Am nächsten Tag flogen sie nach Seattle und sahen sich in Kirkland und auf Mercer Island um. Ein Objekt interessierte Lara besonders, und als sie wieder in New York waren, sagte sie zu Keller: »Dieses Objekt in Kirkland sollten wir uns sichern.«
»Wird gemacht.«
Als sie sich am nächsten Tag sahen, fragte Lara: »Hast du ein
Gebot für Kirkland abgegeben?«
Keller schüttelte den Kopf. »Irgend jemand ist uns zuvorgekommen.«
Lara zog die Augenbrauen hoch. »Schon wieder? Howard, stell bitte fest, wer uns dauernd ausbootet.«
Dafür brauchte er keine vierundzwanzig Stunden. »Steve Murchison.«
»In jedem dieser Fälle?«
»Ja.«
»Dann muß es hier im Büro eine undichte Stelle geben.«
»Sieht so aus.«
Lara Cameron nickte grimmig. Am nächsten Morgen engagierte sie einen Privatdetektiv, um der Sache auf den Grund zu gehen. Aber die Ermittlungen blieben erfolglos.
»Soweit sich feststellen läßt, ist keiner Ihrer Angestellten verdächtig, Miss Cameron. In Ihrem Büro gibt es keine Abhöranlagen, und auch Ihr Telefon ist nicht angezapft worden.«
Sie waren in eine Sackgasse geraten.
Vielleicht sind das alles Zufälle gewesen, dachte Lara. Aber sie glaubte selbst nicht daran.
Ihr Wohnturm in Queens war im Rohbau fertig, und Lara lud Vertreter der an der Finanzierung beteiligten Banken zur Besichtigung ein. Je höher die Etagennummer, desto teurer die Wohnung. In Wirklichkeit hatte Laras achtundsechzigstöckiger Bau nur neunundfünfzig Geschosse. Diesen Trick hatte sie von Paul Martin gelernt.
»So machen's alle«, hatte Paul ihr lachend erklärt. »Dazu brauchst du nur die Etagennummern zu ändern.«
»Wie macht man das?«
»Ganz einfach! Die ersten Aufzüge fahren vom Erdgeschoß in den vierundzwanzigsten Stock. Und die zweiten Aufzüge verkehren vom vierunddreißigsten bis zum achtundsechzigsten Stock. Mit diesem Trick arbeiten viele.«
Um die Gewerkschaften zufriedenzustellen, standen auf jeder Baustelle ein halbes Dutzend Phantome auf den Lohnlisten -Leute, die gar nicht existieren. Es gab einen Sicherheitsbeauftragten, einen Baukoordinator, einen Materialüberwacher und noch ein paar andere imposant klingende Titel. Anfangs hatte Lara sich nicht darauf einlassen wollen.
»Mach' dir nichts daraus, Baby«, hatte Paul ihr geraten. »Das sind einfach Betriebsausgaben.«
Howard Keller hatte ursprünglich in einem winzigen Apartment am Washington Square gehaust - bis Lara ihn einmal dort besucht hatte. Sie hatte sich umgesehen und energisch festgestellt: »In diesem Loch kannst du keinen Tag länger bleiben! Versprich mir, daß du schnellstens ausziehst!« Auf ihr Drängen war er in eine hübsche kleine Wohnanlage umgezogen.
Eines Abends arbeiteten Lara und er bis tief in die Nacht hinein, und als sie endlich fertig waren, meinte Lara: »Du siehst völlig erschossen aus. Willst du nicht heimfahren und dich ausschlafen, Howard?«
»Gute Idee«, sagte Keller gähnend. »Schön, dann bis heute früh.«
»Komm lieber etwas später«, forderte sie ihn auf.
Keller setzte sich in seinen Wagen und fuhr nach Hause. Unterwegs dachte er an das Geschäft, das sie vorhin abgeschlossen hatten, und bewunderte wieder einmal Laras Verhandlungsgeschick. Es war aufregend, mit ihr zusammenzuarbeiten. Aufregend und frustrierend. Wider besseres Wissen hoffte er noch immer, eines Tages werde ein Wunder geschehen.Verzeih mir, ich muß blind gewesen sein, Darling. Paul Martin oder Philip Adler interessieren mich nicht. Ich hab' immer nur dich geliebt!
Verdammt unwahrscheinlich.
Vor der Wohnungstür holte Keller seinen Schlüssel heraus und wollte aufsperren. Aber der Schlüssel paßte nicht ins Schloß. Als er leicht verwirrt einen zweiten Versuch unternahm, wurde plötzlich die Tür von innen aufgerissen. Vor ihm auf der Schwelle stand ein Unbekannter. »Was machen Sie da, verdammt noch mal?« knurrte der Mann.
