Stephen Baxter - Zeitschiffe

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Eine neue Reise durch die Zeit führt den Helden aus H. G. Wells’ »Die Zeitmaschine« in Vergangenheiten und Zukünfte, die sich als alternative Zeitströme entpuppen, die er womöglich sehr erzeugt. Der Versuch, das temporale Durcheinander zu ordnen, führt ihn zum Urknall zurück und enthüllt ihm die Geheimnisse des Multiversums… Die »offizielle Fortsetzung« des SF-Klassiker ist eine sehr lange, recht zähe und wenig originelle Hetzjagd durch die Äonen, die erst in ihrem Finale einen »sense of wonder« gewinnt und ein wenig für die aufgewendete Lesezeit entschädigt.

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Wir setzten unsere Fahrt fort, näherten uns aber sichtlich dem Ende der Reise, denn der Zug hatte mittlerweile fast auf Schrittgeschwindigkeit abgebremst. Ich sah, daß Geschäfte geöffnet hatten, aber ihre Schaufenster waren fast dunkel — ich sah Schaufensterpuppen, die mit der zweckmäßigen Bekleidung jener Tage behängt waren, und Kunden, die durch zusammengestoppelte Fensterscheiben schauten — es hatte den Anschein, als ob das Angebot an Luxusartikeln im Verlauf dieses langen und bitteren Krieges gegen Null tendierte.

Der Zug kam zum Stillstand. »Da wären wir«, verkündete Bond. »Dies ist Canning Gate: nur ein paar Minuten zu Fuß bis zum Imperial College.« Soldat Oldfield hantierte an der Waggontür — sie öffnete sich mit einem deutlich vernehmbaren Schmatzen, als ob der Luftdruck in dieser Kuppel ziemlich hoch wäre — und eine Flut aus Geräuschen schlug über uns zusammen. Ich sah weitere Soldaten, diesmal in schmucklosen olivfarbenen Infanterie-Kampfanzügen, die uns auf dem Bahnsteig erwarteten.

Also nahm ich meine geliehene Gasmaske und betrat die Kuppel von London.

Der Lärm war betäubend! — das war mein erster Eindruck. Es war, als ob ich zusammen mit Millionen anderer Leute in einer Krypta gestanden hätte. Ein Stimmengewirr, das Quietschen von Eisenbahnrädern und das Rumpeln von Straßenbahnen: all das schien sich in dieser riesigen, dunklen Kuppel zu bündeln und auf mich herabzuregnen. Es war enorm heiß — noch wärmer, als es schon im Raglan gewesen war. Ich erschnüffelte eine ganze Palette von Gerüchen, die nicht nur angenehm waren: es roch nach kochendem Essen, von Maschinen ausgestoßenem Ozon, Dampf und Öl des Zuges — und vor allem nach Menschen, die zu Millionen ein- und ausatmeten, während sie durch diese große, abgeschlossene Lufthülle wanderten.

Hier und da brannten Lichter in der Kuppel; nicht intensiv genug, um die Straßen darunter zu erhellen, aber hell genug, daß man ihren Konturen folgen konnte. Ich sah kleine Schatten dort oben, die zwischen den Lichtern hin- und herflatterten: es waren die Londoner Tauben, wie mich Filby aufklärte — sie hatten überlebt, obwohl sie nach den Jahren in der Dunkelheit jetzt natürlich ziemlich verkümmert waren — zusammen mit einigen Fledermauskolonien, die sich in manchen Bezirken unbeliebt gemacht hatten.

In einem Winkel des Daches, im Norden, lief eine projizierte Lightshow ab. Außerdem vernahm ich aus der gleichen Richtung das Echo einer verstärkten Stimme. Filby bezeichnete sie als ›Sprechmaschine‹ — ich vermutete, daß sie eine Art öffentlicher Kinematograph war —, aber sie war zu weit entfernt, als daß ich irgendwelche Details hätte ausmachen können.

Nun sah ich, daß unsere Bahnlinie grob dem Verlauf der alten Straße folgte; und dieser ›Bahnhof‹ war kaum mehr als ein Betontupfer inmitten von Canning Place. Alle Veränderungen, die in dieser neuen Welt stattgefunden hatten, signalisierten Hast, Panik und Schlampigkeit.

Die Soldaten formierten sich zu einem kleinen Quadrat um uns herum, und wir verließen den Bahnhof und gingen über Canning Place in Richtung Gloucester Road. Moses hatte die Fäuste geballt. In seinem farbenfrohen Clownskostüm wirkte er verängstigt und verletzlich in dieser rauhen Welt aus Metallepauletten und Gasmasken, und ich verspürte den Anflug eines Schuldgefühls, weil ich ihn in diese Lage gebracht hatte.

Ich schaute über De Vere Gardens zum Kensington Park Hotel hoch, wo ich in besseren Zeiten immer gespeist hatte; der Säulengang dieses Gebäudes war noch erhalten, aber die Fassade war heruntergekommen, viele der Fenster waren vernagelt, und das Hotel schien ein Teil des neuen Bahnhofs geworden zu sein.

