»Was deutet darauf hin?« fragte der Präsident. Es klang eher neugierig als fordernd.
»Ihre Entscheidung, die Vereinigten Staaten anzugreifen«, sagte Anson, »eindeutig die mächtigste Nation auf der Erde.«
»Aber…«
Anson ließ sich nicht beirren: »Eindeutig die mächtigste Nation, zumindest vom Weltraum aus gesehen«, wiederholte er. »Schon die Infrastruktur: Straßen, Staudämme, Städte, Häfen, elektronische Emissionen – all das müßte ihnen zeigen, daß wir die beherrschende Nation sind.« Anson sah sich um, als erwarte er Widerspruch, aber niemand sagte etwas. »Dennoch haben sie beschlossen, hier zu landen, und allen Berichten zufolge, die hier eingegangen sind, errichten sie Verteidigungslinien um das von ihnen eroberte Gebiet – ganz als ob sie zu bleiben gedächten.«
»Das werden wir ja sehen«, brummte General Toland. Anson runzelte die Stirn.
Toland sah sich nervös um. »Wir planen einen Großangriff«, sagte er. »In etwa zwei Stunden.«
»Womit?« erkundigte sich Dr. Curtis.
Toland warf dem Autor einen mißbilligenden Blick zu.
»Es wird ein Angriff auf breiter Front sein«, sagte der Präsident. »Mr. Anson, ich stimme Ihrer Ansicht zu, daß sie bleiben wollen. Was bliebe ihnen denn anderes übrig? Ich sehe nicht, woher sie genug Raumschiffe nehmen wollen, um ihre Leute wieder von der Erde zu holen.«
»Laserstrahlen«, sagte Curtis.
Alle sahen ihn an. Achselzuckend wies er auf Anson. »Entschuldigung, Bob ist an der Reihe.«
»Das wird Dr. Curtis näher ausführen«, sagte Anson. »Wir sind uns also einig, daß sie bleiben wollen. Trotz ihrer Anfangserfolge würde es mich sehr überraschen, wenn sie annähmen, daß gleich ihr erster Angriff zum Erfolg führte. Letzten Endes werden wir die Oberhand gewinnen und sie aus Kansas hinauswerfen. Bestimmt rechnen sie damit und planen weitere Angriffe. Wahrscheinlich haben sie bereits Vorbereitungen dafür getroffen.«
»Welcher Art zum Beispiel?« fragte der Präsident.
Anson wandte sich Joe Ransom zu. »Dazu wird Mr. Ransom etwas sagen.«
»Sie haben kinetische Waffen eingesetzt«, erklärte Ransom. »Ein Raumschiff, das imstande ist, den interstellaren Raum zu überwinden, muß ein äußerst leistungsfähiges Triebwerk besitzen. Ich denke, sie werden eine DinosaurierKeule abwerfen.«
Der Präsident sah verständnislos drein, aber Joe Ransom erläuterte bereits: »Wahrscheinlich hat seinerzeit ein Asteroid von etwa neun Kilometern Durchmesser die Dinosaurier ausgerottet und den größten Teil des Lebens auf der Erde vernichtet. In Schichten toten Lehmbodens aus diesem Erdzeitalter hat man AsteroidenMaterial gefunden, und zwar auf der ganzen Welt. Es ist allerdings unerheblich, ob das stimmt oder nicht; was zählt, ist, daß die Außerirdischen bereits zahlreiche große Felsbrocken abgeworfen haben und ihnen sicher die Mittel zu Gebote stehen, einen kleinen Asteroiden zu bewegen. Es läßt sich leicht ausrechnen, wozu das führen könnte – auf der ganzen Welt.«
»Je nach der Größe des Asteroiden und dem Ort seines Auftreffens kann er praktisch alles vernichten«, ergänzte Anson. »Seismische Wellen, sogenannte Tsunamis, würden Küstenstädte zerstören. Eine Wolkendecke könnte wochen- oder monatelang endlose Nacht und unaufhörlichen Regen bewirken; sogar eine neue Eiszeit könnte ausgelöst werden.«
»Ist es denn sicher, daß sie in der Lage sind, die Erde mit Asteroiden zu bombardieren?« fragte der Präsident.
»Man könnte darauf wetten. Wenn wir nur wüßten, wie groß das Ding sein kann.«
»Fähig sind sie dazu ganz offenkundig«, sagte Anson. »Sie hocken seit fünfzehn Jahren draußen im Weltraum, bestimmt haben sie sich vorher überlegt, wie sie vorgehen wollen.«
»Aha.« Coffey nickte mit ernstem Gesicht. »Können wir etwas gegen das Ding unternehmen?« fragte Admiral Carrel. »Es zum Beispiel von seinem Ziel ablenken?«
»Wenn ich nur wüßte, wie. Die schießen doch alles ab, was wir raufschicken«, sagte Curtis.
