Ursula Krechel - Landgericht

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Nach "Shanghai fern von wo" geht Ursula Krechel noch einmal den Spuren deutscher Geschichte nach. Ihr neuer Roman handelt vom Exil und von den fünfziger Jahren, von einer Rückkehr ohne Ankunft.Was muss einer fürchten, was darf einer hoffen, der 1947 aus dem Exil nach Deutschland zurückkehrt? Nach ihrem gefeierten, 2008 erschienenen Buch "Shanghai fern von wo" geht Ursula Krechel mit ihrem neuen großen Roman "Landgericht" noch einmal auf Spurensuche. Die deutsche Nachkriegszeit, die zwischen Depression und Aufbruch schwankt, ist der Hintergrund der fast parabelhaft tragischen Geschichte von einem, der nicht mehr ankommt. Richard Kornitzer ist Richter von Beruf und ein Charakter von Kohlhaasschen Dimensionen. Die Nazizeit mit ihren absurden und tödlichen Regeln zieht sich als Riss durch sein Leben. Danach ist nichts mehr wie vorher, die kleine Familie zwischen dem Bodensee, Mainz und England versprengt, und die Heimat beinahe fremder als das in magisches Licht getauchte Exil in Havanna. Ursula Krechels Roman lässt Dokumentarisches und Fiktives ineinander übergehen, beim Finden und Erfinden gewinnt eine Zeit atmosphärische Konturen, in der die Vergangenheit schwer auf den Zukunftshoffnungen lastet. Mit sprachlicher Behutsamkeit und einer insistierenden Zuneigung lässt "Landgericht" den Figuren späte Gerechtigkeit widerfahren. "Landgericht", der Roman mit dem doppeldeutigen Titel, handelt von einer deutschen Familie, und er erzählt zugleich mit großer Wucht von den Gründungsjahren einer Republik.

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Und wenn man so dreißig oder mehr Jahre in England lebt, hatte er seiner Frau gesagt, als er sich entschloß, nach Deutschland zurückzukehren, und wenn man immer noch als Foreigner gilt, ist das deprimierend. Man bildet sich in seinem Leben ein, viele Sachen zu sein, Kind und Vater, Engländer oder kein Engländer. Und Jude war er auch nicht wirklich. Deutscher bin ich schon lange nicht mehr, er klagte ja nicht darüber, er empfand sich als eine krude Mischung, und manchmal hatte er den Verdacht, gerade dies gefiele seiner Frau, die Unzugehörigkeit, die ihn um so stärker an die Ehe band, er hatte ja sonst wenig Bindungen. Er hatte festgestellt, daß er ein Flüchtlingskind war und blieb, das war seine Identität, er hatte sie mitgenommen an den Rhein mit seinem englischen Paß und all seinen Unsicherheiten, und er würde sie mitnehmen, wohin er ging. Also war es leicht gewesen, nach Deutschland aufzubrechen, man mußte den Schmerz nicht spüren.

Schreib an das Handbuch, mahnte ihn seine Frau. Es machte sie stolz, daß ihr Schwiegervater zu der Ehre kam, daß ihm ein Lexikonartikel gewidmet wurde, und sie strahlte es aus, nicht nur insgeheim. Im Nu konnte sie sich als Hinterbliebene eines bedeutenden Mannes imaginieren, sie fühlte sich ihm jetzt näher als zu Lebzeiten. (Sein Unglück hatte sie mit jungen Augen übersehen.) Ihr Vater war Uhrmacher gewesen, bis sich das ganze Ticken, das sie nervös machte, nicht mehr lohnte und die übriggebliebenen Uhrarmbänder unter Wert verscherbelt wurden, weil sie schon etwas verblichen waren und neue im Kaufhaus massenweise auf einem Drehkarussell angeboten wurden, während ihr Vater noch Schublädchen für Schublädchen aufzog und seine vermeintlichen Schätze, Kalbsleder, Schlangenleder, Straußenleder darbot. Und die Sächelchen alterten ja nicht, felsenfest war er dieser irrigen Meinung. Aber er alterte, die Ladenmiete stieg, und so mußte alles eines Tages verramscht werden, und Ipswich hatte keinen Uhrenladen mehr, aber Schmuckgeschäfte in den Geschäftsstraßen, in denen angestellte Uhrmacher Verkäufer geworden waren und sich gelangweilt an die blitzblanke Theke lehnten, sie verkauften nur dem Augenschein nach Uhren, in Wirklichkeit machten sie Umsatz. Und George Kornitzers Frau war damit auch eine Stabilität entzogen worden, so mußte man es sehen.

Die Tochter eines Uhrmachers, die Frau eines Ingenieurs begriff: Alle Vornehmheit war früher, hatte mit dem Juristen aus Breslau, Berlin und Mainz zu tun, und George und sie waren nur Randfiguren und würden solche bleiben. Das war einerseits erleichternd, aber es bot auch viel Raum für alle möglichen Projektionen. Zum Beispiel: War George Kornitzer, ihr Mann, weniger klug als ihr Schwiegervater, Richard Kornitzer? Und war Selma, ihre englische Schwägerin, auch ihrer Schwiegermutter Claire, der Kinowerberin, der Berlinerin, die Besetzungszettel herauf- und herunterbeten konnte, nicht gewachsen? War die Familie, in die sie hineingeheiratet hatte, durch den Faschismus, durch die Verfolgung, den Kindertransport einfach abgesunken? Eine absteigende Linie, die sich von dem Schock der Erniedrigung einfach nicht mehr aufrappelte? Oder war sie, die Eingeheiratete, aufgestiegen in eine vage, schmerzgestillte Vernünftigkeit, eine multiple Anpassungsfähigkeit, in der sie auch stillhielt, den Atem anhielt, stillstehen mußte? Sie hatte gute, das heißt mehrheitsfähige angelsächsische Ansichten: Deutsches war mißliebig, Jüdisches war exotisch, beides war complicated , entsprach also nicht der gelassenen englischen Art. Und in der Doppelung war es rätselhaft. Es war eine soziale Leerstelle, in einer Großstadt vielleicht ließe sie sich füllen, aber hier in der Siedlung über dem Rhein nicht. Vermutlich wäre der bastelnde, tüftelnde, schraubende George gerne eine Art von akademisch ausgebildetem Uhrmacher geworden, einer, der übermäßig kleine Welten schuf und überschaute.

