Roald Dahl - Hexen hexen

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Im Märchen haben Hexen immer alberne schwarze Hüte auf, tragen schwarze Umhänge und reiten auf dem Besen. Diese Geschichte ist jedoch kein Märchen. Sie handelt von echten Hexen... echte Hexen tragen ganz normale Kleider und sehen auch wie ganz normale Frauen aus. Sie wohnen in normalen Häusern, und sie üben ganz normale Berufe aus. Deshalb ist es so schwer, sie zu erwischen.»

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«Eine Maus!», schrien sie. «Eine Maus! Eine Maus! Schnell, fangt sie!»

Ich prallte auf den Boden, sprang sofort auf und rannte um mein Leben. Überall um mich herum waren diese großen schwarzen Stiefel und traten zu und knallten auf die Kacheln und ich wieselte zwischen ihnen hindurch und rannte und rannte und drehte und wendete mich und schlug Haken und flitzte quer über den Küchenboden.

«Fangt sie!», riefen sie. «Erschlag sie! Tritt doch drauf!»

Der ganze Fußboden schien voll von schwarzen Stiefeln zu sein, die mich tottreten wollten, und ich duckte mich und drehte mich und hüpfte und sprang und schnellte hin und her und machte wilde Sätze und dann, aus reiner Verzweiflung und ohne dass ich wusste, was ich tat, nur um ein Plätzchen zu finden, wo ich mich verbergen konnte, fuhr ich einem der Köche in das Hosenbein und klammerte mich an seiner Socke fest.

«He!», schrie der Koch. «Verflixt noch einmal! Jetzt ist sie mir in die Hose gesaust! Wartet, Jungs! Jetzt werden wir sie aber haben!»

Die Hände des Mannes begannen mit aller Kraft gegen das Hosenbein zu schlagen, und wenn ich jetzt nicht flink war, konnte ich wirklich zermalmt werden. Ich hatte nur einen einzigen Fluchtweg und der führte nach oben. Ich grub meine kleinen Krallen dem Mann in seine behaarten Beine und krabbelte nach oben, immer höher, die Wade entlang, durch die Kniekehle und dann zur Hüfte hinauf.

Heiliges Kanonenrohr heulte der Mann Sie kommt mir ganz rauf Sie läuft - фото 60

«Heiliges Kanonenrohr!», heulte der Mann. «Sie kommt mir ganz rauf. Sie läuft mein Bein rauf!» Ich hörte, wie die anderen Köche vor Vergnügen schrien und wieherten, aber ich schwöre euch, mir war nicht im Geringsten zum Kichern zumute. Ich krabbelte um mein Leben. Die Hände des Mannes klopften und trommelten hinter mir her, und er machte Luftsprünge, als ob er barfuß auf heißen Ziegelsteinen stünde, und ich kletterte immer weiter und wich so gut wie möglich aus und hatte ziemlich bald das Ende des Hosenbeins erreicht, und da ging es nicht mehr weiter.

«Hilfe! Zur Hilfe!», kreischte der Mann. «Jetzt sitzt sie in meiner Unterhose! Sie rennt in meiner verdammten Unterhose herum! Holt sie doch raus! Hilf mir doch jemand, damit sie da wieder rausgeht!»

«Lass doch deine Hose runter, du Torfkopf!», rief jemand anders. «Und dann zieh deine Unterhose aus, dann werden wir sie schon erwischen!»

Ich steckte jetzt genau in der Mitte der Männerhose an der Stelle wo die - фото 61

Ich steckte jetzt genau in der Mitte der Männerhose, an der Stelle, wo die beiden Hosenbeine zusammenstoßen und wo der Reißverschluss beginnt. Es war hier drinnen finster und scheußlich heiß. Ich wusste aber, dass ich weiter musste. Ich stürzte mich also wieder weiter und fand den Anfang des anderen Hosenbeines. Ich rutschte wie ein geölter Blitz durch die Röhre, purzelte unten heraus und fand mich wieder auf dem Fußboden. Ich hörte, wie der dämliche Koch immer noch schrie: «Sie steckt in meiner Hose! Holt sie raus! Bitte, bitte!

Kann mir nicht jemand helfen und sie rausholen, ehe sie mich beißt!»

Ich erhaschte noch einen flüchtigen Blick auf die gesamte Küchenbrigade, die sich um ihn drängelte und sich halb totlachte, und keiner sah die kleine braune Maus, die über den Kachelboden huschte und in einen Sack mit Kartoffeln sprang.

Ich buddelte mich zwischen den schmutzigen Kartoffeln ein und hielt die Luft an.

Der Koch musste angefangen haben, seine Hosen auszuziehen, denn jetzt brüllten sie alle durcheinander: «Da ist ja gar nichts! Da steckt nichts drin! Du hast ja gar keine Mäuse, du mickriger Mäusemelker!»

