Роберт Ладлэм - Die Borowski-Herrschaft

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Im Hinterzimmer eines Hongkonger Nachtlokals werden fünf Leichen aufgefunden. Einer der Ermordeten ist der Vizepräsident der Volksrepublik China, der sich inkognito in der Stadt aufhält. Offensichtlich haben politische Hintergründe die Tat bestimmt. Eine Tatsache jedoch gibt den Geheimdiensten Rätsel auf: In einer Blutlache hat der Killer mit dem Finger den Namen »Borowski« gemalt. Aber Borowski ist lange tot. US-Geheimagent David Webb hat ihn am Ende des Vietnamkrieges erschossen -oder hatte sich Webb, hatten sich damals alle geirrt ...?_

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»Wie ich schon sagte«, meinte McAllister leise und etwas zögernd, »wir halten im Außenministerium nicht viel davon, alte Wunden aufzureißen.« Er wandte sich dem Botschafter zu. »Ich fange an zu begreifen. Sie wollen, daß ich Verbindung mit diesem David Webb aufnehme und ihn dazu überrede, nach Asien zurückzukehren. Ein anderes Projekt, ein anderes Ziel -obwohl ich vor heute abend dieses Wort nie in diesem Zusammenhang benutzt habe. Wahrscheinlich weil es für uns von früher einige ganz deutliche Parallelen gibt - wir sind Asien-Männer. Wir haben, was den Fernen Osten angeht, ähnliche Ansichten, und deshalb glauben Sie, daß er auf mich hören wird.«

»Im wesentlichen ja.«

»Und doch sagen Sie, daß er nichts mit uns zu tun haben will. Wie soll ich es dann schaffen?«

»Wir werden es gemeinsam tun. So wie er einmal die Regeln für sich selbst gemacht hat, werden wir sie jetzt machen. Das ist unerläßlich.«

»Wegen eines Mannes, den Sie tot wissen wollen?«

»Sagen wir eliminiert. Es muß sein.«

»Und Webb kann das erledigen?«

»Nein. Jason Borowski kann es. Wir haben ihn drei Jahre lang unter außergewöhnlichem Streß alleine hinausgeschickt - und dann wurde ihm plötzlich sein Erinnerungsvermögen genommen, und er wurde gejagt wie ein Tier. Trotzdem hat er sich seine Fähigkeiten, sich einzuschleusen und zu töten, bewahrt. Ich bin ganz offen.«

»Ich verstehe. Da wir nicht auf Band aufgenommen werden -und selbst, wenn wir das werden -« Der Staatssekretär warf Reilly einen mißbilligenden Blick zu, worauf dieser den Kopf schüttelte und die Achseln zuckte. »Darf ich erfahren, wer die Zielscheibe ist?«

»Das dürfen Sie, und ich möchte, daß Sie sich diesen Namen merken, Herr Staatssekretär. Es ist ein chinesischer Minister, Sheng Chou Yang.«

McAllisters Gesicht rötete sich ärgerlich. »Ich brauche ihn mir nicht zu merken, und ich denke, das wissen Sie. Er war so etwas wie eine Institution in der Verhandlungsdelegation der Volksrepublik, und wir haben beide Ende der siebziger Jahre in Peking an den Handelskonferenzen teilgenommen. Ich habe über ihn gelesen, ihn analysiert. Sheng war mein Verhandlungspartner, und mir blieb gar nichts anderes übrig -eine Tatsache, die Ihnen, wie ich vermute, auch bekannt ist.«

»Oh?« Der grauhaarige Botschafter schob die dunklen Augenbrauen in die Höhe. »Und welche Erkenntnisse haben Sie bei Ihrer Lektüre gewonnen? Was haben Sie über ihn in Erfahrung gebracht?«

»Er galt als sehr intelligent, sehr ehrgeizig - aber das können wir ja auch aus seinem Aufstieg in der Hierarchie von Peking entnehmen. Leute, die das Zentralkomitee vor einigen Jahren ausschickte, haben ihn in der Fudan-Universität in Shanghai entdeckt. Zunächst ging es wohl nur darum, daß er sich so fließend in Englisch ausdrücken konnte und ein sehr klares Bild von der westlichen Wirtschaft hatte.«

»Und dann?«

»Er galt als vielversprechend und wurde daher nach einer gründlichen Indoktrinierung auf die London School of Economics geschickt, um dort sein Studium abzuschließen. Das hat auch geklappt.«

»Was wollen Sie damit sagen?«

»Sheng ist überzeugter Marxist, soweit es um den Staat als zentralistische Gewalt geht, hat aber gesunden Respekt vor kapitalistischen Profiten.«

»Ich verstehe«, sagte Havilland. »Dann akzeptiert er also das Versagen des Sowjet-Systems?«

»Dieses Versagen schreibt er der russischen Neigung zur Korruption, dem gedankenlosen Konformismus in den oberen Rängen und dem Alkohol in den unteren Rängen zu. Immerhin hat er ein gut Teil dieser Probleme in den Industriezentren beseitigt.«

