Chotas zuckte mit den Schultern.»Es gibt immer Gewinner und Verlierer.«
«Wird Lambrou denn nicht mißtrauisch?«
«Nicht bei meiner Methode.«
Demiris runzelte die Stirn.»Woher weiß ich, daß du mich nicht reinlegst, wenn du schon Lambrou reinlegen willst?«
«Nichts leichter als das, mein lieber Costa. Wir vereinbaren vertraglich, daß die neue Firma mir nur unter der Bedingung gehört, daß du freigesprochen wirst. Solltest du wegen Mordes verurteilt werden, bekomme ich nichts.«
Sein Vorschlag begann Constantin Demiris zu interessieren. Er lehnte sich zurück und studierte den verkrüppelten Mann. Würde er den Prozeß absichtlich verlieren und auf Hunderte von Millionen Dollar verzichten, nur um sich an mir zu rächen? Nein, so dumm ist er nicht.»Gut«, sagte Demiris langsam.»Abgemacht.«
«Sehr vernünftig«, stimmte Chotas zu.»Du hast dir gerade das Leben gerettet, Costa.«
Und nicht nur das/dachte Demiris. Ich habe zehn Millionen Dollar so untergebracht, daß sie keiner findet.
Das Gespräch zwischen Napoleon Chotas und Spyros Lambrou war sehr schwierig gewesen. Melinas Bruder hätte Chotas beinahe hinausgeworfen.
«Ich soll aussagen, damit dieses Ungeheuer am Leben bleibt? Scheren Sie sich zum Teufel!«
«Sie wollen sich rächen. Ist es nicht so?«hatte Napoleon Chotas gefragt.
«Allerdings! Und ich bekomme meine Rache!«
«Sie kennen Costa doch. Sein Reichtum bedeutet ihm mehr als sein Leben. Wird er hingerichtet, ist sein Schmerz in wenigen Sekunden vorbei — aber wenn Sie ihm alles wegnehmen, was er besitzt, wenn Sie ihn zwingen, mittellos weiterzuleben, bestrafen Sie ihn viel härter und nachhaltiger.«
Und damit hatte der Anwalt recht. Demiris war der geldgierigste Mann, dem Spyros je begegnet war.»Sie sagen, daß er bereit ist, mir alles zu überschreiben, was er besitzt?«
«Alles. Seine Flotte, seine Gesellschaften, seine Immobilien, sein gesamtes Vermögen.«
Das war eine gewaltige Versuchung.»Lassen Sie mich darüber nachdenken. «Lambrou beobachtete, wie der Anwalt seinen Rollstuhl hinauslenkte. Armer Teufel! Was hat der noch vom Leben?
Nach Mitternacht erreichte Napoleon Chotas ein Anruf von Spyros Lambrou.»Der Handel gilt.«
Die Presse überschlug sich beinahe. Constantin Demiris stand nicht nur wegen Mordes an seiner Frau vor Gericht, sondern wurde noch dazu von einem von den Toten Auferstandenen verteidigt — von dem brillanten Strafverteidiger, der in seinem bis auf die Grundmauern niedergebrannten Haus umgekommen sein sollte.
Die Verhandlung fand im selben Saal statt wie der Prozeß gegen Noelle Page und Larry Douglas. Constantin Demiris saß aufrecht und unnahbar auf der Anklagebank. Neben ihm hockte Napoleon Chotas zusammengesunken in seinem Rollstuhl. Der Anklagevertreter war der Sonderermittler der Staatsanwaltschaft, Delma.
Zu Prozeßbeginn wandte Delma sich an die Geschworenen.
«Meine Damen und Herren Geschworenen! Constantin Demiris gehört zu den mächtigsten Männern der Welt. Seinem gewaltigen Vermögen verdankt er zahlreiche Privilegien. Aber eines kann es ihm nicht verschaffen: das Recht, einen kaltblütigen Mord zu verüben. Dieses Recht besitzt kein Mensch. «Sein Blick streifte Demiris.»Die Anklage wird zweifelsfrei beweisen, daß Constantin Demiris des brutalen Mordes an seiner Frau, die ihn geliebt hat, schuldig ist. Ich bin davon überzeugt, daß am Ende der Beweisaufnahme nur ein einziges Urteil möglich sein wird: schuldig wegen Mordes. «Er ging an seinen Platz zurück.