Wir bogen in die Gloucester Road ein. Hier gingen viele Leute, und das Klingeln von Fahrradschellen war ein aufmunternder Kontrapunkt zum allgemeinen Eindruck der Depression. Unsere kleine Gesellschaft — und insbesondere Moses in seinem auffälligen Kostüm — wurde zum Gegenstand vieler Blicke, aber niemand kam uns zu nahe oder sprach uns an. Es gab hier viele Soldaten, in ähnlich dunklen Uniformen, wie sie die Besatzung des 'Nauts trug, aber zum größten Teil waren die Männer in Anzüge gekleidet, die — wenn auch ziemlich schlicht und schlecht geschnitten — selbst im Jahre 1891 nicht ungewöhnlich gewirkt hätten. Die Frauen trugen dünne Röcke und Blusen, ganz schlicht und funktionell, und das einzige, was mich schockierte, war, daß die Röcke zumeist sehr kurz geschnitten waren, so daß sie höchstens vier Zoll unter die Knie reichten. So kam es, daß ich auf wenigen Yards mehr weibliche Waden und Knöchel zu sehen bekam als in meinem ganzen bisherigen Leben! (Vor dem Hintergrund der allgemeinen Situation war dieser letztere Punkt nicht von so großem Interesse für mich; aber für Moses war er offensichtlich um einiges faszinierender, und ich fand, daß die Art und Weise, wie er hinstarrte, einem Gentleman nicht angemessen war.)

Ohne Ausnahme trugen die Fußgänger diese merkwürdigen Metallepauletten, und alle hatten selbst in dieser sommerlichen Hitze die schweren Stofftaschen mit den Gasmasken bei sich.

Ich bemerkte, daß unsere Soldaten ihre Holster geöffnet hatten und — nicht uns, sondern die um uns wogende Menschenmenge beobachteten.

Wir bogen in östlicher Richtung ab und folgten der Queen's Gate Terrace. Dies war eine Gegend von London, die mir vertraut war. Es war eine breite, elegante Straße, die von großen Terrassen gesäumt war; und ich sah, daß die Häuser durch die Zeit kaum gelitten hatten. Die Fassaden wiesen noch immer die Imitationen griechisch-römischer Verzierungen auf, die mir schon damals aufgefallen waren — Säulen mit eingemeißelten Blumenmustern und dergleichen —, und die Gehwege wurden von denselben schwarz angestrichenen Geländern begrenzt.

Bond ließ uns vor einem dieser Häuser anhalten, auf halber Höhe der Straße. Sie erklomm die Treppe zur Haustür und klopfte mit einer behandschuhten Hand dagegen; ein Soldat — ein Gefreiter im Kampfanzug — öffnete. »All diese Häuser sind vor einiger Zeit vom Luftfahrtministerium beschlagnahmt worden. Sie werden alles bekommen, was Sie benötigen — wenden Sie sich einfach an die Gefreiten — und Filby wird auch hierbleiben.«

Moses und ich tauschten Blicke. »Aber was sollen wir denn überhaupt tun?« wollte ich wissen.

»Nur Geduld«, erwiderte sie. »Machen Sie sich frisch und schlafen Sie etwas. Der Himmel mag wissen, was Ihre innere Uhr jetzt anzeigt! Ich habe Instruktionen vom Luftfahrtministerium; man ist sehr an einem Treffen mit Ihnen interessiert«, eröffnete sie mir. »Ein Wissenschaftler des Ministeriums wird Ihre Sache bearbeiten. Er wird Sie morgen aufsuchen.

Nun denn. Alles Gute — vielleicht sehen wir uns bald wieder.« Dann verabreichte sie mir und Moses einen männlichen Händedruck und zitierte den Soldaten Oldfield herbei; dann marschierten sie wieder die Mews hinunter, zwei junge aufrechte und tapfere Krieger — und keinen Deut robuster als dieses kriegsversehrte Wrack, das ich zuvor in der Kensington High Street gesehen hatte.

Das Haus auf der Queens Gate Terrace

Filby führte uns im Haus herum. Die Zimmer waren groß, sauber und hell, obwohl die Vorhänge zugezogen waren. Das Haus war gemütlich, aber schlicht möbliert, in einem Stil, der auch ins Jahr 1891 gepaßt hätte. Die wesentlichen Unterschiede bestanden im verbreiteten Einsatz neuer elektrischer Geräte, insbesondere von Leuchten und anderen Geräten wie einem großen Herd, Kühlschränken, Ventilatoren und Heizungen.

Ich ging zum Eßzimmerfenster und zog den schweren Vorhang zurück. Das Fenster war doppelverglast und am Rand mit Gummi und Leder abgedichtet — auch die Türrahmen wiesen Dichtungen auf — und draußen, an diesem englischen Juniabend, herrschte die Dunkelheit der Kuppel, unterbrochen vom entfernten Flackern der Lichtstrahlen unter dem Dach. Und unter dem Fenster fand ich eine Kiste, die durch eine Einlegearbeit getarnt war und eine Reihe Gasmasken enthielt.

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