»Das klingt ja gerade, als hätte er seine Ausbildung bei IBM bekommen, nicht wahr?«

»Er ist weitgehend für die neue Handelspolitik der Volksrepublik verantwortlich. Er hat für China eine Menge Geld gemacht.« Wieder beugte sich der Mann aus dem Außenministerium in seinem Sessel vor, seine Augen blickten eindringlich, und sein Gesichtsausdruck war verwirrt - besser gesagt, erschüttert. »Mein Gott, warum sollte irgend jemand im Westen Shengs Tod wollen? Das ist absurd! Er ist unser wirtschaftlicher Verbündeter, ein politisch stabilisierender Faktor in der größten Nation der Welt, die sich ideologisch gegen uns stellt! Durch ihn und Männer seiner Art haben wir gewisse Kompromisse erreicht. Ohne ihn besteht, ganz gleich, welchen Kurs China einschlagen wird, das Risiko einer Katastrophe. Ich verstehe wirklich etwas von China, Herr Botschafter, und ich wiederhole: Was Sie hier andeuten, ist absurd. Ein Mann Ihrer Erfahrung sollte das als erster erkennen.«

Der alternde Diplomat sah McAllister scharf an, und als er schließlich zu sprechen begann, wählte er seine Worte sorgfältig. »Vor wenigen Augenblicken waren wir an den Kern der Sache gekommen. Ein ehemaliger Beamter im auswärtigen Dienst namens David Webb wurde aus einem bestimmten Grund Jason Borowski. In ähnlicher Weise ist Sheng Chou Yang nicht der Mann, den Sie kennen; nicht der Mann, den Sie als Verhandlungspartner studiert haben. Er ist aus einem ganz bestimmten Zweck jener Mann geworden.«

»Wovon sprechen Sie?« verteidigte sich McAllister. »Alles, was ich über ihn gesagt habe, ist festgehalten - in amtlichen Akten -, wovon die meisten streng geheim sind, oberste Geheimhaltungsstufe.«

»Wirklich?« fragte der ehemalige Botschafter müde. »Weil ein Stempel auf Beobachtungen von Männern gedrückt wurde, die keine Ahnung haben, wo diese Aufzeichnungen herkamen? Es gibt sie, und das ist genug? Nein, Herr Staatssekretär, das reicht nicht - das reicht niemals.«

»Sie verfügen offenbar über Informationen, die ich nicht habe«, sagte der Mann aus dem Außenministerium kühl. »Falls es stimmt. Der Mann, den ich beschrieben habe - der Mann, den ich kannte -, ist Sheng Chou Yang.«

»So wie der David Webb, den wir Ihnen beschrieben haben, Jason Borowski war? Bitte, werden Sie nicht ärgerlich; ich mache hier keine Scherze. Es ist nur wichtig, daß Sie verstehen. Sheng ist nicht der Mann, den Sie kannten. Er war es nie.«

»Wen habe ich dann gekannt? Wer war der Mann, der mir bei diesen Konferenzen gegenübersaß?«

»Er ist ein Verräter, Herr Staatssekretär. Sheng Chou Yang ist ein Verräter an seinem Land. Und wenn sein Verrat aufgedeckt wird - und das wird er ganz bestimmt -, wird Peking die freie Welt dafür verantwortlich machen. Die Folgen eines solchen zwangsläufigen Irrtums sind unvorstellbar. Aber an dem Ziel, das er verfolgt, gibt es keinen Zweifel.«

»Sheng ... ein Verräter? Das glaube ich Ihnen nicht! Man verehrt ihn in Peking! Eines Tages wird er Vorsitzender sein.«

»Dann wird China von einem nationalistischen Eiferer beherrscht werden, dessen ideologische Wurzeln in Taiwan zu suchen sind.«

»Sie sind verrückt- absolut verrückt! Augenblick - Sie sagten, er habe ein Ziel - >an dem Ziel, das er verfolgt, gibt es keinen Zweifele, haben Sie gesagt.«

»Er und seine Leute haben die Absicht, in Hongkong die Macht zu ergreifen. Er bereitet im geheimen einen wirtschaftlichen Blitzkrieg vor und will, daß der ganze Handel, alle Banken dort unter die Kontrolle einer >neutralen< Kommission gestellt werden, die von Peking gebilligt wird - und das heißt, von ihm. Als Instrument dazu will er den britischen Vertrag benutzen, der 1997 ausläuft, und seine Kommission soll ein angeblich vernünftiges Vorspiel zur Annexion, zur völligen Kontrolle sein. Und das wird geschehen, wenn die Straße für Sheng frei ist; wenn es keine Hindernisse mehr gibt, die ihm im Wege liegen. Wenn sein Wort das einzige Wort ist, das in Wirtschaftsfragen zählt. Und das könnte schon in ein oder zwei Monaten sein. Oder nächste Woche.«

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