«Die französische Version des Stealth-Radars, was ziemlich dumm ist, denn sie haben es noch nicht perfektioniert. Aber die Nordkoreaner sind noch dümmer, weil sie dafür Geld ausgeben. Sie würden den Franzosen alles abkaufen, besonders Sachen, die die Franzosen geheim halten wollen. Die Franzosen wissen das natürlich, darum ist das Ganze eigentlich eine Schmierenkomödie. Aber die Nordkoreaner bezahlen Höchstpreise.«
Der Präsident drückte auf einen Knopf, und ein Diener erschien und räumte die Salatteller ab. Ein anderer trug Pasta mit gebratener Hähnchenbrust auf.
«Wie steht’s um Ihre Gesundheit?«fragte der Präsident.
«Wie immer. Wenn Sie gehen, werde ich wohl ebenfalls in den Ruhestand gehen.«
Die Aussicht, die Karriere des anderen beendet zu sehen, erfreute sie beide. Aus keinem ersichtlichen Grund begann der Präsident einen langatmigen Monolog über den Vizepräsidenten und darüber, was für ein großartiger Nachfolger er sein würde. Er vergaß sein Essen und erklärte mit sehr ernster Stimme, der Vizepräsident sei ein wunderbarer Mensch, ein brillanter Denker und ein hervorragender Führer. Teddy schob die Hähnchenbrust auf seinem Teller hin und her.
«Was denken Sie? Wie wird das Rennen ausgehen?«fragte der Präsident.
«Es ist mir wirklich gleichgültig«, sagte Teddy und log schon wieder.»Ich werde Washington, wie gesagt, zur selben Zeit verlassen wie Sie. Ich werde mich auf meine kleine Farm zurückziehen, ohne Fernseher, ohne Zeitungen, und nur ein bisschen angeln und mich ausruhen. Ich bin müde, Sir.«
«Aaron Lake macht mir Sorgen«, sagte der Präsident.
Und dabei weißt du nicht mal die Hälfte, dachte Teddy.»Warum?«fragte er und nahm einen Bissen. Iss und lass ihn reden.
«Er hat nur ein einziges Thema: die Verteidigungsbereitschaft. Wenn man den Leuten im Pentagon
freie Hand lässt, geben die so viel aus, dass man damit die gesamte Dritte Welt ernähren könnte. Und all das Geld macht mir Sorgen.«
Das ist ja was ganz Neues, dachte Teddy. Aber das Letzte, was er wollte, war eine lange, sinnlose Diskussion über Politik. Sie verschwendeten nur ihre Zeit. Je schneller er zur Sache kam, desto schneller konnte er wieder in die Geborgenheit seines Bunkers zurückkehren.»Ich bin gekommen, um Sie um einen Gefallen zu bitten«, sagte er langsam.
«Ja, ich weiß. Was kann ich für Sie tun?«Der Präsident lächelte und kaute. Er genoss sowohl das Essen als auch die Tatsache, dass er zur Abwechslung einmal die Oberhand hatte.
«Meine Bitte ist ein bisschen ungewöhnlich. Ich möchte Sie um die Begnadigung von drei Häftlingen in einem Bundesgefängnis bitten.«
Der Präsident hörte auf zu kauen und zu lächeln — nicht vor Schreck, sondern aus Verwirrung. Eine Begnadigung war gewöhnlich eine simple Angelegenheit, es sei denn, es handelte sich um einen Spion, einen Terroristen oder einen straffällig gewordenen Politiker.»Spione?«fragte der Präsident.
«Nein, Richter. Einer ist aus Kalifornien, einer aus Texas und einer aus Mississippi. Sie sitzen ihre Strafe in einem Bundesgefängnis in Florida ab.«
«Richter?«
«Ja, Mr. President.«
«Kenne ich sie?«
«Ich bezweifle es. Der aus Kalifornien war früher Oberrichter am dortigen Obersten Gerichtshof. Er wurde abgewählt und hatte ein bisschen Ärger mit dem Finanzamt. «
«Ich glaube, ich erinnere mich.«
«Er wurde wegen Steuerhinterziehung zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt, von denen er zwei abgesessen hat. Der aus Texas war ein von Reagan eingesetzter Bundesrichter. Er ist betrunken mit seinem Wagen durch den Yellowstone Park gefahren und hat zwei Wanderer überfahren und getötet.«
«Ich kann mich dunkel daran erinnern.«
«Das war vor mehreren Jahren. Der aus Mississippi war Friedensrichter und hat Einnahmen aus Bingospielen veruntreut. «
«Das muss mir irgendwie entgangen sein.«
Sie schwiegen lange und bedachten die Implikationen. Der Präsident war verwundert und wusste nicht, was er sagen sollte. Teddy hingegen wusste nicht, was nun kam, und so beendeten sie das Mahl schweigend. Keiner von beiden wollte ein Dessert.