Keller starrte ihn verständnislos an. »Ich wohne hier.«
»Erzählen Sie keine Märchen!«
»Aber ich ...« Dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. »Ich ... oh, entschuldigen Sie!« stammelte er und wurde rot. »Ichhabe hier gewohnt. Ich .«
Der Mann knallte ihm die Tür vor der Nase zu. Keller wandte sich verwirrt ab. Wie konnte er vergessen, daß er umgezogen war? Er hatte in letzter Zeit zuviel gearbeitet.
Lara Cameron war in einer Besprechung, als ihr Privattelefon klingelte. »Du bist in letzter Zeit sehr beschäftigt, Baby. Du fehlst mir sehr.«
»Ich bin ziemlich viel unterwegs, Paul.« Lara brachte es nicht über sich, ihm zu versichern, daß er ihr ebenfalls gefehlt habe.
»Gehst du heute mittag mit mir essen?«
Lara dachte an alles, was er für sie getan hatte.
»Gern«, sagte sie, denn sie wollte Paul auf keinen Fall verletzen.
Sie trafen sich zum Mittagessen in Mr. Chow's Restaurant.
»Du siehst wundervoll aus«, sagte Paul. »Was immer du getan hast, bekommt dir gut. Wie läuft der Umbau in Reno?«
»Viel besser als erwartet«, antwortete Lara. Sie verbrachte die nächste Viertelstunde damit, ihm den Baufortschritt zu schildern. »Voraussichtlich können wir schon in zwei Monaten eröffnen.«
An einem der anderen Tische stand ein Paar auf, um zu ge-hen. Obwohl der Mann Lara den Rücken zukehrte, kam er ihr irgendwie bekannt vor. Dann sah sie flüchtig sein Gesicht. Steve Murchison! Auch die Frau kam ihr bekannt vor. Als sie sich jetzt nach vorn beugte, um ihre Handtasche aufzuheben, bekam Lara plötzlich große Augen. Gertrude Meeks, ihre Sekretärin!
»Aha!« sagte sie leise.
»Irgendwas nicht in Ordnung?« fragte Paul.
»Nein, nein. Ganz im Gegenteil!«
Lara erzählte weiter von ihrem Hotel in Reno.
Sobald Lara wieder in ihrem Büro war, bat sie Keller zu sich. »Erinnerst du dich an das Grundstück in Phoenix, das wir vor ein paar Monaten besichtigt haben?«
»Yeah, wir haben's abgelehnt. Du hast gesagt, es sei maßlos überteuert.«
»Ich hab's mir anders überlegt.« Sie drückte eine Sprechtaste der Gegensprechanlage. »Gertrude, kommen Sie bitte zu mir?«
»Ja, Miss Cameron.«
Gertrude Meeks kam herein.
»Ich möchte Ihnen einen Brief diktieren«, sagte Lara. »An die Baron Brothers in Phoenix.«
Gertrude klappte ihren Stenoblock auf.
»>Gentlemen, ich habe mir die Sache mit dem Grundstück in Scottsdale anders überlegt und habe mich entschlossen, es sofort zu kaufen. Ich glaube, daß es das Potential hat, eines meiner wertvollsten Grundstücke zu werden.«« Lara ignorierte alle Versuche Kellers, ihre Aufmerksamkeit zu erregen. »>Was den Kaufpreis betrifft, setze ich mich nächste Woche wieder mit Ihnen in Verbindung. Mit freundlichen Grüßen .. .< Bringen Sie mir den Brief bitte gleich zur Unterschrift.«
»Ja, Miss Cameron.«
Keller wartete, bis die Sekretärin gegangen war, bevor er sich aufgebracht an Lara wandte. »Was soll der Unsinn, Lara? Wir
haben das Grundstück begutachten lassen. Es ist wertlos! Wenn du .« »Beruhig' dich, Howard. Wir kaufen es nicht.« »Aber warum .«
»Wenn mich nicht alles täuscht, schnappt Steve Murchison es uns vor der Nase weg. Ich habe ihn heute mittag mit Gertru-de in einem Restaurant gesehen.« Keller starrte sie verblüfft an. »Unglaublich!« »Ich möchte, daß du bis übermorgen wartest, bevor du Baron anrufst, um ihn nach dem Grundstück zu fragen.«
Zwei Tage später kam Keller übers ganze Gesicht grinsend herein. »Du hast recht gehabt!« bestätigte er. »Murchison hat prompt angebissen. Er ist jetzt stolzer Besitzer von zwanzig Hektar Ödland.«
Lara bestellte Gertrude Meeks zu sich. »Ja, Miss Cameron?« »Sie sind entlassen«, sagte Lara.
Gertrude starrte sie überrascht an. »Entlassen? Warum?« »Mir gefällt Ihr Umgang nicht. Das können Sie Steve Murchison von mir ausrichten.« Gertrude wurde blaß. »Aber ich ...« »Danke, das war's. Ich lasse Sie hinausbegleiten.«
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