Wilhelm Hauff - Lichtenstein

»Schon seit zwei Tagen sollte er hier sein, wenn ihm nur nichts geschehen ist; die Leut sagen, die bündischen Reiter passen ihm auf.«

»Es ist ein Herr wie ein Prinz, welch ein Wams er anhat, die Herren in Stuttgart können es Nicht schöner haben, was tut er nur mit dem Fleckchen, das er in der Hand hat? er sieht es ja beinahe auseinander. Vielleicht kam ein wenig Blut dorthin, und er ist darüber erzürnt.«

»Nein, das ist es Nicht! aber wißt Ihr was ich denke? er macht so feurige Augen darauf hin, es ist gewiß etwas von seinem Mädchen.«

»Was weißt du von einem Schatz; ein Kind wie du soll nichts dergleichen denken. Gehe jetzt weg vom Fenster, reiche mir das Töpfchen dort. Der Herr wird vornehm zu essen gewohnt sein, ich muß ihm ein wenig viel Schmalz in den Brei tun.«

»Seid Ihr denn fröhlich? ich meinte doch es sei vorhin etwas aus Euren Augen gerollt, was jene Binde genetzt hat. Das habt Ihr gewiß von Eurem Liebchen, und jetzt tut es Euch weh, daß Ihr nicht bei ihr seid?«

»Ach ich mag es dem gnädigen Fräulein wohl gönnen, daß sie einmal wieder eine Freude hat. Man sagte mir, sie habe gejammert, wie Ihr so krank gewesen.«

»Der Vater hat kein Wörtchen zu mir gesagt, und ich wüßte auch nicht, daß es ein Fräulein von Lichtenstein gibt, wenn nicht meine Muhme ihre Amme wäre. Ihr müßt es mir nicht übelnehmen, daß ich ein wenig horchte; sehet die Sache ging so:«

»Allein könnt Ihr den Weg nicht finden. Ihr seid kein Württemberger, man merkt es an der Sprache, Ihr könnet leicht verirren, doch ich, laufe meinem Vater entgegen und bewirke, daß er schneller kommt.«

»Und wäre es so Nacht, daß man den Weg mit den Händen greifen müßte, ich laufe bis Lichtenstein, ich wollte es gerne tun. Ihr kommet dann bälder zu –«

»Es wird ja schon in einer Stunde Nacht!«

»Ich wohl, aber Euch ist es gewiß nicht gesund, da Ihr kaum genesen seid, in einer kühlen Nacht den Weg von sechs Stunden zu machen.«

»Lasset es doch! es schickt sich nicht, daß wir zusammen in der Nacht fortgehen; die Leute in Hardt sind wunderlich, man könnt mir manches nachsagen, wenn ich –«

»Hier muß ich Scheiden; so gerne ich noch weiter mitginge. Die Mutter will es so. Dort in dem Dorf am Berge habe ich eine Muhme. Bei ihr bleibe ich heute nacht. Behüt Euch Gott. Grüßt mir den Vater und jenes Fräulein, das Ihr liebt!«