General Frost liebte das prophetische Wort der Bibel und predigte oft darüber. Diesen prophetischen Aspekt des christlichen Lebens verstand ich als junger Christ gar nicht. Das Gleiche galt für die theologischen Fragen – wie die Frage des freien Willens und der ewigen Erwählung. Ich las Paul Humburg darüber (ob ein freier Wille mit ewiger Erwählung zu vereinbaren ist) und profitierte davon. Aber wie könnte der Mensch einen wirklich freien Willen besitzen, wenn Gott ihn von der Ewigkeit her zum Heil bestimmt hatte? Humburg meinte, dass die parallelen Lehren erst in der Ewigkeit vereinbart werden. Ich las deshalb sehr viel und lernte die guten Autoren beim General kennen. Aber Klarheit hatte ich in vielen Fragen noch nicht. Ich lernte vom General gründlich das eine Prinzip: Wo du einmal Klarheit hast, da handle und lebe danach, sonst wirst du deine Klarheit verlieren. Was dir aber nicht klar ist, das befiehl Ihm an, mit der herzlichen Bitte zu Gott um Klarheit. Lies und behalte im Herzen das Wort, auch wenn du mancherlei nicht verstehst. Das andere überlege in deinem Herzen, bis Gott dir Erleuchtung schenkt. So bin ich über 50 Jahre praktischer Student des Wortes Gottes geworden. Je mehr man lernt und tut, desto größer wird die daraus resultierende Erkenntnis.
5. Mein Bruder Walter stirbt
Kurz nach dieser Zeit fand auch mein Bruder zum Herrn Jesus Christus – ebenfalls durch den General. Er hatte mancherlei Schwierigkeiten, las aber lange Zeit treu in seiner Bibel und kam mit unter Gottes Wort. Als aber der General weiterzog, fand er nicht die richtige Gemeinschaft und wurde im Glauben kalt. Ich war nicht mehr zu Hause. Später, als wir in Norwegen wohnten, kam er uns mit seiner ganzen Familie besuchen und nahm immer am Bibellesen teil. Vorher wohnten wir in Genf, später dann in Wheaton, in den USA, und dann in Ankara, in der Türkei. Außer in Ankara kam er uns immer besuchen. In „The Bible Church“, Wheaton, bat er, ob er am Abendmahl teilnehmen dürfte, und nahm auch daran teil. Dort machte er einen wirklich neuen Anfang. Aber es fehlte ihm zum inneren Wachstum eine örtliche Gemeinde, in der Gegend von Wantage, wo er seine Farm hatte. Er machte bis zu seinem tragischen Tod mit 58 Jahren wenig Fortschritte im Glauben – soweit wir erkennen konnten. Walter war ein treuer Bruder und Mensch. Weil er an Gallenschmerzen litt, ließ er sich an der Universitätsklinik „Radcliff Infirmary“ in Oxford untersuchen. Der Arzt schlug ihm eine Gallenblasenoperation vor. Er wurde dort operiert ohne Zwischenfälle. Aber bald traten starke Schmerzen in der Wade auf – ein sicheres Zeichen einer beginnenden Thrombose. Nach der Operation wurde er von keinem Arzt und nicht einmal mehr von einer ausgebildeten Krankenschwester besucht oder gepflegt. Er lag im Krankenhaus, hatte Schmerzen; ohne jegliche Hilfe und mit all seinen Flaschen, Tropfapparaten und Schläuchen taumelte er allein zur Toilette, kollabierte dort und starb allein.
Sein Tod wurde uns durch die Schweizer Polizei in Einigen um 4.00 Uhr morgens durchgegeben. Gleich darauf flogen wir nach London und begaben uns zur Klinik in Oxford. Ich bat um ein Gespräch mit dem Chirurgen, der mit seinem Rolls-Royce gerade eingetroffen war. Er weigerte sich, mit mir zu sprechen, und sandte seinen jüngsten Assistenzarzt, um mich abzufertigen. Es stellte sich heraus, dass mein Bruder tatsächlich seit der Operation und der Narkose nie – nicht ein einziges Mal – irgendeinen Arzt oder irgendeine Krankenschwester gesehen hatte. Als ich mit meinen Nachforschungen anfing, stieß ich auf die abgrundtiefe Ineffizienz der englischen Staatsmedizin. Niemand fühlte sich verantwortlich – wie beim Staatswesen schlechthin! Ich musste meine Oxforder Nachforschungen bei irgendeinem Ministerium in Oxford (nicht im Krankenhaus) anfangen, das überhaupt keine Ahnung davon hatte, was im Oxforder Krankenhaus passierte! Es war unmöglich, irgendeine verantwortliche Person ausfindig zu machen. Denn in dieser Staatsklinik wurde nicht einmal die primitivste medizinische Disziplin oder Ordnung respektiert. Selbst die Patientenstatistiken waren nicht geführt. Letzten Endes sprach ich mit dem verantwortlichen Chirurgen – dem schon erwähnten sehr berühmten, steinreichen Mann –, der mir mitteilte, dass der Vorfall eine Handlung Gottes, höhere Gewalt also, sei. Ich machte ihn darauf aufmerksam, dass es eine sehr schwer wiegende Angelegenheit sei, Gott für unsere eigene unverantwortliche organisatorische Schlamperei verantwortlich zu machen.
Wir konnten meinen Bruder nicht zurückbringen. Seine Frau und fünf Töchter waren wie wir alle absolut erschüttert. Aber mein Bruder war für immer von uns gegangen, und wir fühlten uns sehr einsam. Er war mein einziger Bruder und Schulkamerad gewesen. Gottes Wege sind oft ganz unerforschlich. Wir können nur anbetend sagen, dass wir „nachher verstehen werden“ (Joh 13,7), was wir hier und jetzt nicht begreifen können.
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