Lilly Grünberg - Mein

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Dein, Sein … Mein
Linus ist Pannenhelfer bei den «Orangen Engeln». Auf der Rückfahrt von seinem letzten Einsatz wird die Autobahn plötzlich wegen eines schweren Unfalls gesperrt und Linus steckt mittendrin im Stau fest. Was soll er tun? Seit Wochen trifft er seine neue Bekanntschaft nur im Chat einer Partnervermittlung und heute soll ihr erstes Live-Date sein. Er darf sie auf keinen Fall versetzen, denn sein Horoskop verspricht ihm, dass er genau heute seine Traumfrau trifft. Nur einer kann ihn in dieser Situation retten: sein bester Freund Maik, der von dieser Idee aber überhaupt nicht begeistert ist. Und dann läuft alles völlig aus dem Ruder .

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War es einfach so, dass sie einem Orangen Engel automatisch ein gewisses Vertrauen entgegen brachte, oder strahlte er ganz persönlich etwas aus, das ihr Inneres ansprach? In seiner Gegenwart fühlte sie sich wohl und geborgen, als ob sie sich schon eine Ewigkeit kennen würden.

»Ist Ihnen warm genug?«

»Oh ja, vielen Dank. Finde ich übrigens toll, dass Sie mich mitnehmen. Machen Sie so etwas öfter?«

Himmel, was fragte sie denn so blöd? Hitze stieg ihr ins Gesicht.

Eine Sekunde verging, dann schaute er kurz zu ihr herüber, wandte den Blick aber gleich wieder zurück auf die Straße. Konnte es sein, dass sie ihn verlegen gemacht hatte?

»Nein, das ist das erste Mal«, erwiderte er ein wenig rau.

Am liebsten hätte sie ihn gefragt warum, und sie wünschte sich, dass es etwas zu bedeuten hätte. Gegen die Dunkelheit zeichnete sich sein Profil jetzt nur noch schwach ab, aber was sie von ihm gesehen hatte, genügte ihr. Ein markant männliches Gesicht mit einer gewissen Ähnlichkeit zu Paul Walker, und braunen, kurz geschnittenen Haaren. Straßenretter hatte sie sich immer ein wenig grobschlächtiger vorgestellt, eher mit der Statur eines Bodybuilders. Aber natürlich war das Blödsinn.

»Und – was arbeiten Sie da so, in Manching? Ich meine, sofern Sie darüber sprechen können.«

Was das betraf, hatte er ins Schwarze getroffen. Der größte Teil ihrer Arbeit unterlag der Geheimhaltung. Zu groß war die Gefahr von Werksspionage oder anderen kriminellen Interessen.

»Also, im weitesten Sinne bereite ich Informationsmaterial und technische Unterlagen auf.«

»Sie fertigen Handbücher über die Funktionsweise eines bestimmten Flugzeugtyps?«

»Nja, so etwas Ähnliches«, gab Lola zu. Seine Vermutung war nicht allzu weit von der Wirklichkeit entfernt.

»Und vermutlich streng geheim«, raunte er kaum hörbar zurück, mit einem Schmunzeln.

»Genau das«, hauchte Lola zurück, als müssten sie beide heimliche Zuhörer befürchten.

Eine Weile sagte keiner von ihnen mehr etwas, bis die Lichter der Stadt in der Dunkelheit vor ihnen auftauchten.

Lola sah auf die Uhr. »Oh, schon so spät? Hoffentlich treffen wir überhaupt noch jemanden in der Werkstatt an!«

»Falls nicht, laden wir Ihren Wagen dort ab und Sie rufen morgen früh an.«

»Hmm.« Das kostete alles Zeit. Von ihrer Vertragswerkstatt bis nach Hause brauchte sie normalerweise fast zwanzig Minuten, mit öffentlichen Verkehrsmitteln noch länger. Aber vielleicht konnte sie einen Leihwagen bekommen.

»Da vorne ist es.«

Linus nickte. Er parkte auf der Straße, während der Abschleppwagen auf das Gelände einbog.

Glücklicherweise war noch jemand in der Werkstatt und nahm die Schlüssel entgegen. Lola schilderte mit Linus’ Unterstützung das Problem. Enttäuscht vernahm sie, dass der Mitarbeiter nicht befugt war, ihr einen Leihwagen zu geben. Sie musste einfach damit zufrieden sein, dass überhaupt noch jemand vor Ort gewesen war.

»Wenn Sie möchten, bringe ich Sie nach Hause«, bot Linus ihr an.

Beklemmung erfasste Lola. Ein ähnlich formuliertes Angebot hatte sie einmal angenommen und die schlechte Erfahrung machen müssen, dass damit eine bestimmte Erwartung verbunden worden war. Man sah Menschen nicht immer an, was sie dachten und in Wahrheit wollten. Gehörte dieser Mann auch dazu? Andererseits, er würde sicherlich nicht riskieren, dass sie sich über ihn beschwerte, weil er sie sexuell belästigt hatte.

Lola dachte noch immer über die Optionen nach, als Linus sie anlächelte und damit ihren Argwohn zerstreute. Als er die Beifahrertür öffnete, stieg sie ein. »Und es macht Ihnen auch bestimmt keine Umstände?«

Linus schüttelte den Kopf. »Nein, machen Sie sich darüber keine Sorgen.«

»Okay, dann sage ich Danke.«

Während der Fahrt sprachen sie kein Wort.

»Da vorne ist es.« Lola deutete geradeaus, auf ein Mietshaus, dessen gelber Anstrich im Licht der wenigen Straßenlaternen kaum zu erkennen war. »Der zweite Eingang.«

Linus hielt mangels freiem Parkplatz in zweiter Reihe, schaltete die Warnblinkanlage ein und den Motor aus.

»So, da sind wir.«

»Ja. Angekommen.«

Herrgott, fiel ihnen denn nichts Intelligenteres zu reden ein? Sollte sie ihn noch hereinbitten? Eigentlich war er ja ganz nett und sah auch gut aus. Aber nein, er war lediglich ein Mann, der ihr geholfen hatte und das war sein Beruf.

»Ich drück’ Ihnen die Daumen, dass der Fehler schnell gefunden wird. Bestimmt ist es nur eine Kleinigkeit, die dem Auto fehlt.«

»Der Knutschkugel«, ergänzte Lola.

»Genau«, grinste Linus und streckte ihr die Hand entgegen. »Auf Wiedersehen, Frau Gehrke. Und noch einen schönen Abend.«

Lola schluckte. Sie wusste nicht so recht, was sie sagen sollte. Nicht einmal ein Trinkgeld konnte sie ihm geben. Ihre Geldbörse war fast leer, wie sie wusste, da sie am Morgen getankt hatte.

»Ihnen auch. Und noch einmal vielen Dank fürs Heimfahren und überhaupt.«

Sein Händedruck war angenehm fest, ohne jedoch ihre Finger zu quetschen, und sie erwiderte den Druck entsprechend. Vorsichtig öffnete sie die Tür, darauf bedacht nicht an dem neben ihnen parkenden Auto anzustoßen, und stieg aus. Er wartete noch und sah ihr hinterher, bis sie die Haustür erreicht hatte. Dann erst startete er den Motor, winkte ihr einen letzten Gruß zu und fuhr weiter.

Ein Gefühl der Leere überkam sie, als sie die Wohnung betrat und das Licht anmachte. Es war so still, so verdammt still. Nicht einmal, als keiner von ihnen gesprochen hatte, war es derart still gewesen.

Verwirrt setzte Lola sich auf das Sofa im Wohnzimmer und starrte vor sich hin.

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