André Storm(Pseudonym), geb. 1974, ist Profizauberkünstler aus Hamm in Westfalen. Seinen »ordentlichen« Beruf hat er schnell abgelegt, und er freut sich noch heute jeden Tag, dass er das Studium zum Elektroingenieur rechtzeitig abgebrochen hat. Sein Schreibtalent nutzte er in den letzten Jahren dafür, in seinen Shows »Helden« auf die Bühne zu bringen, denen man ihre Heldenhaftigkeit auf den ersten Blick nicht unbedingt ansehen kann. Die aber jedes Mal über sich hinauswachsen und so das Publikum auf ihre Seite ziehen. André Storm ist verheiratet und hat zwei Kinder.
André Storm
Kriminalroman
Originalausgabe
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Lektorat: Volker Maria Neumann, Köln
Print-ISBN 978-3-95441-517-5
E-Book-ISBN 978-3-95441-529-8
Für Kirsten. Die Liebe meines Lebens .
PROLOG PROLOG Der Junge rannte die Straße entlang. Hastig. Obwohl er völlig außer Atem war, zog er das Tempo weiter an. Er schämte sich. Gestern hatte er seiner Mutter hoch und heilig versprochen, er werde ab jetzt pünktlich um sechs zu Hause sein. Er bog links in die schmale, kopfsteingepflasterte Gasse ab. Noch ein Stück geradeaus, dann rechts – und er hatte es geschafft. Er schaute auf die Uhr. 18.42. Sein T-Shirt und die kurze Jeans klebten ihm am Körper. Der Junge erreichte das graue Mehrfamilienhaus. Die Haustür stand offen. Er rannte die Treppen hoch, zweiter Stock rechts. Kramte in seiner Hosentasche, griff den Wohnungsschlüssel und öffnete die Tür. »Ich bin’s«, rief er in den leeren Flur. Mit dem Unterarm wischte er sich den Schweiß von der Stirn. Sein erster Weg führte ihn ins Wohnzimmer. Der Raum war leer. Der Fernseher nicht eingeschaltet, was merkwürdig war. Sobald Mama nach Hause kam, schaltete sie als Erstes den Fernseher an. War sie noch gar nicht zu Hause? Er spürte einen Druck im Magen. Gewöhnlich war sie um fünf Uhr zurück. Spätestens um sechs. Die Küche war ebenfalls verwaist. »Mama?«, rief er in den leeren Flur. Keine Antwort. »Mama?« Ein Blick in sein Zimmer, dann ins Schlafzimmer. Leer. Was sollte er tun? Abwarten? Sollte sie in einer halben Stunde nicht da sein, würde er runter zu Frau Wiesner gehen. Vielleicht wusste sie sogar, wo seine Mutter war. Er beschloss, ihr jetzt gleich einen Besuch abzustatten – nur noch im Badezimmer nachsehen. Er drückte die Klinke und schob die Tür auf. Dort hing sie. Ihr Gesicht blau und aufgedunsen. Ihr rechtes Auge blickte verdreht zur Decke, das linke starrte ihn an. Ihr Körper hing über der Badewanne an einem Seil. Mein Springseil, dachte er mit einer merkwürdigen Sachlichkeit. Sie war auf den Wannenrand gestiegen, hatte das Seil über das gusseiserne Rohr unter der Decke gebunden und sich daran erhängt. Einer ihrer Pantoffeln lag in der Wanne, der andere hing noch an ihrem Fuß. Er griff nach dem Umschlag, der auf dem Waschbecken lag. Sein Name stand darauf. Die Worte in dem Brief ergaben allerdings keinen Sinn. Später würde er den Brief noch oft lesen, sehr oft. Jeden Tag. Er faltete ihn zusammen und steckte ihn zurück in den Umschlag. Dann verließ er das Zimmer und schloss leise die Tür hinter sich. Langsam, als stapfte er durch tiefen Schnee, schlurfte er in den leeren Hausflur. Und schrie.
KAPITEL 1
KAPITEL 2
KAPITEL 3
KAPITEL 4
KAPITEL 5
KAPITEL 6
KAPITEL 7
KAPITEL 8
KAPITEL 9
KAPITEL 10
KAPITEL 11
EPILOG
DANKSAGUNG
Der Junge rannte die Straße entlang. Hastig. Obwohl er völlig außer Atem war, zog er das Tempo weiter an. Er schämte sich. Gestern hatte er seiner Mutter hoch und heilig versprochen, er werde ab jetzt pünktlich um sechs zu Hause sein.