Der Vorsitzende Richter wandte sich an Napoleon Chotas.»Ist die Verteidigung bereit, ihr Eröffnungsplädoyer zu halten?«
«Ja, Hohes Gericht. «Chotas lenkte seinen Rollstuhl vor die
Geschworenenbank. Er sah das Mitleid auf den Gesichtern der Männer und Frauen, die sich bemühten, über sein entstelltes Gesicht und seinen verkrüppelten Körper hinwegzusehen.»Gegen Constantin Demiris wird hier nicht verhandelt, weil er reich und mächtig ist. Oder vielleicht ist er wegen dieser Eigenschaften vor die Schranken dieses Gerichts gezerrt worden. Die Schwachen sind stets bemüht, die Starken zu stürzen, nicht wahr? Herr Demiris ist vielleicht schuldig, reich und mächtig zu sein — aber eine Tatsache werde ich zweifelsfrei beweisen: Er ist nicht schuldig, seine Frau ermordet zu haben. «Der Prozeß hatte begonnen.
Staatsanwalt Delma hatte Kriminalinspektor Theophilos in den Zeugenstand gerufen.
«Würden Sie uns bitte schildern, was Sie beim Betreten des Strandhauses gesehen haben, Inspektor?«
«Der ganze Raum war verwüstet. Lampen, Sessel, Tische und andere Möbelstücke waren umgestürzt.«
«Als ob dort ein heftiger Kampf stattgefunden hätte?«
«Ganz recht. Als ob dort eingebrochen worden wäre.«
«Am Tatort haben Sie ein blutiges Messer gefunden, nicht wahr?«
«Ja, das stimmt.«
«Und an diesem Messer haben sich Fingerabdrücke feststellen lassen?«
«Richtig.«
«Wessen Fingerabdrücke?«
«Die des Angeklagten. «Die Blicke der Geschworenen gingen zu Constantin Demiris.
«Was haben Sie bei der Durchsuchung des Hauses sonst noch entdeckt?«
«Auf dem Boden eines Kleiderschranks haben wir eine blutbefleckte Badehose mit dem Monogramm des Angeklagten gefunden.«
«Kann sie nicht schon längere Zeit dort gelegen haben?«
«Nein. Sie war noch feucht vom Meerwasser.«
«Ich danke Ihnen.«
Nun war Napoleon Chotas an der Reihe.»Inspektor Theophilos, Sie haben Gelegenheit gehabt, persönlich mit dem Angeklagten zu sprechen, nicht wahr?«»Ja, das stimmt.«
«Wie würden Sie ihn physisch beschreiben?«
«Hmmm…» Der Kriminalbeamte sah zu Demiris hinüber.»Als großen Mann.«
«Hat er stark ausgesehen? Körperlich, meine ich.«
«Ja.«
«Also kein Mann, der einen Raum auf den Kopf stellen müßte, um seine Frau zu ermorden?«
Delma sprang auf.»Einspruch!«
«Stattgegeben. Der Herr Verteidiger stelle dem Zeugen bitte keine Suggestivfragen.«
«Ich bitte um Verzeihung, Hohes Gericht. «Chotas wandte sich erneut an den Kriminalbeamten.»Haben Sie bei Ihrem Gespräch mit Herrn Demiris den Eindruck gewonnen, er sei ein intelligenter Mensch?«
«Ja, denn so reich wie er wird man nur, wenn man verdammt clever ist.«
«Ich bin ganz Ihrer Meinung, Inspektor. Und das wirft eine sehr interessante Frage auf: Wie könnte ein Mann wie Constantin Demiris dumm genug sein, einen Mord zu verüben und am Tatort ein Messer mit seinen Fingerabdrücken und eine blutbefleckte Badehose mit seinem Monogramm zurückzulassen… Würden Sie das nicht auch als wenig intelligent bezeichnen?«
«Nun, in der Hitze eines Verbrechens tun Menschen manchmal seltsame Dinge.«
«Die Polizei hat einen goldfarbenen Knopf von einer Jacke gefunden, die Herr Demiris getragen haben soll, nicht wahr?«
«Ja, das stimmt.«
«Und dieser Knopf gehört zu den wichtigsten Beweisen gegen Herrn Demiris. Die Polizei glaubt, seine Frau habe ihm den Knopf während eines Kampfes abgerissen, als er sie ermorden wollte?«
«Richtig.«
«Wir haben es hier mit einem Mann zu tun, der sich stets sehr elegant kleidet. Von seiner Jacke wird ein Knopf abgerissen, aber er merkt nichts davon. Er trägt diese Jacke auf der Heimfahrt, ohne den fehlenden Knopf zu bemerken. Dann zieht er die Jacke aus und hängt sie in den Kleiderschrank — und merkt noch immer nicht, daß ein Knopf fehlt. Schwer zu glauben, nicht wahr?«
loannis Katelanos befand sich im Zeugenstand. Der Besitzer des Detektivbüros genoß seinen Auftritt im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit sichtlich. Delma befragte den Zeugen.
«Sie sind der Besitzer eines Detektivbüros?«
«Ja, Herr Staatsanwalt.«
«Und Frau Demiris ist einige Tage vor ihrer Ermordung zu Ihnen gekommen?«
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