»Ja, aber nehmen Sie seine gesamte Ausrüstung mit, und auch seine Uniform. Was hat er denn?«
»Wir haben eine RüßlerPatrouille beschossen, und sie haben Laser eingesetzt. Sein Körper ist voller Verbrennungen.«
»Wir werden uns um ihn kümmern, so gut wir können. Wenn man uns fragt, sagen wir, daß er einen Autounfall hatte. Wahrscheinlich fragen sie erst gar nicht. Solange wir ihnen die Ernte abliefern, lassen sie uns im großen und ganzen zufrieden.«
»Vermutlich haben Sie es auch nicht leicht«, sagte Carter.
»Nicht leicht? Mann Gottes! Ich könnte ja in den Busch gehen, aber was würde dann aus meiner Familie? Ich sage Ihnen, ein Mann mit vier kleinen Kindern kann sich sein Los nicht aussuchen.«
»Kann ich mir denken.«
»Aber ich gebe Ihnen einen Tip. Lassen Sie den Mann hier im Haus, und ziehen Sie sich mit Ihrem Kommando in den Busch zurück. Fünf Kilometer nördlich von hier finden Sie eine tiefe Schlucht. Da können Sie im Unterholz warten. Ich schicke Ihnen Mwubi. Mit dem müssen Sie sprechen.«
»Mwubi?«
»Der Zuluhäuptling hier. Er wird Ihnen helfen. Gehen Sie jetzt und schaden Sie den Rüßlern, wo Sie nur können! Aber bleiben Sie um Gottes willen weit fort von hier!«
Mwubi war alt, und er war schwärzer, als amerikanische Schwarze je werden. Carter schätzte ihn auf sechzig. Er hockte sich hin und fertigte auf dem Boden eine Stöckchenzeichnung an. »Hier. Kambula. Weiße Soldaten. Sie sprechen nicht englisch und nicht afrikaans. Jantji sagt, es sind Russen. Sie verstekken sich. Sie wollen kämpfen. Sie bitten Zulu um Hilfe. Einige schließen sich ihnen an.«
Russen. Sie müssen südwärts durch Moçambique gekommen sein. Ganz schön weit. »Kennst du Zulus, die kämpfen wollen?«
»Ja.«
»Bring mich zu ihnen!«
Mwubi schaukelte auf seinen Fersen vor und zurück. Schließlich erhob er sich. »Das will ich tun.«
* * *
Die Tür der Luftschleuse schwang schwerfällig nach außen, und der Gestank von Winterheim fuhr Fukertih unvermittelt in den Snnfp. Er zuckte zurück. Ein dumpfer Geruch nach unbekannten Pflanzen, ganz anders als die, die er in Kansas kennengelernt hatte, lag in der Luft. Alles wirkte leblos: die Wiederverwertung biochemischer Abfallprodukte, wie er sie von der Bote her kannte, schien es hier nicht zu geben. Über allem lag der Geruch der Beisetzungsgrube.
Untere Dienstgrade warteten hinter ihm, doch Fukertih blieb eine Weile oben an der Rampe stehen, um den Raumflughafen zu betrachten. Er war ungeheuer groß, und zwischen Streifen kurzgeschorener grüner Vegetation lagen befestigte Bahnen.
Eigentümliche geflügelte Maschinen, von Erdlingen gebaut und groß genug für eine FithpAchtschaft hoch zwei, standen an einem Ende des Feldes. Erdlinge beluden sie. Andere, von Erdlingen gelenkte Maschinen rollten über das Feld zu dem Grifflingsschiff hin, und ein ErdlingsTrupp machte sich daran, Kisten und Gepäck aus ihm auf ihre Fahrzeuge zu verladen.
Sie sind ordentlich und geschickt. Kuthfektilrasp hat sein Reich nicht allein durch Reden vergrößert. Diese Erdlinge arbeiten für uns.
Hohe dünne Säulen ragten in der Ferne auf. Aus ihrer Spitze strich Rauch. Der Wind wehte weit kräftiger, als es zur angenehmen Kühlung nötig gewesen wäre. Wasser fiel in großen Tropfen. Der Himmel war von einem sich ständig verändernden Grau, unendlich weit und fern.
Über allem hing schwach, aber unverkennbar der Geruch der Beisetzungsgrube.
