Christopher Moore
Ein todsicherer Job
Buch
Eigentlich ist Charlie Asher ein recht liebenswerter Mensch: ein wenig neu-rotisch, vielleicht auch ein kleiner Hypochonder, aber alles in allem eher durchschnittlich. Er besitzt ein Haus in San Francisco sowie einen gut ge-henden Secondhand-Laden, den er mit Hilfe von zwei überaus loyalen, aber leicht exzentrischen Mitarbeitern führt. Er ist mit der hübschen Rachel ver-heiratet, die ihn gerade wegen seiner Normalität liebt. Und Rachel und Charlie erwarten ihr erstes Kind. Alles könnte ewig so weitergehen, stünde nicht der Tag der Geburt bevor. Denn an diesem Tag verändert sich Charlies Leben schlagartig: Rachel stirbt kurz nach der Geburt ihrer Tochter Sophie, und Charlie glaubt, darüber verrückt zu werden. Denn er ist sich ziemlich sicher, dass in dem Moment von Rachels Tod neben ihrem Bett ein außerge-wöhnlich großer, schwarzer Mann in einem mintgrünen Anzug auftauchte – allerdings auch auf ebenso unerklärliche Weise plötzlich wieder verschwand. Da die Sicherheitskameras nur Aufnahmen von Charlie am Totenbett seiner Frau zeigen, schickt man ihn mit einigen Medikamenten versehen nach Hause. Doch kaum dort angekommen, häufen sich die merkwürdigen Ereig-nisse. Die Dinge in seinem Laden fangen an zu leuchten, mannshohe Raben nisten sich auf seinem Dach ein, und wildfremde Menschen fallen mausetot vor Charlie um. Und dann taucht auch noch der Mann im grünen Anzug wieder auf, der ihn endlich aufklärt: Auf Befehl von ganz oben ist Charlie ein neuer Job übertragen worden. Er soll die Seelen der Sterbenden einfangen, bevor die Mächte des Dunklen sie entführen können. Keine angenehme Arbeit, aber irgendjemand muss sie ja schließlich machen. Charlie sieht nur nicht ein, warum ausgerechnet er dazu auserkoren sein soll, und fordert den Tod heraus…
Autor
Der ehemalige Journalist Christopher Moore arbeitete als Dachdecker, Kellner, Fotograf und Versicherungsvertreter, bevor er anfing, Romane zu schrei-ben. Er wird von der Kritik zu Recht immer wieder mit Douglas Adams und Terry Pratchett verglichen. Der Autor lebt auf Hawaii und freut sich unterwww.chrismoore.com auf einen virtuellen Besuch.
Von Christopher Moore außerdem bei Goldmann/Manhattan lieferbar
Der Dämonenberater. Roman (54217) · Der Lustmolch. Roman (44986)
Die Himmelsgöttin. Roman (44397) · Die Bibel nach Biff. Roman (54182)
Flossen weg! Roman (54208) · Der törichte Engel. Roman (54224)
Christopher Moore
Ein
todsicherer Job
Roman
Deutsch
von Jörn Ingwersen
Die amerikanische Originalausgabe erschien 2006
unter dem Titel »A Dirty Job« bei William Morrow,
a division of HarperCollins Publishers Inc., New York
Verlagsgruppe Random House fsc-deu-0100
Das fsc-zertifizierte Papier München Super für Taschenbücher
aus dem Goldmann Verlag liefert Mochenwangen Papier.
Manhattan Bücher erscheinen im Wilhelm Goldmann Verlag, München,
einem Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH.
1. Auflage
Deutsche Erstveröffentlichung Dezember 2006
Copyright © 2006 by Christopher Moore
Copyright © 2006 der deutschsprachigen Ausgabe
by Wilhelm Goldmann Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Die Nutzung des Labels Manhattan erfolgt mit freundlicher
Genehmigung des Hans-im-Glück-Verlags, München
Umschlaggestaltung: Design Team München
unter Verwendung einer Zeichnung von Chris Welch
Redaktion: Ilse Wagner
KvD · Herstellung: Str.
