Robert Perrill kam schwankend auf die Füße. Die rechte Seite seines Kopfes war blutüberströmt. Tom Perrill rührte sich nicht, seine Augen waren auf das Schwert geheftet, das seinen Bruder getroffen hatte.
Pater Christopher trank einen Schluck Ale und wischte sich die Lippen ab. «Diese Männer, Sir John», er wedelte mit der Hand in Richtung Sir Martins und seiner Männer, «haben das Verlangen geäußert, unsere Verpflegung an sich zu nehmen. Ich habe ihnen von einem solchen Vorgehen abgeraten, doch sie haben darauf beharrt, dass diese Verpflegung ihnen gehöre, weil sie von dem jungen Hook hier bewacht würde, und den Worten dieses heiligen Priesters zufolge ist Hook ein Geächteter.»
«Das ist er», Sir Martin hatte seine Sprache wiedergefunden, «er ist ein Geächteter vor dem Gesetz und damit dem Tod geweiht!»
«Ich weiß, dass er geächtet ist», sagte Sir John ohne Umschweife, «und der König wusste es ebenfalls, als er Hook in meine Dienste gab. Wollt Ihr sagen, dass der König einen Fehler begangen hat?»
Sir Martin sah Hook überrascht an, doch er gab nicht nach. «Er ist ein Geächteter», beharrte er, «und er ist Lord Slaytons Mann.»
«Er ist mein Mann», sagte Sir John.
«Er ist...», begann Sir Martin und stockte unter Sir Johns bohrendem Blick.
«Er ist mein Mann», wiederholte Sir John. Seine Stimme klang bedrohlich. «Er kämpft für mich, und das bedeutet, ich kämpfe für ihn. Wisst Ihr, wer ich bin?» Sir John wartete auf eine Bestätigung, doch Sir Martins Blick verlor sich im Ungefähren, und er blickte zum Himmel hinauf, als spräche er gerade mit den Engeln. «Sagt Eurer Lordschaft», fuhr Sir John fort, «dass er diese Angelegenheit mit mir regeln soll.»
«Das werden wir, Sir, das werden wir», gab William Snoball nach einem Blick auf Sir Martin zurück.
«Elija der Tischbiter», kam es plötzlich von Sir Martin, «aß Brot und Fleisch am wilden Bach Kerit. Wusstet Ihr das?» Diese Frage an Sir John war in vollem Ernst ausgesprochen, doch dieser sah Sir Martin nur verständnislos an. «Der wilde Bach Kerit», fuhr der Priester fort, als verriete er ein gut gehütetes Geheimnis, «ist der Ort, an dem sich ein Mann verstecken mag.»
«Und unser Herr Jesus weinte», sagte Sir John.
«Kein Wunder», sagte Pater Christopher seufzend. Dann hob er Hooks Bogen an und ließ ihn mit einem Knall auf den Tisch niederfahren. Das unvermittelte Geräusch ließ die Pferde zusammenzucken und brachte Sir Martins Blick wieder in die Gegenwart zurück. «Ich habe vergessen zu erwähnen», sagte Pater Christopher mit einem engelhaften Lächeln zu Sir Martin, «dass ich ebenfalls Priester bin. Also lasst mich Euch einen Segen spenden.» Er zog ein goldenes Kruzifix hervor, das unter seinem Hemd verborgen gewesen war, und hielt es den Männern Lord Slaytons entgegen. «Möge der Frieden und die Liebe unseres Herrn Jesus Christus», so sprach er, «Euch trösten und Euch die Kraft geben, uns von Eurer stinkenden Gegenwart zu befreien.» Er malte ein Kreuz in die Luft. «Und nun lebt wohl.»
Tom Perrill starrte Hook an. Einen Augenblick lang schien es so, als ob der Hass seine Vorsicht überwinden könnte, aber dann drehte er sich um und half seinem Bruder in den Sattel. Sir Martin, dessen Miene wieder vollkommen abwesend war, überließ es William Snoball, sein Pferd anzutreiben. Die anderen Reiter folgten ihnen.
Sir John sprang aus dem Sattel, nahm Hooks Alekrug und leerte ihn in einem Zug. «Was war noch gleich der Grund für deine Ächtung, Hook?»
«Ich habe einen Priester geschlagen», sagte Hook.
«Diesen Priester?», fragte Sir John und hob einen Daumen in Richtung der abziehenden Reiter.
«Ja, Sir John.»
Sir John schüttelte den Kopf. «Da hast du nicht recht getan, Hook, ganz und gar nicht. Du hättest ihn nicht schlagen sollen.»
«Nein, Sir John», sagte Hook demütig.
