Jenny Erpenbeck - Gehen, ging, gegangen

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Entdeckungsreise zu einer Welt, die zum Schweigen verurteilt, aber mitten unter uns ist
Wie erträgt man das Vergehen der Zeit, wenn man zur Untätigkeit gezwungen ist? Wie geht man um mit dem Verlust derer, die man geliebt hat? Wer trägt das Erbe weiter? Richard, emeritierter Professor, kommt durch die zufällige Begegnung mit den Asylsuchenden auf dem Oranienplatz auf die Idee, die Antworten auf seine Fragen dort zu suchen, wo sonst niemand sie sucht: bei jenen jungen Flüchtlingen aus Afrika, die in Berlin gestrandet und seit Jahren zum Warten verurteilt sind. Und plötzlich schaut diese Welt ihn an, den Bewohner des alten Europas, und weiß womöglich besser als er selbst, wer er eigentlich ist.
Jenny Erpenbeck erzählt auf ihre unnachahmliche Weise eine Geschichte vom Wegsehen und Hinsehen, von Tod und Krieg, vom ewigen Warten und von all dem, was unter der Oberfläche verborgen liegt.

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Etwas später steht in seinem Notizbuch: Der Norden Nigerias muslimisch, der Süden christlich. Die Christen flohen aus Kaduna, als die Scharia eingeführt wurde. Kaduna? Sprachen sind unter anderem: Yoruba und Hausa. Yoruba? Hausa? Die dem Yoruba-Volk angehörenden Leute sind meistens Christen. Raschid ist Yoruba, allerdings Moslem. Hausa-Leute dagegen meist Moslems. Aber natürlich nicht alle, die Hausa als Sprache beherrschen. Die Sprache Hausa wird auch in Ghana, im Sudan, in Niger und Mali gesprochen und verstanden. Auch Arabisch verstehen die meisten. Die Männer in diesem Zimmer sind alle aus Nigeria, aber aus verschiedenen Gegenden. Raschid kommt aus dem Norden, nicht von der Küste, wie zum Beispiel Abdusalam. Nigeria hat eine Küste? Zair ist bei Abuja geboren. Abuja? Die Hauptstadt. Es gibt auch ein Ghana-Zimmer, ein Niger-Zimmer und so weiter. So haben wir es auch auf dem Oranienplatz mit den Zelten gemacht, dann kennt man sich besser aus, sagt Raschid. Also hier, in Zimmer 2017, sind wir sozusagen in Nigeria. Ja, sozusagen. Einer der Schlafenden schnarcht jetzt sehr laut, aber keiner von den anderen lacht darüber oder scheint das überhaupt zu bemerken. Der mächtige Kerl, Raschid, und Zair, der neben ihm sitzt, waren auf demselben Boot. Welche Vegetation gibt es in Ihrem Land? Gab es Haustiere? Haben Sie einen Beruf gelernt? Als die italienische Küstenwache die Flüchtlinge aufnehmen wollte, sind alle auf die eine Seite des Boots gelaufen, um gerettet zu werden, darum ist das Boot dann gekentert. Die Tür geht auf, ein schwarzer Mann schaut herein, sagt etwas in einer dem Besucher unverständlichen Sprache, Hausa vielleicht, bekommt eine Antwort — und ist schon wieder fort. Haben Sie eine Schule besucht? Raschid kann nicht schwimmen. Er hält sich an einem Kabel fest und bleibt so über Wasser, auch Zair kann nicht schwimmen, er klettert, während das Boot kippt, über den in die Luft ragenden Rand auf die Unterseite des Bootes und wird von dort gerettet. Was war in Ihrer Kindheit Ihr Lieblingsversteck? Aber 550 von 800 sind ertrunken. Auf dem Fernseher sind nun viele Fische auf einem Fließband zu sehen, Frauenhände in Gummihandschuhen greifen nach ihnen und machen mit großen Messern innerhalb von Sekunden aus den Fischen Filet. In Hamburg haben sie sich wiedergetroffen, Raschid und Zair. Und sich sofort erkannt. Der Schlafende schnarcht noch immer. Auf demselben Boot waren sie. 550 von 800 sind ertrunken. Richard will nicht mehr wissen, wie es um die Fischproduktion bestellt ist. Deswegen sagt er: Erinnert sich einer von Euch vielleicht an ein Lied? Ein Lied? Nein. Der nicht und der nicht und der nicht. Aber Abdusalam. Zum ersten Mal hebt der kurz den Kopf, er hat bisher noch kein Wort gesagt, vielleicht schämt er sich, weil er einen Silberblick hat. Der Fernseher wird, wie Richard es gehofft hat, nun leise gestellt, und Abdusalam schaut wieder nach unten, auf seine Hände, und beginnt zu singen.

Jeder in Nigeria kennt dieses Lied. Das Eyo-Festival auf der Insel von Lagos. Lagos? Ithemba, der Lange, hält Richard das zerbrochene Display seines Telefons mit einem Foto hin: Weiße Hüte, weiße Kleider bis zum Boden und weiße Bärte und Netze vor den Gesichtern, so geben die Geister ihrem verstorbenen König das letzte Geleit. Manche von ihnen vollführen Sprünge, auf dem Foto krümmen sie sich einen halben Meter über der Erde, es sieht so aus, als kämen sie gerade aus der Luft und wollten nun landen. Am Sonntag verkündigen die Geister mit den schwarzen Hüten die Prozession für den drauffolgenden Sonntag, am Montag die mit den roten, am Dienstag die mit den gelben, am Mittwoch die mit den grünen, am Donnerstag die mit den purpurfarbenen Hüten.

