Um die Urlaubsstimmung nicht zu vermiesen, schlage ich vor, dass ich alles zahlen würde, sollten wir mehr geschäftliche Angelegenheiten als private wahrnehmen. Damit erklärt sich Hong glücklicherweise einverstanden, so dass unser Streit rasch beigelegt ist. Als ich jedoch die Kostenteilung für zukünftige gemeinsame Urlaube anspreche, ist es mit der trauten Einigkeit wieder vorbei. Auch mein argumentatives Kompliment, Hong sei doch eine sehr moderne Frau, verfehlt seine Wirkung um Äonen. Sie droht mir mit Scheidung nach unserer Rückkehr, da sie weder von mir noch von anderen ausgenutzt werden möchte, und geht schlafen.
Am nächsten Morgen wird mir klar, dass der Streit gar nicht hauptsächlich ums Geld geht, sondern Hongs Eifersucht mal wieder die Oberhand gewonnen hat. Nach meinen üblichen Poolrunden erfahre ich, dass Hong mein Handy durchsucht hat, als ich im Wasser war. Sie erstaunt mich immer wieder, denn sie hat alle meine früheren SMS-Korrespondenzen mit ehemaligen Freundinnen notiert. Nun wirft sie mir vor, dass ich immer Backup-Lösungen suchte.
Was soll ein Mann darauf antworten? Ich versuche, das Beste daraus zu machen, und antworte ehrlich: »Ich habe dich geheiratet, um mit dir glücklich zu sein! Ich habe keine kleine Dritte und natürlich habe ich auch nicht vor, dich zu betrügen.«
Sie kontert in der ihr eigenen Logik. »In unserer Beziehung fühle ich mich oft wie ein Investor. Ich frage mich immer wieder, ob du ein gutes Objekt bist, in das es sich zu investieren lohnt. Immerhin sinkt dein Wert mit fortschreitendem Alter und mit deinem Machtverlust in der Firma. Wenn deine jetzige Firma dich nicht mehr braucht, bist du pleite und von mir abhängig«.
Manchmal frage ich mich wirklich, was in ihrem hübschen Köpfchen vorgeht. Ich habe schon für viele Firmen gearbeitet und es wird immer eine neue Firma geben, bei der ich einen Job finde. Ich bin da pragmatisch.
Da sie offenbar ihre Meinung zum Thema Eifersucht erschöpfend kundgetan hat, wechselt sie wieder zum Problemkind Geld, während wir uns auf dem Weg zum Anwaltsbüro machen, um noch Details zu klären. Hong ist noch immer der Meinung, sie zahle den gesamten Urlaub, und fühlt sich betrogen. Zudem seien wir schon wieder nur wegen meiner dummen Immobilie unterwegs. Wenn sie das vorher gewusst hätte, wäre sie niemals mitgekommen.
In meiner Erinnerung steht das zwar anders geschrieben, denn sie hatte dem Urlaub mit Grundstückbesichtigung zugestimmt, aber ich bin lieber der Klügere, der nachgibt.
Zu allem Überfluss lässt sich der Anwalt nicht blicken und erklärt am Telefon freundlich, er verspäte sich eine Stunde. Um die Zeit zu überbrücken, erkunden wir die nähere Umgebung und finden uns auf einer Gay-Straße wieder. Im zweiten Stock eines Gebäudes entdecken wir ein Lokal, aus dem Livemusik auf die kleine Seitenstraße dringt, und beschließen, nach dem Treffen mit dem Anwalt dort einzukehren. Besagter Jurist lässt noch auf sich warten, aber letztendlich verläuft das Gespräch positiv, so dass ich den Vertrag unterzeichne. Während ich mir im Lokal zur Feier des Tages einen ganzen Liter Bier vom Fass gönne, begnügt sich Hong mit einem Saft und einer Rüge. Es sei lediglich ein Anwaltsvertrag zustande gekommen, der im Moment nur Geld verbrate und einen erfolgreichen Ausgang nicht garantiere.
Das Bier wird mit der Zeit warm und schmeckt nicht mehr. Ich fühle mich sogar etwas unwohl und möchte nur noch ins Bett.
Trotz der vielen Stunden Schlaf fühle ich mich am nächsten Morgen schlapp und in meinem Kopf hämmert es ganz gewaltig. Was war bloß in dem Bier gewesen? Hat da jemand reingepinkelt? Hong und ich hatten heute eigentlich einen Ausflug zu einer benachbarten Insel geplant, ziehen es nun aber doch vor, am Strand zu relaxen.
