Auf diese Weise können wir vielleicht den Teil der Galaxis bestimmen, der im ersten Bild dargestellt ist. Als nächstes konzentrieren wir uns auf die Nahaufnahme, jene kleine Sterngruppe: den Roten Riesen, den Doppelstern, die gelben Sonnen, die beiden blauweißen. Eine Milliarde Jahre, das ist natürlich selbst für eine Sonnenevolution eine lange Zeit. Vielleicht sind diese beiden Sterne vom O-Typ längst abgekühlt; vielleicht ist der Rote Riese inzwischen zu einem Weißen Zwerg geworden, und vielleicht ist der Weiße Zwerg vollkommen ausgebrannt. Es ist auch möglich, daß diese Sonnen sehr unterschiedliche Eigenbewegungen gehabt und sich inzwischen weit voneinander entfernt haben. Trotzdem: Für einen mit astronomischen Daten programmierten Computer sollte es nicht zu schwierig sein, die auffälligsten Vertreter jener Gruppe ausfindig zu machen, ihren Weg zurückzuverfolgen und so eine Simulation darüber herzustellen, wo sie sich vor einer Milliarde Jahre befunden haben. Mit ein bißchen Glück finden wir den Weißen Zwerg noch immer in der Nähe einer der Sonnen vor, die zur Gruppe gehört haben. Eine Expedition könnte dorthin fliegen, den Asteroiden suchen, und dann kann es kein allzu großes Problem mehr sein, die Gruft und den… Roboter… zu finden…“
Mein Schwung war dahin. Die Idee klang so absurd in meinen Ohren, daß ich nicht weitersprechen konnte. Ermattet sank ich auf meinen Platz zurück und wartete darauf, daß das Hohngelächter begann.
„Brilliant!“ rief Dr. Horkkk. Dr. Horkkk, kein Geringerer.
„Ein hervorragender Plan, Tom!“ sagte Dr. Schein.
„Einmalig!“, „Phantastisch!“, „Ausgezeichnet!“ und andere auserlesene Adjektive kamen von den anderen.
Mirrik schnaubte und brüllte enthusiastisch.
Jan strahlte mich stolz an.
Pilazinool rutschte auf seinem Platz hin und her, spielte an den Befestigungen seines linken Beins herum, als wolle er es abschrauben, überlegte es sich dann aber anders, winkte mit der Hand und bat um Aufmerksamkeit. Er sprach sehr langsam und sagte, wie sehr ihn meine Idee beeindruckt habe. Seiner Meinung nach sei es möglich, die Gruft zu finden, und er glaube, wir hätten eine ausgezeichnete Chance, daß sich der Roboter noch immer in ihrem Innern befände.
„Ich schlage vor“, sagte Pilazinool, „wir nehmen sofort Kontakt mit dem Computer eines Observatoriums auf und stellen fest, ob die Position des Asteroiden tatsächlich zu errechnen ist. Falls ja, dann spreche ich mich dafür aus, die Arbeiten hier abzubrechen und uns auf die Suche danach zu machen. Bis auf die Kugel haben wir hier überhaupt nichts entdeckt, was nicht auch schon in den anderen Fundstellen von Erhabenen-Artefakten ausgegraben worden wäre. Wir haben es hier mit einer routinemäßigen und gewöhnlichen Ausgrabung zu tun. Die Kugel aber halte ich für das erste Glied in einer Kette aus Hinweisen, die sich vielleicht über die ganze Galaxis erstreckt. Möglicherweise stellt die Gruft das zweite Glied dar. Sollen wir hierbleiben und uns weiterhin mit unseren unbedeutenden Arbeiten herumschlagen, oder machen wir uns auf, um woanders nach wichtigeren Erkenntnissen zu suchen?“
Sofort zerfielen wir wieder in einzelne Fraktionen. Die Konservativen — Saul, Mirrik und Kelly — waren dafür, hierzubleiben und die gegenwärtige Fundstelle völlig auszuschöpfen, bevor man etwas anderes in Angriff nahm. Die Romantischen — Jan, Leroy, Steen und ich — sprachen uns für Pilazinools Standpunkt aus und meinten, es sei besser, zu einer aufregenden Alles-oder-nichts-Suche quer durch die Galaxis aufzubrechen, als hier weitere zehntausend Inschriftsknoten auszugraben. 408b neigte unserer Auffassung zu, nicht aus einem romantischen Verlangen nach Abenteuer, sondern nur deswegen, weil es einen Roboter der Erhabenen in näheren Augenschein nehmen wollte. Dr. Schein schien zwischen zwei widerstrebenden Empfindungen hin und her gerissen zu sein: Er betrachtete es als unsere Pflicht, diese vielversprechende Fundstätte von Erhabenen-Artefakten bis zur letzten Schicht freizulegen, aber er sah auch die Chance, auf dem Asteroiden etwas von eminenter Bedeutung zu entdecken. Dr. Horkkk, der zuvor für die Beendigung der laufenden Arbeiten eingetreten war, schien nun aus reinem Eigensinn ganz erpicht darauf zu sein, hier weiterzumachen, aber ich spürte, daß auch er zumindest teilweise von der Möglichkeit fasziniert war, die Asteroidengruft ausfindig zu machen.
