„Die Konstrukteure haben das eingesehen. Da — sie rutschen schön langsam hinab!“
Aus dem Lautsprecher drang ein Chor von Pfeiftönen, leicht gedämpft, da die meisten der Geschöpfe, die sie ausstießen, sich unter Wasser aufhielten. Für einen endlos scheinenden Moment schwebten zwanzig oder mehr Walzen in der Luft, als das Heck der Kwembly auf die Gesteinsrampe rutschte, dann schlitterte das Fahrzeug ins Wasser und rollte rückwärts. Der Techni ker, der sich mit Dondragmers Plan kritisch beschäftigt hatte, verdrehte die Augen. Der Bug wippte auf und nieder, bis die Erschütterung sich verlaufen und das Gewicht sich wieder ausbalanciert hatte. Das Fahrzeug stand. Die Besatzung strömte zur Hauptluftschleuse, ohne daß sich jemand um den Kommunikatorsatz kümmerte. Easy dachte daran, den Captain zu erinnern, entschied jedoch, daß es taktvoller war, zu warten.
Dondragmer hatte das Gerät keineswegs vergessen. Als die ersten Besatzungsmitglieder aus der Schleusenflüssigkeit auftauchten, hallte seine Stimme auch schon durch die Sprechröhren.
„Kervenser! Reffel! Sofort die Seouls startklar machen. Reffel, du machst eine zehnminütige Nordostaufklärung; vorher nimmst du den Kommunikatorsatz an Bord. Kervenser, du klärst zehn Minuten lang im südwestlichen Bogen auf.
Borndender, gib mir Bescheid, wenn sämtliche Laborapparaturen wieder verladen sind.
Beetchermarlf und Takoorch, ihr kontrolliert die Trossenspannung.“
Easy und ihre Kollegen beobachteten interessiert über die Außenkamera, wie die beiden winzigen Helikopter sich aus dem auf der Rumpfoberseite liegenden Hangar erhoben; der eine entfernte sich südwärts, während der andere sich dem Kommunikatorsatz näherte und vermutlich daneben, außerhalb des Aufnahmewinkels der Kamera, landete. Das Bild schaukelte, während Reffel den Kommunikatorsatz in den Helikopter lud. Geistesabwesend schaltete Easy einen Recorder ein, da die weiteren Aufnahmen für die noch bevorstehende kartografische Arbeit vielleicht von Nutzen waren.
Dondragmer hätte es zu schätzen gewußt, den entsprechenden Bildschirm ebenfalls sehen zu können, aber ihm blieb nichts anderes übrig, als auf Reffels und Kervensers Berichte zu warten. Reffel, der den Kommunikator an Bord hatte, bemühte sich keineswegs, seine Eindrücke unverzüglich durchzugeben; sie erschienen ihm nicht dringend.
Die Aufklärungsflüge führten zu der Erkenntnis, daß die Kwembly in einem etwa fünfzehn Meilen weiten Tal stand, dessen Felsränder für Dhrawns Verhältnisse ziemlich hoch waren. Die Hänge besaßen Neigungswinkel zwischen zwanzig und dreißig Grad. Im Westen gab es keine Anzeichen für eine neue Flutwelle. Teiche wie jener, in dem die Kwembly stand, existierten nun zahlreiche im Tal. Im Osten erstreckte sich die Landschaft aus Gestein und Teichen so weit wie Reffel geflogen war. Dondragmer leitete die Informationen an den Satelliten weiter, dachte für eine Weile darüber nach und beorderte dann Reffel zurück auf seine Station.
„Kerv, du unternimmst einen zweiten Flug. Die Steuerleute werden noch stundenlang zu tun haben.
Du folgst dem westlichen Talverlauf eine Stunde lang und siehst dich um, ob irgendwo Wasser zufließt. Dafür kannst du dir drei Stunden Zeit lassen, falls du nicht vorher zu klaren Feststellungen kommst oder wegen schlechter Sicht umkehren mußt. Ich gebe die Brückenwache ab.
Richte Stakendee aus, daß er sie übernehmen soll, bevor zu startest.“
Selbst Meskliniten ermüdeten, doch Dondragmers Annahme, nun sei der richtige Zeitpunkt zum Ausruhen gekommen, war — wie Barlennan später bemerkte — eine etwas unglückliche. Als der Captain beharrte, er habe sowieso nicht das geringste tun können, widmete sein Kommandant ihm das mesklinitische Äquivalent eines verächtlichen Schnaufers und kommentierte, er hätte sich etwas ausdenken müssen. Dondragmer verzichtete auf den Hinweis, sein Versäumnis habe sich schließlich nicht als folgenschwer erwiesen; zumal er sich eingestand, daß es zuerst anders ausgesehen hatte.