Am späten Nachmittag erkundige ich mich an der Hotelrezeption nach der nächstgelegenen Bank, da ich die Gebühren für den Rechtsanwalt aufgrund der geringeren Kosten gleich hier in Thailand mit meiner deutschen Kreditkarte überweisen möchte. Die Gebühren konnte ich nicht direkt beim Anwalt per Kreditkarte begleichen. Zudem zurück in China wird die Überweisung nach Pattaya bestimmt wesentlich teurer. Es gibt zwar Möglichkeiten, ohne Konto bei der gewählten Bank Geld zu überweisen, allerdings muss man dieses in bar dort einzahlen, was zum einen umständlich und zum anderen sehr kostenintensiv ist, da die nicht gerade geringen Gebühren noch abhängig von der Höhe des Überweisungsbetrages sind. Macht auch nicht jede Bank, und wie sich das in Pattaya verhält, kann ich jetzt noch nicht sagen. Doch soviel Thai Baht als Bargeld hat Hong und ich nicht dabei. Wenn ich das Bargeld hätte, könnte ich es ja gleich zum Anwalt tragen.
Ich hoffe, das eine solche Transaktion über Kreditkarte möglich ist, ich bin Optimist. Und ob es sinnvoll ist, erst das Geld mit der Kreditkarte abzuheben und dann als Bargeld wieder einzuzahlen, um die Überweisung zu tätigen, ist auch fraglich.
Doch die Wegbeschreibung der Hotelrezeption stellt sich als falsch heraus, so dass wir uns durchfragen müssen. Nach einem Spießrutenlauf durch die Nachbarschaft teilt uns schließlich die Angestellte einer Wechselbude mit, dass sich die nächste Bank ein gutes Stück von hier entfernt befinde. Nach den ersten Schritten entlang der schmutzigen und stark befahrenen Hauptstraße entscheiden wir uns entnervt für ein Taxi. Nachdem ich mit dem Fahrer den Fahrpreis ausgehandelt habe und Hong zahlt, wirft sie mir einen kritischen Blick zu. »Du bist viel zu weich beim Verhandeln. Du wirst niemals reich werden!«
Ich ignoriere ihren Einwand und schaue schweigend aus dem Fenster. Der Geldtransfer mit der Kreditkarte erweist sich erstaunlicherweise als unproblematisch und ich überweise auch gleich etwas Geld an Hong, damit sie mir nicht mehr vorwerfen kann, sie zahle den Urlaub allein. Anschließend machen wir es uns bei einem leckeren Eis in einer Eisdiele gemütlich und besichtigen danach einen Nachtmarkt, wo mir ein Schild mit der Aufschrift »Traditionelle Thai-Massage« ins Auge springt. Meine Frau willigt nur unter der Bedingung ein, dass sie mich dabei fotografieren dürfe. Damit habe ich kein Problem, aber in dem kleinen, mit Ventilatoren und Aquarien vollgestellten Laden teilt uns eine hübsche Thai-Dame am Empfang mit, dass keine Kameras erlaubt seien. Als ich nach einer Stunde wieder am Empfang stehe, fühle ich mich gute zehn Jahre jünger, doch dieses Gefühl wird schlagartig zunichte gemacht, als ich feststelle, dass ich meine Geldbörse im Hotel vergessen habe. Das fällt mir jetzt erst auf, denn meine Kreditkarte steckt ja immer in meiner Brusttasche, Hong hat immer bezahlt, so daß ich mein Portemonnaie nicht brauchte.
Hong weigert sich, meine Rechnung aus unserer gemeinsamen Reisekasse zu begleichen. Ihre Begründung, sie hätte schließlich nichts von der Massage gehabt, da sie eine ganze Stunde lang das Wandbild gegenüber der Sitzbank anschauen musste, ist nicht von der Hand zu weisen. Aber dass sie nicht wisse, was oben im ersten Stock vor sich gegangen wäre und dass ich vielleicht mit der Dame Sex gehabt hätte, ist an Absurdität nicht zu überbieten.
»Das ist doch lächerlich«, entgegne ich. »Jetzt komm schon, ich habe kein eigenes Geld dabei. Außerdem hättest du dir auch eine Massage gönnen können.«
Mein treuer Hundeblick verfehlt leider seine Wirkung, denn Hong empfiehlt mir trotzig: »Dann arbeite deine Schulden doch als Putzmann ab!«
Eigentlich ist diese Vorstellung sehr witzig, aber ich halte mich mit meiner Erheiterung zurück, um ihren Unmut nicht noch zu schüren, und bitte sie nochmals, meine Schulden zu zahlen. Endlich gibt sie nach.
Auf der Straße essen wir eine Portion Shrimps und kaufen Tee und Früchte, bevor wir mit dem Baht-Bus zurück zum Hotel fahren.
Der Sonntagmorgen begrüßt uns mit einem strahlendblauen Himmel – schade, dass wir heute abreisen. Ich gönne mir vor dem Frühstück die letzten Runden im Pool, bevor die anderen Hotelgäste meine Bahnen blockieren.
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