«Aber da ist eine gewesen! Ich schwör's euch, da war eine!», schrie der Mann zurück. «Ihr habt ja noch nie eine Maus in der Hose gehabt. Ihr habt ja keine Ahnung, was das für ein Gefühl ist!»

Die Tatsache, dass ein so winziges Wesen, wie ich es war, eine ganze Mannschaft von erwachsenen Männern so in Aufruhr versetzen konnte, erfüllte mich mit einem wohligen Glücksgefühl. Trotz der Schmerzen, die ich in meinem Schwanz hatte, musste ich schmunzeln.

Ich blieb, wo ich war, bis ich sicher sein konnte, dass sie mich vergessen hatten. Dann wühlte ich mich wieder aus den Kartoffeln heraus und schob meinen kleinen Kopf über den Rand des Sackes. Die Küche war wieder von dem Krach und Getöse der Köche und der Kellner erfüllt, die unaufhörlich überall herumrannten. Ich erblickte den Kellner, der vorhin das beanstandete zähe Fleisch zurückgebracht hatte. Er kam jetzt wieder herein. «He, Jungs!», rief er. «Ich hab die alte Ziege gefragt, ob das neue Stück Fleisch besser wäre, und sie hat gesagt, es wäre einfach göttlich! Richtig lecker wär es, hat sie gesagt!»

Ich musste aus der Küche heraus und zu meiner Großmutter zurück. Und da gab's nur einen einzigen Weg. Ich musste quer über den Fußboden flitzen und hinter einem der Kellner zur Tür hinaus. Ich verhielt mich vollkommen reglos und wartete auf meine Gelegenheit. Mein Schwanz tat unterdessen schrecklich weh. Ich ringelte ihn herum, damit ich ihn betrachten konnte. Es fehlten ein paar Zentimeter, und er blutete ziemlich stark. Ein Kellner war gerade dabei, sich mit Tellern zu beladen, auf denen irgendein rosa Eis angerichtet war. Er trug einen Teller in jeder Hand und balancierte zwei weitere auf jedem Unterarm. Er ging gerade auf die Tür zu. Er stieß sie mit seiner Schulter auf. Ich sprang aus dem Kartoffel sack, sauste über diesen Küchenboden und wie ein Blitz in den Speisesaal, und ich hörte nicht zu rennen auf, bis ich unter dem Tisch meiner Großmutter war.

Es war zu schön die Füße meiner Großmutter wieder zu sehen in diesen - фото 62

Es war zu schön, die Füße meiner Großmutter wieder zu sehen, in diesen altmodischen schwarzen Stiefeln mit ihren Schnürsenkeln und Haken. Ich huschte an einem ihrer Beine hinauf und landete auf ihrem Schoß. «Hallo, Großmama!», flüsterte ich. «Ich bin wieder da. Ich hab's geschafft! Ich hab es in ihre Suppe gegossen!»

Ihre Hand kam unter den Tisch und streichelte mich. «Bravo, mein Schätzelchen», flüsterte sie zurück. «Gut gemacht! Im Augenblick sind sie gerade dabei, diese Suppe zu essen!»

Plötzlich zog sie ihre Hand zurück. «Du blutest ja!», flüsterte sie. «Mein Schätzelchen, was ist denn mit dir passiert?»

«Einer der Köche hat mir den Schwanz mit einem Küchenmesser abgeschlagen», flüsterte ich zurück. «Es tut ganz schön weh.»

«Lass mich mal sehen», sagte sie. Sie senkte den Kopf und untersuchte meinen Schwanz. «Armes kleines Ding», flüsterte sie. «Ich werde dich erst einmal mit meinem Taschentuch verbinden. Dann wird es nicht mehr bluten.»

Sie zog ein kleines spitzenbesetztes Taschentuch aus ihrem Lederbeutel und wickelte es irgendwie um meine Schwanzspitze. «Das wird wieder heilen», sagte sie. «Versuch jetzt einfach, nicht mehr daran zu denken. Hast du es wirklich geschafft, ihnen den ganzen Flascheninhalt in die Suppe zu träufeln?»

Bis zum letzten Tropfen antwortete ich Meinst du du könntest mich - фото 63

«Bis zum letzten Tropfen», antwortete ich. «Meinst du, du könntest mich irgendwo unterbringen, von wo ich sie beobachten kann?»

«Sicherlich», antwortete sie. «Meine Handtasche liegt neben mir, auf deinem eigenen Stuhl. Ich steck dich da jetzt hinein, und du kannst hinausschauen, aber nur, wenn du aufpasst, dass dich niemand sieht. Bruno steckt auch da drinnen, aber um ihn brauchst du dich gar nicht zu kümmern. Ich habe ihm ein Brötchen zu essen gegeben, und damit wird er wohl eine Weile beschäftigt sein.»

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