Und George Kornitzer setzte sich hin, dankte für den Brief der Handbuch-Redaktion und schrieb, er sehe sich leider nicht in der Lage, die biographischen Angaben zu bestätigen. Viele seien falsch, und es brauche viel Zeit, sie zu berichtigen. Er sähe sich dazu besser in der Lage, wenn die Redaktion des „Biographischen Handbuches“ ihm ihrerseits in einer für ihn höchst wichtigen Sache beistehen und ihn unterstützen würde. Sein Vater, der 1970 gestorben war — diese Angabe bestätigte er beiläufig —, sei in seinen letzten Lebensjahren durch viele Enttäuschungen schwer verängstigt gewesen. Er habe einen Testamentsvollstrecker eingesetzt, und dieser habe nun mehr als vier Jahre verstreichen lassen, um den Nachlaß zu regeln, obwohl er, seine Schwester in England sowie die ebenfalls erbberechtigte Frau Amanda Pimienta (eine Verwandtschaftsbezeichnung zu nennen, vermied er) sich in allen Fragen des Testaments und der Aufteilung des Erbes einig seien. Er bat die Redaktion des Handbuches, diesen Skandal aufzugreifen und der schreienden Ungerechtigkeit, die letzte, die sein Vater erdulden müsse, ein Ende zu bereiten. Und er verblieb mit verbindlichen Grüßen — George Kornitzer.

Als seine Frau den Durchschlag dieses Briefes auf dem Tisch liegen sah, erstarrte sie, und ihr nettes, in der deutschen Kleinstadt-Volkshochschule gelerntes Deutsch blieb stecken. Why? , fragte sie, kugelrunde Augen, die sich leicht verschleierten, und ein Mund, der offen stand. George hatte seinem Vater die letzte Ehre verweigert, aus Unkenntnis, aus nachgetragenem Zorn, aus falscher Einschätzung eines Nachschlagewerkes. Sie begriff ihren Mann nicht. Manchmal hatte sie Angst um ihn (Angst vor ihm?), als könne er sich weder in der einen noch in der anderen Sprache verständlich machen. Als fehle ihm eine Herzenssprache. Er war es so gewohnt, gebraucht zu werden von Selma und später von ihr und den Kindern, der Ingenieursfirma, daß er nicht begriff, daß nun, vier Jahre nach seinem Tod, sein Vater ihn einmal brauchte. Oder nicht sein Vater, die Erinnerung, die Geschichte. Er verstand nicht, daß er Zeuge war, Zeuge für das Leiden und den Hochmut seines Vaters.

Die Mitarbeiterin des Handbuches las George Kornitzers Schreiben, seufzend, kopfschüttelnd, und sprach darüber in der Konferenz. Was hatte die Nachlaßregelung des Juristen mit seinem Nachleben im Lexikon zu tun? Warum hatte er, wenn er gesetzliche Erben hatte, einen Testamentsvollstrecker eingesetzt? Und warum einen vermutlich sehr untüchtigen, nachlässigen oder einen, der seinen Erben nicht wohlgesonnen war? Oder gab es doch Streitigkeiten, die der Sohn verschwieg? Und wer war Frau Amanda Pimienta? Und was ging sie das alles an? War die Weigerung zur Mitarbeit eine unbewußte Rache des Sohnes an seinem Vater? Darüber zu spekulieren stand ihr nicht zu.

Sie hatte zwei Dutzend Entwürfe für biographische Eintragungen auf dem Tisch, alles mußte abgesichert werden, für jede Biographie hatte sie eine begrenzte Zeit reserviert, ja, man mußte taktvoll sein, aber auch effizient. Es gab unendlich viel nachzuprüfen und zu tun, eine entsagungsvolle Arbeit. Und es galt die Regel, daß Daten und Fakten, die von Angehörigen nicht bestätigt worden waren, auch nicht in die Endredaktion gelangten. Und es gab einen Redaktionschluß, es gab Briefwechsel mit Angehörigen, besonders mit Witwen, die sich bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag hätten hinziehen können. Wiederholtes Seufzen. Sie legte den Schriftwechsel zu den Akten, dort war er auffindbar für jemanden, der ihn später auffinden wollte. Im Biographischen Handbuch der deutschsprachigen Emigration kommt Richard Kornitzer nicht vor.

Nachweise

Mit Dank an María Cecilia Barbetta, Sabine Bender (Landesarchiv Rheinland-Pfalz), Maritza Corrales Capestany, Dr. Gerhard Keiper (Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes), Katrin Kokot (Exilabteilung der Deutschen Nationalbibliothek), Dr. Martin Luchterhandt (Landesarchiv Berlin), Loren Marsh, Petra Plättner (Akademie der Wissenschaften und Literatur Mainz), Manfred Simonis (Stadtarchiv Mainz), Heiner Stauder (Stadtarchiv Lindau), Brigitte Tilmann (Oberlandesgerichtspräsidentin a. D.), Ingo Wilhelm.

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