Wir versuchten nicht, zu einer Entscheidung zu gelangen. Warum einen Entschluß fassen, solange wir noch nicht einmal wissen, ob wir den Asteroiden wirklich finden können? Morgen konsultieren wir eins der großen Observatorien, und dann sehen wir weiter.
Doch als die Unterredung beendet wurde, teilten wir uns in verschiedene Gruppen auf und führten die Diskussion sofort weiter. Jan und ich sprachen mit Pilazinool, und der Shilamakka war nicht geneigt, sich verbale Bescheidenheit aufzuerlegen. Mit dieser weichen und gedrechselten und mechanischen Stimme sagte Pilazinool ganz ruhig und zuversichtlich: „Wir werden den Asteroiden finden, Tom. Und der Roboter wird noch dort sein. Und mit seiner Hilfe werden wir andere und noch erstaunlichere Dinge entdecken.“
Ein Shilamakka benutzt nur dann das Futur auf genau diese Weise, wenn er Die Offenbarung vorträgt. Wenn Pilazinool recht hat, werden wir nicht mehr lange auf Higby V bleiben.
Und Pilazinool ist darauf spezialisiert, recht zu haben.
1. Oktober 2375
Higby V
Ein paar sehr geschäftige Wochen. Wir alle haben zwei- oder dreimal so hart wie sonst gearbeitet und viele Überstunden gemacht, und aus diesem Grund habe ich in der Zwischenzeit keine Eintragung in diese für dich bestimmte Aufzeichnung gesprochen, Lorie. Mal sehen, ob ich dich mit einem einzigen, atemlosen Wortschwall auf den neuesten Stand bringen kann.
Die wichtigste Sache ist, daß wir uns inzwischen mit Haut und Haaren meiner völlig verrückten Idee verschrieben haben, die Gruft im Asteroiden zu finden.
Es geschah langsam und schrittweise, so, wie es oftmals zu umwälzenden Ereignissen kommt. Wenn man in Treibsand einsinkt, dann wird man nicht mit einem einzigen, raschen Schluck — glubb! — bis zum Grund des Sumpfes gesaugt. Nein, man sinkt langsam tiefer und glaubt zuerst, bei dem Treibsand handele es sich nur um gewöhnlichen Morast, aus dem man sich jederzeit befreien könne, wenn man nur wolle. Man glaubt, es sei ein Kinderspiel, wieder herauszukommen, wenn man nur zu dem Entschluß kommt, diesen bestimmten Sumpf eigentlich nicht durchqueren zu wollen. Plötzlich steckt man bis zu den Schienbeinen drin, und man ist ein bißchen beunruhigt, und man bewegt sich schneller, weil man annimmt, das könnte einem helfen. Aber dadurch sinkt man nur noch tiefer ein, doch man bleibt kühl und zuversichtlich. Und allmählich, wenn man bis zur Hüfte drinsteckt und langsam noch tiefer sinkt, beginnt man sich einzugestehen, daß man es nur noch schlimmer macht, wenn man dagegen ankämpft, und daß man wirklich ganz schön in der Patsche sitzt.
Erst fand ich die Kugel. Dann betrachteten wir diese faszinierenden Bilder. Besonders die Sequenz mit dem Asteroiden und der Felsgruft. Woraufhin ich vorschlug, die Gruft zu finden. Woraufhin sich Pilazinool mit seinem großen Prestige für die Suche aussprach. Woraufhin wir die Idee ernsthaft in Erwägung zogen und sie bisher so weit verwirklichten, daß wir uns die Computersimulationen besorgt haben, die ich erwähnt hatte. Und dann… und dann…
Einer der ersten Schritte auf dem Weg, uns selbst die Schlinge um den Hals zu legen, bestand darin, uns einen Telepathen vom Militärstützpunkt zu entleihen, so daß wir unsere astronomischen Daten an das Observatorium übermitteln konnten. Wir griffen nicht auf Marge Hotchkiss zurück. Ich habe Dr. Schein klargemacht, daß ihr Verhalten nicht sonderlich kooperativ ist. Dr. Schein sprach daraufhin mit dem Stützpunktkommandanten, und wir bekamen einen der anderen auf Higby V stationierten Telepathen. Vielleicht kennst du ihn: Ron Santangelo.
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