Was macht ihr eigentlich hier so den ganzen Tag, fragt Richard mitten hinein in sein eigenes Nicken über dem zerbrochenen Display, und ist froh darüber, dass sich im Englischen die Frage, ob Sie oder ob Du, nicht stellt. Es könnte sein, dass er in Wahrheit die Männer duzt — sie hinter der Fassade des indifferenten englischen You deutsch denkend duzt. Aber warum eigentlich? Nicht einmal seine Studenten hat er jemals geduzt. Wir wollen arbeiten, sagt jetzt der große Raschid, aber wir bekommen keine Arbeitserlaubnis. Es ist schwer, sagt Zair, sehr schwer. Ein Tag ist genauso wie der andre, sagt der lange Ithemba. Wir denken und denken, weil wir nicht wissen, was wird, sagt Abdusalam und schaut nach unten. Richard würde gern etwas antworten, aber ihm fällt keine Antwort ein. Nach nicht einmal einer Stunde des Zuhörens ist er erschöpfter als nach einer seiner Vorlesungen an der Uni. Wenn eine ganze Welt, die man nicht kennt, auf einen einstürzt, wo fängt man dann an mit dem Sortieren? Er sagt, er müsse jetzt gehen, aber er komme wieder. Er habe Zeit, um alles in Ruhe zu hören. Zeit.

Nachdem er die Tür hinter sich zugemacht hat, dreht er sich noch einmal um, um sich die Zimmernummer zu merken. 2017 steht an der lindgrünen Tür, es ist die dritte von links. Und danach kommen noch sechs oder sieben weitere lindgrüne Türen. Auf der rechten Seite genauso. Am Ende, dort wo der Gang nach rechts abbiegt, ist ein Fenster mit Aussicht auf eine braun verputzte Wand, auf dem Fensterbrett stehen ordentlich aufgestellt drei Paar Schuhe. Erst jetzt fällt ihm auf, dass das Neonlicht, das den Gang erhellt, von Zeit zu Zeit flackert.

13

Als Richard am nächsten Tag wieder da ist, erklärt ihm der Sicherheitsdienst, ein Betreuer würde gleich kommen und ihn hinaufbegleiten, allein dürfe er nicht ins Gebäude. Wsjo w porjadkje . Anderthalb Jahre lang waren die Flüchtlinge mitten in der Stadt, jeder hätte mit ihnen sprechen können, auch er, vor ein paar Wochen noch, auf der Parkbank. Aber von dem Moment an, in dem sie eine Vereinbarung unterzeichnen, muss man sie auch verwalten. Bürokratische Geometrie, diesen Begriff hat er vor einigen Tagen in dem Buch eines Historikers über die Auswirkungen des Kolonialismus gelesen. Die Kolonisierten wurden durch Bürokratie erstickt. Gar nicht der ungeschickteste Weg, sie am politischen Handeln zu hindern. Oder wurden hier nur die guten Deutschen vor den bösen Deutschen beschützt? Das Volk der Dichter beschützt vor der Gefahr, noch einmal das Volk der Mörder zu heißen? Ein Propangaskocher in so einem Zelt auf dem Oranienplatz könne leicht einmal ins Kippen geraten, hatte in einem der anonymen Internet-Kommentare zu einem Zeitungsartikel gestanden, als der Platz noch von den Afrikanern besetzt war. Hatte der Senat also die Afrikaner in Sicherheit gebracht oder vielmehr sich selbst? Im letzteren Fall wäre das, was getan wurde — die wirkliche Unterbringung der Flüchtlinge in einem besseren Quartier — also nur eine Maske. Und was dann dahinter? Welches eigentliche Handeln hinter dem, was man sah? Wer spielte hier wem etwas vor? Richard, wie jeder, könnte natürlich der Mann mit dem Propangaskocher sein. Die Afrikaner wussten bestimmt überhaupt nicht, wer Hitler war, aber dennoch: Nur wenn sie Deutschland jetzt überlebten, hatte Hitler den Krieg wirklich verloren.

Die Betreuerin, die ihn abholt und hinaufbringt, ist eine feine, ältere Dame. Am Billardzimmer vorüber, das diesmal leer ist, die Treppe, die rankenförmigen Gitter, das milchfarbene Licht, das flackernde Licht im Gang, die lindgrünen Türen. Die Betreuerin klopft und öffnet die Tür zu 2017, genauso, ohne auf Antwort zu warten, wie es bei seinem ersten Besuch der Leiter des Heims getan hat. In 2017 liegen wieder ein paar Gestalten in ihren Betten und schlafen, unter ihnen vielleicht Raschid, Zair, Ithemba, Abdusalam, das kann Richard von hier aus nicht erkennen, jedenfalls läuft der Fernseher nicht, und niemand reagiert auf die geöffnete Tür.

Die Dame macht die Tür wieder zu und geht weiter, zu 2018, klopft, drückt die Klinke herunter, aber die Tür ist verschlossen.

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