Fukertih ging zur Rampe hinab, dorthin, wo Birithartjämp wartete. Sie schlangen ihre Grifflinge ineinander. »Deine Gegenwart besprengt mir den Rücken.«
»Willkommen auf meinem Gebiet, Gefährte meiner Jugend«, grüßte ihn Birithartjämp förmlich. Dann hob er seine Grifflinge. »Ich bin wahrhaft froh, dich zu sehen. Als ich hörte, du würdest herkommen, habe ich es so eingerichtet, daß ich dich selbst begrüßen konnte. Komm mit, ich will dir die Schlammräume zeigen.«
»Ich danke dir.« Sie gingen über die harte ebene Fläche. Die Schwerkraft von Winterheim zerrte an Fukertih. Der Himmel war so ungeheuer weit, erstreckte sich über Entfernungen, die er seit dem Krieg in Kansas nicht gesehen hatte. »Kann man nicht – gibt es keine Möglichkeit, die Toten zu begraben?«
Birithartjämp nahm Witterung auf. »Ich hatte es schon fast vergessen. Nach einigen Tagen merkst du den Geruch überhaupt nicht mehr. Vielleicht noch nachts, oder wenn du aus der frischen Luft der Schlammräume kommst. Wir haben in unserem Gebiet alle Toten beigesetzt, Fukertih. Außerhalb aber…« Er beschrieb mit den Grifflingen einen Bogen zum endlos fernen Horizont hinüber. »Das Meer hat so große Mengen ertränkt, daß ihre Zahl jede Vorstellung übersteigt. Wenn der Wind aus jener Richtung oder von dorther weht, ist der Geruch am stärksten. Heute ist er ziemlich schwach.«
Fukertih erschauerte.
»Er wird sich legen, spätestens nach einer oder zwei Jahreszeiten.« Sie hatten jetzt die befestigte Fläche des Raumhafens hinter sich. Ihre Füße sanken in weichen Lehm, und ein anderer Geruch erfüllte die Luft. Spiralige Pflanzen umstanden sie kniehoch. Winterblumen waren als winzige Ranken unmittelbar über dem Boden kaum sichtbar. In einem Jahr würden sie schließlich blühen.
»Du siehst, der Tod macht das Land fruchtbar. Die fliegenden Gesundheitswächter – Geier nennt man sie hier – tun ihre Pflicht, auch die Tiere, die auf Beinen laufen, sowie Würmer und Insekten. Alle erfüllen ihre Aufgabe und tragen dazu bei, daß der Garten ergrünt. Ist es nicht stets so?«
»Du sprichst wie ein Priester«, sagte Fukertih.
Birithartjämp klopfte dem Freund mit den Grifflingen auf die Schulter. »Alter Spötter! Hier ist der Schlammraum. Alle Offiziere erwarten mich bereits dort. Einer wird gleich noch nachkommen. Du kennst ihn, es ist Tshintithpitmäng.«
»Ja.« Ein Abtrünniger. Fukertih war ihm stets aus dem Weg gegangen.
»Rasch noch eine Frage: Warum bist du überhaupt hergekommen?« sagte Birithartjämp neugierig.
»Du kannst es dir sicher denken. Der Gefährte meiner Mutter möchte durch meine Nüster riechen und durch meine Grifflinge tasten. Er vertraut Kuthfektilrasp, möchte aber auch noch aus anderem Munde Informationen bekommen. Also wurde ich geschickt.«
»Gut. Das hatte ich in der Tat gehofft. Der Herr der Herde wird deine Gedanken schnüffeln und dir glauben. Wir stehen vor dem Sieg, Fukertih. Der Weg ist lang und gewunden, aber wir können ihn beschreiten – und das Reich ist endlos groß!«
Der Schlammraum machte den Eindruck einer einfachen Behelfslösung. Gewiß, ihm fehlte der durch die Rotationsschwere erzeugte Schwung, er war gestaltlos – ein bloßes Loch in der Erde, mit beheiztem Wasser angefüllt, das um- und umgerührt wurde. Aber er war doppelt so groß wie der GemeinschaftsSchlammraum auf der Bote. An seiner Rückseite stürzte unaufhörlich ein Wasserfall in ein zweites Becken.
So stellte sich ein Fi’ einen Schlammraum vor! Fukertih gab sich der wohligen Wärme hin, ruhte seine von der Schwerkraft auf Winterheim angestrengten Muskeln aus und hielt mit halbgeschlossenen Augen seinen Snnfp knapp über die Wasseroberfläche. Er war froh, aus dem stinkenden Wind heraus zu sein. »Man hat uns von einem Tier berichtet, groß, ähnlich wie ein Fi’…«
»Die Erdlinge nennen es Elefant«, sagte Birithartjämp. »Stell dir ein riesiges Fi’ mit einem einzigen Griffling vor. Sie sind wahrhaft gigantisch. Ich werde dir gelegentlich eines dieser Geschöpfe zeigen. Es hat mehr als das Achtfache deines Gewichts.«
Ungläubig schnaubte Fukertih.
»Ich verstehe deinen Zweifel, aber es stimmt.«
»Und sie sind nicht die herrschende Gattung auf diesem Planeten?«
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