Die Bitte war leicht zu erfüllen, jedenfalls für den Präsidenten. Die Häftlinge und ihre Opfer waren praktisch unbekannt. Etwaige Folgen der Begnadigung würden kurz und schmerzlos sein, besonders für einen Politiker, der in weniger als sieben Monaten aus dem Amt scheiden würde. Man hatte ihn schon zu weit problematischeren Begnadigungen gedrängt. Die Russen machten eigentlich ständig Druck, damit ein paar Spione freigelassen wurden. In Idaho saßen zwei mexikanische Geschäftsleute wegen Drogenhandels ein, und jedes Mal wenn irgendein Vertrag verhandelt wurde, kam das Thema Begnadigung auf den Tisch. Und es gab einen kanadischen Juden, der wegen Spionage lebenslänglich bekommen hatte und den die Israelis unbedingt freibekommen wollten.
Drei unbekannte Richter? Der Präsident konnte drei Unterschriften leisten, und die Sache wäre erledigt. Und Teddy wäre ihm etwas schuldig.
Es war im Grunde ganz einfach, aber das war kein Grund, es Teddy zu leicht zu machen.
«Ich bin sicher, es gibt gute Gründe für diese Bitte«, sagte der Präsident.
«Natürlich.«
«Berührt diese Sache die nationale Sicherheit?«
«Eigentlich nicht. Es geht um einen Gefallen, den ich alten Freunden schulde.«
«Alten Freunden? Kennen Sie diese drei Männer?«
«Nein. Aber ihre Freunde.«
Das war so offensichtlich gelogen, dass der Präsident beinahe nachgehakt hätte. Wie konnte Teddy Freunde von drei Richtern kennen, die zufällig im selben Gefängnis saßen?
Aber wenn er versuchte, Teddy Maynard ins Kreuzverhör zu nehmen, würde dabei nichts herauskommen. Diese Blöße wollte der Präsident sich nicht geben. Er würde nicht um Informationen betteln, die er nie bekommen würde. Was immer Teddys Motive waren — er würde sie mit ins Grab nehmen.
«Das Ganze ist ein bisschen verwirrend«, sagte der Präsident schulterzuckend.
«Ich weiß. Lassen wir es einfach dabei.«
«Und die Folgen?«
«Geringfügig. Die Familien der beiden Studenten, die im Yellowstone Park überfahren wurden, werden sich vielleicht beschweren, und das könnte man ihnen nicht mal verdenken.«
«Wann war das?«
«Vor dreieinhalb Jahren.«
«Sie wollen, dass ich einen republikanischen Bundesrichter begnadige?«
«Er ist kein Republikaner mehr, Mr. President. Bundesrichter dürfen sich nach ihrer Ernennung nicht mehr politisch betätigen. Und seit seiner Verurteilung darf er nicht mal mehr wählen. Ich bin sicher, wenn Sie ihn begnadigen, haben Sie einen großen Fan gewonnen.«
«Das kann ich mir vorstellen.«
«Wenn es die Sache vereinfacht, sind die drei bereit, das Land für mindestens zwei Jahre zu verlassen.«
«Warum?«
«Wenn sie nach Hause zurückkehren, könnte es Gerede geben. Die Leute würden wissen, dass sie irgendwie früher freigekommen sind. Und das lässt sich auf diese Weise vermeiden.«
«Hat der Richter aus Kalifornien die hinterzogenen Steuern bezahlt?«
«Ja.«»Und hat der aus Mississippi das gestohlene Geld ersetzt?«
«Ja, Sir.«
All diese Fragen waren im Grunde nebensächlich. Aber irgendetwas musste er ja schließlich fragen.
Der letzte Gefallen hatte etwas mit Atomspionage zu tun gehabt. Die CIA hatte einen Bericht erstellt, demzufolge das amerikanische Atomwaffenprogramm auf praktisch allen Ebenen von chinesischen Spionen infiltriert war. Der Präsident hatte von diesem Bericht nur wenige Tage vor einem hochkarätig besetzten Gipfeltreffen in China erfahren. Er hatte Teddy zum Mittagessen eingeladen und ihn bei Hähnchenbrust und Pasta gebeten, den Bericht noch einige Wochen zurückzuhalten.
Teddy hatte es zugesagt. Später hatte der Präsident vorgeschlagen, den Bericht zu ändern, so dass es aussehen würde, als sei diese Infiltration während der Amtszeit seines Vorgängers erfolgt. Teddy hatte die Änderungen eigenhändig vorgenommen. Als der Bericht schließlich veröffentlicht worden war, hatte der Präsident die meisten Vorwürfe abwehren können.
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