. Ich habe versucht, Verbindung zu Bully herzustellen, aber die Störungen sind zu stark.«
»Und du hast deine und meine Bombe bereits gelegt? Gutes Versteck?«
»Die werden nicht gefunden. Übrigens haben die Generäle alle Terraner an Bord getötet. Diese Barbaren haben es verdient, wenn sie gleich in die Luft fliegen.«
Gucky nickte vor sich hin.
»Du bist ein tüchtiges Kerlchen, und ich bin stolz auf dich. Aber du könntest mir trotzdem einen Gefallen tun, Söhnchen.«
»Jeden, Papi.« Er zögerte. »Oder fast jeden.«
»Gut.« Gucky holte tief Luft, als fiele es ihm nicht leicht, die richtigen Worte zu finden. »Weißt du, ich habe eben Pech gehabt, daß ich gerade hier in dem Umformerraum materialisierte. Wahrscheinlich geriet ich in ein Kraftfeld. Kann jedem passieren. Ich finde, es ist nicht unbedingt notwendig, daß jeder davon erfährt, besonders Bully nicht. Der hat so eine häßliche Art, seine Freunde auf den Arm zu nehmen. Es wird deinen Ruhm nicht schmälern, wenn du ihn mit mir teilst.«
Jumpy betrachtete Gucky mit gemischten Gefühlen.
»Finde ich aber nicht gerecht, Paps. Schließlich bin ich es doch gewesen, der die beiden Bomben versteckte. Und wenn ich dich nicht hier gefunden hätte, wärest du in sechs Minuten ein toter Ilt. Was fingest du dann mit deinem Ruhm und deinen neuen Mohrrüben an?«
»Mohrrüben?« Guckys Gesichtsausdruck verriet, daß er keine Ahnung hatte, wovon Jumpy sprach. Er hatte seinen Traum längst wieder vergessen. »Wovon redest du überhaupt?«
Jumpy berichtete, was er in seinen Gedanken gelesen hatte. Er fügte stolz hinzu:
»Du siehst, meine Fähigkeiten verbessern sich. Ich bin bereits ein guter Telepath.«
Gucky erhob sich. Er schwankte noch ein bißchen.
»Ich denke, es wird höchste Zeit, daß wir von hier verschwinden. In vier Minuten verwandelt sich dieses Schiff in eine Gluthölle. Bis dahin müssen wir in der Freyt sein – oder zumindest hier 'raus.«
»Ich werde dir helfen«, erbot sich Jumpy. »Und diesmal springen wir zusammen, damit wir uns nicht noch einmal verlieren. Einen Schutzschirm hat die I-13 ja nicht mehr.«
»Das ist auch unser Glück, sonst säßen wir fest.« Gucky stand noch immer nicht sicher auf seinen Füßen. »Fühle mich noch etwas schwach. Gib mir die Hand, Kleiner. Wir haben noch zwei Minuten.«
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