Fast acht Stunden waren seit Kervensers zweitem Start verstrichen, als vor der Tür des Quartiers, das der Captain bewohnte, der Pfiff eines Matrosen erscholl. Dondragmer antwortete, und der andere faßte die neue Situation in einem knappen Satz zusammen.
„Captain, Kervenser und die Steuerleute sind noch draußen, und der Teich, in dem wir stehen, ist gefroren.“
Im Planungsbüro herrschten Ungeduld und Verwirrung, aber bisher hatte noch niemand die Nerven verloren. Ib Hoffman, vor zwei Stunden von einem einmonatigen Kurierflug zur Erde und nach Dromm zurückgekehrt, hatte praktisch noch keine Äußerung getan und sich lediglich informieren lassen. Easy, die neben ihm saß, hatte überhaupt noch nichts gesagt, doch sie spürte, daß bald etwas geschehen mußte, das die Diskussion in konstruktive Bahnen lenkte. Sich gegenseitig die Schuld zuzuschieben, vergeudete nur kostbare Zeit.
Noch hilfloser gebärdeten sich die Wissenschaftler am anderen Tischende; sie staunten noch immer darüber, daß ein Tümpel gefrieren konnte, obwohl die Temperatur gestiegen war. Falls ihr Mann nicht endlich eingriff, so beschloß sie, würde sie es tun müssen.
„Ich kenne die Argumentation, und ich akzeptiere sie nach wie vor nicht!“ schnauzte Mersereau.
„Klar, komplexere Apparaturen verlangen weniger Personal, aber auch Spezialinstrumente und für Wartung und Reparatur speziell ausgebildetes Personal. Wären die Fahrzeuge vollautomatisiert, wie einige Le ute es wünschten, befänden sich nun vielleicht bloß einhundert Meskliniten auf Dhrawn anstatt eine erste Truppe von eintausend; andererseits lägen womöglich bereits alle Fahrzeuge still, weil wir gar nicht genug Ersatzteile liefern könnten. Außerdem ist die Zahl technisch geschulter Meskliniten noch zu gering. Ich war einverstanden, Barlennan auch; es schien vernünftig. Aber du und Barlennan, ihr gingt sogar weiter. Er war gegen Helikopter; vielleicht spielte die mesklinitische Akrophobie wirklich eine Rolle dabei, doch jedenfalls sah er ein, daß die Fahrzeuge ohne Luftaufklärung in einer Stunde nur wenige Meilen würden überwinden können. Wir haben ihn überzeugt. Aber viele Ausrüstungsgegenstände waren im Gespräch, die wir gerne bereitgestellt und die sich ausgezahlt hätten; er hat sie uns ausgeredet. Keine Waffen; ich räume ein, daß sie wahrscheinlich nutzlos wären. Aber keine Funksprechgeräte? Keine Interkoms in der Basis?
Es ist reiner Blödsinn, daß Dondragmer sich mit einem sechs Millionen Meilen entfernten Satelliten in Verbindung setzen muß, um seine Meldungen an Barlennan in der Basis durch uns ausrichten zu lassen. Gewöhnlich ergaben sich nie Nachteile, da Barlennan den Fahrzeugen ohnehin nicht unmittelbare Unterstützung gewähren kann, aber jetzt ist es nachteilig, da Dons Erster Offizier in der Umgebung der Kwembly verschwunden ist. Er kann sich zehn Meilen entfernt aufhalten oder einhundert Meilen, und in der ganzen Galaxis gibt es keine Möglichkeit, mit ihm in Kontakt zu treten, weder von hier noch vom Fahrzeug aus. Warum war Bari gegen Sprechfunkgeräte, Alan? Und warum du?“
„Aus genau jenem Grund, den du soeben erwähnt hast“, antwortete Aucoin mit einer winzigen Spur von Unfreundlichkeit in der Stimme. „Das Instandhaltungsproblem.“
„Du beliebst zu scherzen. Es gibt kein Instandhaltungsproblem. Seit eineinhalb Jahren sind in der Basis und in den Fahrzeugen sechzig Kommunikatoreinheiten im Einsatz, und es hat nie auch nur das kleinste Problem gegeben. Du weißt es, und auch Barlennan muß es wissen. Außerdem, warum richten wir die Durchsagen der Fahrzeuge persönlich an die Basis aus? Eine Relaisautomatik täte es besser und schneller, und niemand kann mir einreden, daß es in diesem Satelliten Instandhaltungsprobleme mit Relaiseinheiten geben kann. Wer hält wen zum Narren?“
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