Horst Ernst PESSL
Geboren am 10.2.1966, aufgewachsen und wohnhaft in einer ländlichen Region nahe Graz (Steiermark, Österreich). Vater dreier mittlerweile erwachsener Kinder.
Seit frühen Jahren aktiver Liebhaber der Musik, Multi-Instrumentalist, Komponist, Beschäftigung mit verschiedenen Musikkulturen, musikkabarettistische Experimente.
1991 Abschluss eines Psychologiestudiums in Graz (Mag. phil.) mit einer Arbeit über ein musikpsychologisches Thema. Pädagogische und therapeutische Arbeit mit dem Medium Musik.
Gründer und ab 2000 Leiter des gemeinnützigen Vereins „Leib&Söl“, der für Menschen mit intellektuellen oder körperlichen Beeinträchtigungen berufliche Eingliederungshilfe, Beschäftigung, Förderung und Pflege in Tagesstätten sowie mobile Begleitung bietet. Autor zahlreicher Konzepte und organisatorischer Regelwerke sowie Beiträge in der Öffentlichkeitsarbeit des Vereins.
Früher Schreiber von Gedichten und Liedertexten, spätberufener Schreiber von Prosa.
Das vorliegende Werk ist das erste, das es bis zur Buchform geschafft hat.
Horst Ernst Pessl
2030 –
EIN TAG IM LEBEN DES
ENIF QUADROCOR
Eine utopische Novelle
Engelsdorfer Verlag
Leipzig
2018
Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.deabrufbar.
Copyright (2018) Engelsdorfer Verlag
Alle Rechte beim Autor
Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)
www.engelsdorfer-verlag.de
Cover
Titel Horst Ernst Pessl
Impressum Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Copyright (2018) Engelsdorfer Verlag Alle Rechte beim Autor Hergestellt in Leipzig, Germany (EU) www.engelsdorfer-verlag.de
Enif erwacht
Der Weg zum Kollektiv
Die Kunst der Balance
Kurze Verschnaufpause und die Fahrt aufs Land
Der Abend beim Althippie
Die Heimfahrt
Spätnächtliche Spinnereien
Gewidmet meinen Kindern
Teresa, Lukas und Rafael
sowie meiner
geliebten »Weißen Feder«
Eine sanfte, tiefe Vibration erreicht ihn fernab dieser Welt.
Anfangs nimmt er sie nur am Rande wahr, doch als sie beginnt stärker, höher und aufdringlicher zu werden, versucht er instinktiv ihre Ursache zu ergründen.
Er verlässt seinen Schwebezustand und taucht tiefer, um am Grunde angelangt herumzuwühlen, in der Hoffnung die Quelle des Vibrierens zu finden – doch vergeblich.
Auch in den Spalten, die er plötzlich seitlich wahrnimmt und in die er tief hineingreift, ist nichts Ursächliches zu finden.
Das Vibrieren ist mittlerweile schon in einen auf- und abschwellenden Ton übergegangen und da erkennt er dieses plötzlich als vertrautes Signal, das ihn zum Auftauchen ruft.
Und so gleitet er zielstrebig nach oben.
Als er schon glaubt wieder in seinem Wachbewusstsein angekommen zu sein, blickt er hoch und sieht am blauen Himmel eine große weiße Wolke, die sich wandernd verformt.
Bevor er sich in diesem Bild verliert, macht er sich aber bewusst, dass er offenbar noch immer träumt, denn es ist ihm gewiss, dass er sich ja in einem geschlossenen Raum befindet.
Eine äußerst sympathische Frauenstimme holt ihn in diesem Zwischenstadium ab: »Schönen Guten Morgen, Enif, aus den Federn! Du hast heute einiges vor. Die Kaffeemaschine läuft bereits.«
Es ist die Stimme eines digitalen, lernenden Kommunikationssystems, das bereits seit vielen Jahren quasi bei ihm wohnt und dem er nach anfänglich skeptischer Distanz den Namen Digi gegeben hat.
