Annie Besant - Die Bruderschaft der Religionen
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Es gibt nur eine Religion: Gotteserkenntnis. Alle Bekenntnisse sind Äste eines Stammes, Äste von dem Baum des Lebens, der seine Wurzeln im Himmel hat und dessen Zweige sich im Reich der Menschen ausbreiten. Die Wurzel des Lebensbaumes ist Weisheit – nicht Glaube, noch Hoffnung, sondern Gewissheit – d. h. es wird dem Menschen Gotteserkenntnis zum persönlichen inneren Erlebnis. Und das ist das ewige Leben. Von einem jeden Zweig des Lebensbaumes lassen sich Blüten zum Wohl der Menschheit pflücken. Niemand sollte verneinen, was einem anderen als Wahrheit gilt, könnte es doch sein, dass der andere Wahrheiten erkennt, die den übrigen verborgen bleiben. Möchte aber auch niemand seine eigene, persönliche Anschauung anderen aufdrängen wollen. Daraus kann niemals Gutes kommen. Wie es für unser System nur eine Sonne gibt und jede Energie der Erde Sonnenenergie ist, wie eine Sonne die ganze Welt belebt, so lebt auch ein Selbst in allen Wesen. Es gibt nur eine Art der Gotteslästerung – den Gott in der Menschenbrust zu leugnen. Nur eine Häresie, die der Sonderung, wenn man sagt: «Ich bin von dir verschieden. Wir sind nicht eins.» Um die Welt zu erlösen, bedarf es mehr denn des Altruismus, wie edel er auch sei. Wohl mögen wir es lernen, selbstlos zu denken und zu handeln, allein wir sind nicht bis zum Höchsten vorgedrungen, solange wir nicht sagen können: «Es gibt keine andere. Mein Selbst lebt in allen Wesen.» Wenn dereinst alle Menschen dies sagen werden, wird das goldene Zeitalter hereingebrochen sein. Sagt es hier und dort vereinzelt ein Mensch, so wird dessen Gegenwart, wohin er auch gehe, segensreich wirken. Wir sind Brüder, und mehr noch als Brüder, denn Brüder haben einen gemeinsamen Vater, wir aber haben ein gemeinsames Selbst. Möchten wir daher in allem rings um uns die Herrlichkeit des Selbstes erkennen und eingedenk sein, dass, das Selbst im Niedrigsten zu leugnen, es leugnen heißt in uns selbst und in Gott.
Inhalt:
Die Bruderschaft der Religionen.
Symbole.
Gemeinsame Lehren.
Gemeinsame Erzählungen.
Gemeinsame Ethik.
Erstveröffentlichung: Leipzig 1908
Umfang: ca. 30 Buchseiten
2. E-Book-Auflage 2018