Er bog links in die schmale, kopfsteingepflasterte Gasse ab. Noch ein Stück geradeaus, dann rechts – und er hatte es geschafft. Er schaute auf die Uhr. 18.42. Sein T-Shirt und die kurze Jeans klebten ihm am Körper.
Der Junge erreichte das graue Mehrfamilienhaus. Die Haustür stand offen. Er rannte die Treppen hoch, zweiter Stock rechts. Kramte in seiner Hosentasche, griff den Wohnungsschlüssel und öffnete die Tür. »Ich bin’s«, rief er in den leeren Flur. Mit dem Unterarm wischte er sich den Schweiß von der Stirn.
Sein erster Weg führte ihn ins Wohnzimmer. Der Raum war leer. Der Fernseher nicht eingeschaltet, was merkwürdig war. Sobald Mama nach Hause kam, schaltete sie als Erstes den Fernseher an. War sie noch gar nicht zu Hause? Er spürte einen Druck im Magen. Gewöhnlich war sie um fünf Uhr zurück. Spätestens um sechs. Die Küche war ebenfalls verwaist.
»Mama?«, rief er in den leeren Flur. Keine Antwort. »Mama?«
Ein Blick in sein Zimmer, dann ins Schlafzimmer. Leer. Was sollte er tun? Abwarten? Sollte sie in einer halben Stunde nicht da sein, würde er runter zu Frau Wiesner gehen. Vielleicht wusste sie sogar, wo seine Mutter war. Er beschloss, ihr jetzt gleich einen Besuch abzustatten – nur noch im Badezimmer nachsehen.
Er drückte die Klinke und schob die Tür auf. Dort hing sie.
Ihr Gesicht blau und aufgedunsen. Ihr rechtes Auge blickte verdreht zur Decke, das linke starrte ihn an. Ihr Körper hing über der Badewanne an einem Seil. Mein Springseil, dachte er mit einer merkwürdigen Sachlichkeit.
Sie war auf den Wannenrand gestiegen, hatte das Seil über das gusseiserne Rohr unter der Decke gebunden und sich daran erhängt. Einer ihrer Pantoffeln lag in der Wanne, der andere hing noch an ihrem Fuß.
Er griff nach dem Umschlag, der auf dem Waschbecken lag. Sein Name stand darauf. Die Worte in dem Brief ergaben allerdings keinen Sinn. Später würde er den Brief noch oft lesen, sehr oft. Jeden Tag. Er faltete ihn zusammen und steckte ihn zurück in den Umschlag. Dann verließ er das Zimmer und schloss leise die Tür hinter sich. Langsam, als stapfte er durch tiefen Schnee, schlurfte er in den leeren Hausflur.
Und schrie.
Das Kapitel, in dem wir Ben Pruss kennenlernen, der denkt, er sei der Star der Show, aber schon bald eines Besseren belehrt wird .
Ben war damit beschäftigt, mit einer blauen Kunststoff-Stempelmaschine seine Schreibtischunterlage zu verzieren. Über vierzig Mal hatte er bereits gestempelt: Ben Pruss – Ihr Zauberkünstler in Dortmund – Close-Up und Bühne . Dazu seine Telefonnummer, Web- und E-Mail-Adresse. Ihm kam der Gedanke, dass er das Blatt abreißen müsse, bevor er das nächste Mal jemanden in seinen, wie er es nannte, »Büro-Schrägstrich-Probenraum« ließ.
Das Telefon klingelte, und er zuckte schuldbewusst zusammen. Misstrauisch blickte er das Gerät an. Die letzten beiden Anrufe waren nicht eben dazu bestimmt gewesen, seine Laune zu heben. Im Gegenteil.
Beim ersten Mal war es seine Mutter gewesen, die ihn mit ihrem ständigen »Bennilein« gequält hatte, und beim zweiten Mal seine Vermieterin Frau Heimel. Diese hatte sich lautstark darüber ausgelassen, dass bereits der 18. sei und die Miete immer noch nicht überwiesen. Na, danke auch!
Und nun verlangte das Telefon zum dritten Mal, dass er dem Gerät seine Aufmerksamkeit widmete. Ben seufzte. Vielleicht war es ja diesmal ein Firmenboss, der einen Zauberer brauchte, dachte er, ohne wirklich daran zu glauben und griff nach dem Hörer. »Ben Pruss am Apparat.«
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