Er lebt freiwillig allein und genießt das durchaus, doch diese sanfte weibliche Stimme, die ihm verlässlich und freundlich dabei hilft aus seinen entfernten Träumen wieder zur vereinbarten Realität zurück zu kehren, möchte er mittlerweile nicht mehr missen.
Kurz taucht er noch einmal ab und sieht den Himmel mit der Wolke, die sich weiter verformt.
Er lässt sie weiterziehen und kehrt nun ganz ins Wachbewusstsein zurück.
Als er die Augen öffnet, nimmt er die langsam zunehmende Helligkeit des von Digi gerade aktivierten Schlafzimmerlichtes wahr. Er rollt sich in gewohnter Weise seitlich unter seiner warmen Decke hervor und setzt sich mit einem willensstarken Schwung auf.
Langsam und bedacht atmet er ein, hält den Atem kurz an und lässt dann den Luftstrom mit einem Brummen aus seiner Lunge entweichen.
Dabei vibriert erst sein Brustraum und zunehmend auch sein Kopf, was seinem Wachwerden in vertrauter Weise zuträglich ist.
Sein Herz pumpt noch langsam und sein Kreislauf lässt sich noch Zeit, aber seine Sinnesorgane sind schon zum Wahrnehmen bereit – dem Geschmack in seinem Mund zufolge ist das letzte Zähneputzen wieder einmal ausgefallen.
Digi meldet sich wieder zu Wort: »Lieber Enif. Da du erst vor knapp fünf Stunden schlafen gegangen bist, bedarf es wohl einiger zusätzlicher Anstrengung deinerseits, deinen Körper voll zu aktivieren. Also hoch mit dir! Außerdem seiest du daran erinnert, dass du heute um 10 das Treffen mit der neuen Schwester vom Kollektiv hast. Vielleicht solltest du dich, auch wenn es nicht deinem Zweitagesrhythmus entspricht, heute doch unter die Dusche stellen und rasieren.«
Das ist für Enif zu dieser für ihn frühen Stunde nun doch etwas zuviel an Information. Es ist zwar bereits 8, aber aufgrund seiner spätnächtlichen Privatstudien hat er wieder einmal nicht viele Stunden des Schlafes abbekommen. Und davon keine einzige vor Mitternacht.
Wenn er dann endlich in das Schlafbewusstsein abtaucht, verbringt er die halbe Nacht mit Träumen. Die Traumwelt ist sein persönliches Parallel-Universum, das für ihn manchmal realer scheint als der Rest.
Der Übergang zwischen beiden Welten stellt für ihn aber öfters doch ein kleines Dilemma dar.
Dass Digi ihm gerade empfohlen hat sich wegen des Treffens mit der neuen Regionalkoordinatorin außerhalb seines gewohnten Rhythmus’ zu duschen und rasieren, belustigt und verwundert ihn zugleich. So was hat er von ihr in all den Jahren noch nie gehört.
Hat sie da wieder etwas dazugelernt?
Die Empfehlung ist ja nicht ganz von der Hand zu weisen.
Aber er bleibt bei seinem Rhythmus. Seine äußere Gepflegtheit war ihm nie sehr wichtig und das wird er in diesem Leben wohl auch nicht mehr ändern.
Die Worte seiner digitalen Mitbewohnerin helfen ihm immer wieder einmal dabei sich zu orientieren, wo und wer er in dieser Welt gerade ist. In seinen Träumen ist das ja nicht so selbstverständlich und manch intensiver Traum begleitetet ihn bis weit in den Tag hinein. Auch seine nächtlichen Privatstudien über die Menschheitsentwicklung lassen ihn manchmal zwischen Raum und Zeit wanken und schwanken. Digi gibt ihm dabei oft gute Ankerpunkte.
Er steht auf, balanciert sich etwas wackelig aus, steigt geübt in die gestrige Unterhose, schlüpft zielsicher in die Hausschuhe und verlässt das Schlafzimmer Richtung Toilette. Am Weg dorthin kommt ihm in der Wohnküche bereits der anregende Duft von der Kaffeemaschine entgegen. Allein dieser Duft bringt seinen Kreislauf schon wieder etwas mehr in Schwung.
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