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
Druck und Bindung: GGP Media GmbH, Pößneck
Printed in Germany
ISBN 978-3-641-01256-4
www.goldmann-verlag.de
ERSTER TEIL
So grün war mein Jammertal
Was du suchst, wirst du nicht finden,
Denn als die Götter den Menschen erschufen,
Behielten sie die Unsterblichkeit für sich.
Iss Gutes.
Sei tagtäglich guten Mutes,
Lass deine Tage voller Freude sein.
Lieb’ das Kind an deiner Hand.
Schenk deiner Frau das Glück in deinen Armen.
Darum allein soll sich die Menschheit sorgen.
Gilgamesch-Epos
1
Da ich auf den Tod nicht warten konnte, war er so nett, auf mich zu warten
Charlie Asher wandelte auf Erden wie eine Ameise übers Wasser – als müsste er bei dem geringsten Fehltritt untergehen. Mit der Einbildungskraft eines Betamännchens blinzelte er sein Leben lang in die Zukunft, um herauszufinden, ob sich die Welt verschworen hatte, ihn umzubringen – ihn, seine Frau Rachel und die kleine Sophie, die eben erst zur Welt gekommen war. Doch trotz seiner Vorsicht, seiner Paranoia, seiner unablässigen Sorge, seit Rachel einen blauen Streifen auf ihren Schwangerschaftstest gepinkelt hatte, bis zu dem Moment, als man sie in die Aufwachstation des St. Francis Memorial gerollt hatte, schlich der Tod heran.
»Sie atmet nicht«, sagte Charlie.
»Sie atmet genau richtig«, sagte Rachel und klopfte dem Baby auf den Rücken. »Möchtest du sie halten?«
Charlie hatte die kleine Sophie schon vor einer Weile auf dem Arm gehabt, sie dann aber hastig an eine Krankenschwester weitergereicht und darauf bestanden, jemand, der qualifizierter sei als er, solle Finger und Zehen durchzählen. Er hatte es schon zweimal getan und kam jedes Mal auf einundzwanzig.
»Die tun gerade so, als sei nichts dabei. Als wäre alles in Ordnung, sobald ein Kind nur mindestens zehn Finger und zehn Zehen hat. Was ist mit Sonderausstattungen? Hm? Extrabonusfinger? Was ist, wenn es ein Schwänzchen hat?« (Charlie war überzeugt davon, dass er auf dem Sechs-Monats-Ultraschallbild einen kleinen Schwanz gesehen hatte. Von wegen Nabelschnur! Das Bild hatte er aufbewahrt.)
»Sie hat kein Schwänzchen, Mr. Asher«, erklärte die Krankenschwester. »Und es sind zehn und zehn. Wir haben genau nachgezählt. Vielleicht sollten Sie nach Hause gehen und sich etwas ausruhen.«
»Ich liebe sie trotzdem, auch wenn sie einen Finger mehr hat.«
»Sie ist absolut normal.«
»Oder einen Zeh.«
»Wir wissen, was wir tun, Mr. Asher. Sie ist ein hübsches, gesundes kleines Mädchen.«
»Oder ein Schwänzchen.«
Die Schwester seufzte. Sie war kurz und breit, mit einer tätowierten Schlange am rechten Unterschenkel, die durch ihre weißen Nylonstrümpfe schimmerte. Vier Stunden täglich verbrachte sie damit, Frühchen zu massieren, wobei sie ihre Hände durch Öffnungen im Brutkasten schob, als hätte sie es mit radioaktivem Material zu tun. Sie sprach mit ihnen, redete ihnen gut zu, dass sie etwas ganz Besonderes seien, und fühlte, wie die kleinen Herzen in Brustkörben flatterten, die kaum größer als ein Paar aufgerollte Tennissocken waren. Sie beweinte jedes einzelne Kind und glaubte fest daran, dass die Tränen und Berührungen etwas von ihrer eigenen Lebenskraft auf die winzigen Körper übertrugen. Sie hatte davon reichlich. Seit zwanzig Jahren war sie Säuglingsschwester, und noch nie hatte sie ihre Stimme gegen einen frischgebackenen Vater erhoben.
»Die Kleine hat aber keinen Schwanz. Sie Vollidiot! Hier!« Sie riss die Decke zurück und hielt ihm den Babyhintern hin, als wollte sie eine Salve von waffenfähigem Urin auf das arglose Betamännchen abfeuern.
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