»Was also können wir tun?« beharrte Admiral Carrell.
Anson wandte sich dem anderen Autor zu. »Darüber hat sich Dr. Curtis Gedanken gemacht. Wade…«
»Wir können sie unmöglich besiegen, solange sie den Weltraum beherrschen«, sagte Curtis. »Da oben finden sie immer etwas, das sie uns auf den Kopf werfen können. Eine Dinosaurier Keule nach der anderen. Wir müssen also unbedingt die Herrschaft über den Weltraum zurückgewinnen, und das kann uns nicht gelingen, solange die das große Mutterschiff haben.«
»Genauso sieht das die Marine auch«, sagte Admiral Carrell. »Aber eine Seestreitkraft braucht Schiffe, Dr. Curtis!«
»Orion«, sagte Curtis. »Das alte BummBumm.«
Der Präsident sah wieder verwirrt drein, und Jenny hatte den Eindruck, daß Curtis das genoß, als er sich zur Tafel wandte. Besonders häufig hat ein Autor nicht Gelegenheit, dem Präsidenten der Vereinigten Staaten eine Lektion zu erteilen.
»Denken Sie sich eine kräftige Stahlplatte«, sagte Curtis. »Groß und dick. Bilden Sie sie als Halbkugel aus, sie kann aber auch ruhig flach sein. Setzen Sie ein großes Raumschiff darauf, sagen wir, so groß wie ein Schlachtschiff. Zwischen der Platte und dem Schiff brauchen Sie eine erstklassige Schwingungsdämpfung.
Jetzt eine Atombombe unter dem Ganzen zünden. Ich garantiere Ihnen, daß sich das Ding bewegt.« Er zeichnete, während er sprach. »Damit, daß Sie unter dem Schiff eine ABombe nach der anderen zünden, kriegen Sie mehrere tausend Tonnen auf die Umlaufbahn. Je mehr Masse Sie haben, desto weniger ruckelt es.«
Admiral Carrell sah nachdenklich drein. »Und wenn das Ding erst mal oben ist…«
»Die Taktik ist einfach«, sagte Curtis. »Sie dringen damit in den Weltraum ein, suchen das Mutterschiff und greifen es mit allem an, was wir haben. Schlimmstenfalls wird gerammt.«
»Für die Besatzung ein wahres Himmelfahrtskommando«, sagte der Präsident.
»Sie werden reichlich Freiwillige finden, Sir«, sagte Ed Gillespie. »Sämtliche Astronauten vorweg.«
Stimmt. Die meisten von ihnen hatten Freunde auf dem Mondstützpunkt. Seltsam, da haben sie AWaffen eingesetzt, aber nirgendwo auf der Erde…
»Ist dies Projekt durchführbar?« fragte Admiral Carrell.
Curtis nickte. »Ja. Die Grundlagen dafür wurden in den sechziger Jahren untersucht. Man hat auch Modelle mit chemischen Sprengstoffen getestet. Nachdem die Moskauer Verträge Atomversuche in der Atmosphäre untersagten, wurde das Projekt aufgegeben. Soweit ich weiß, ist aber Michael unsere einzige Möglichkeit, rasch ein Schlachtschiff in den Weltraum zu befördern.«
»Michael?«
»Entschuldigen Sie, Mr. President. Wir haben ihm bereits einen Decknamen verpaßt. Der Erzengel Michael hat Satan aus dem Himmel vertrieben.«
»Ein durchaus passender Name. Doch unser gegenwärtiges Problem besteht darin, sie aus Kansas zu vertreiben…«
»Das wird nichts«, sagte Curtis. »Solange sie den Weltraum beherrschen, können sie landen, wo und wann immer sie wollen, und uns sind mehr oder weniger die Hände gebunden. Sir, wir müssen das Projekt Michael sofort in Angriff nehmen.«
Der Präsident dachte nach. »Vielleicht haben Sie recht«, sagte er nach einer Weile. Er wandte sich an Ed Gillespie. »General, wir haben hier ziemlich wenig Leute zur Verfügung. Ich nehme an, daß Sie gegenwärtig ohne Auftrag sind?«
»Ja, Sir.«
»Gut. Ich wünsche, daß Sie die Arbeitsgruppe für das Projekt Erzengel Michael leiten. Prüfen Sie seine Durchführbarkeit, überlegen Sie, welche Bewaffnung erforderlich ist, was für Leute Sie zum Bau brauchen, wo es gebaut werden soll und wie lange es dauern wird. Erstatten Sie Admiral Carrell Bericht, sobald Sie eine Vorstellung haben. Vielleicht können Ihnen diese Herren behilflich sein.« Er sah zu den Autoren hinüber.
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