«Du hättest diesem gottverdammten Bastard den Bauch aufschlitzen und ihm sein Herz durch den Arsch herausreißen sollen!», sagte Sir John und sah Pater Christopher herausfordernd an, als hoffe er, den Priester mit diesen Worten endlich erschrecken zu können. Doch Pater Christopher lächelte nur. «Ist dieser Bastard irrsinnig?», fragte Sir John.
«Vollkommen», sagte Pater Christopher, «allerdings galt das auch für die Hälfte der Heiligen und die meisten Propheten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihr Euch mit Jeremia anlegen wolltet, Sir John, oder?»
«Verdammter Jeremia», sagte Sir John, «und verdammtes London. Ich bin wieder dorthin gerufen worden, Pater. Der König hat es verlangt.»
«Möge Gott Eure Hinreise segnen, Sir John, und danach Eure Rückkehr.»
«Und wenn König Harry Frieden will», sagte Sir John, «bin ich schon bald wieder da. Sehr bald.»
«Es wird keinen Frieden geben», sagte Pater Christopher voller Überzeugung. «Der Bogen ist gespannt, und der Pfeil wartet nur darauf, abschnellen zu können.»
«Hoffen wir darauf. Ich brauche das Geld, das ein guter Krieg einbringt.»
«Also werde ich um Krieg beten», sagte Pater Christopher leichthin.
«Ich bete schon seit Monaten um nichts anderes», gab Sir John zurück.
Und jetzt, dachte Hook, würden Sir Johns Gebete erhört werden. Denn bald, sehr bald, würden sie in den Krieg segeln. Sie würden über das Wasser segeln, um das Spiel des Teufels zu spielen. Sie würden nach Frankreich segeln. Sie würden kämpfen.
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Nick Hook konnte kaum glauben, dass es auf der Welt so viele Schiffe gab. Er sah die Flotte zum ersten Mal, als die Männer von Sir Johns Kompanie am Ufer von Southampton Water angemustert und von den Offizieren des Königs gezählt wurden. Sir John hatte vertraglich zugesichert, neunzig Bogenschützen und dreißig Feldkämpfer zu stellen, und der König würde Sir John den Rest des Geldes, das er ihm für diese Männer schuldete, bei der Verschiffung der Armee bezahlen. Doch zunächst mussten die Anzahl der Männer und ihre körperliche Verfassung geprüft und gebilligt werden. Hook stand in einer Reihe mit seinen Mitstreitern und betrachtete voller Erstaunen die Flotte. So weit sein Auge reichte, lagen Schiffe vor Anker; es waren so viele, dass man kaum noch Wasser sehen konnte. Peter Goddington, der Centenar, hatte behauptet, dass fünfzehnhundert Schiffe darauf warteten, die Armee übers Wasser zu bringen, und Hook hatte nicht geglaubt, dass so viele Schiffe existieren könnten. Aber da waren sie.
Der Gutachter des Königs, ein älterer, wohlgenährter Mönch mit tintenfleckigen Fingern, ging an der Reihe der Soldaten entlang, um sich zu versichern, dass Sir John keine Krüppel, Kinder oder alten Männer angeheuert hatte. Er wurde von einem finster blickenden Ritter begleitet, der den königlichen Wappenrock trug. Seine Aufgabe war es, die Waffen der Kompanie zu überprüfen. Er fand nichts zu beanstanden, doch er hatte bei Sir Johns Aufgebot auch keine Unzulänglichkeiten erwartet. «Sir Johns Vertrag weist neunzig Bogenschützen aus», sagte der Mönch vorwurfsvoll, als er das Ende der Reihe erreicht hatte.
«In der Tat, so ist es», stimmte Pater Christopher gut gelaunt zu. Sir John war beim König in London, und Pater Christopher war für die Dauer seiner Abwesenheit mit der Abwicklung der Geschäfte für die Kompanie betraut worden.
«Und dennoch sehe ich hier zweiundneunzig Bogenschützen!», sagte der Mönch mit gespielter Strenge.
«Sir John wird die beiden schwächsten über Bord werfen», sagte Pater Christopher.
«Dann hat ja alles seine Richtigkeit!», gab der Mönch zurück. Er warf einen fragenden Blick auf seinen finsteren Begleiter, der nach seiner Überprüfung zufrieden war und zustimmend nickte. «Das Geld wird heute Nachmittag gebracht werden», erklärte der Mönch. «Gott schütze euch alle miteinander», fügte er hinzu, während er auf sein Pferd stieg, um zur Inspektion weiterer Kompanien zu reiten. Seine Schreiber, die mit Leinentaschen voller Pergamente beladen waren, liefen eilig hinter ihm her.
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