Lilly Grünberg - Mein

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Dein, Sein … Mein
Linus ist Pannenhelfer bei den «Orangen Engeln». Auf der Rückfahrt von seinem letzten Einsatz wird die Autobahn plötzlich wegen eines schweren Unfalls gesperrt und Linus steckt mittendrin im Stau fest. Was soll er tun? Seit Wochen trifft er seine neue Bekanntschaft nur im Chat einer Partnervermittlung und heute soll ihr erstes Live-Date sein. Er darf sie auf keinen Fall versetzen, denn sein Horoskop verspricht ihm, dass er genau heute seine Traumfrau trifft. Nur einer kann ihn in dieser Situation retten: sein bester Freund Maik, der von dieser Idee aber überhaupt nicht begeistert ist. Und dann läuft alles völlig aus dem Ruder .

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»Maik, ich habe heute ein Date. Aber ich schaff das nicht rechtzeitig.«

»Oh, verstehe. Dann brauchst du echt Hilfe von Superman. Ich schau mal, ob ich ihn irgendwie erreichen kann.«

»Scherze helfen mir gerade nicht weiter«, maulte Linus genervt.

»Mensch, was ist los mit dir? Dann ruf sie halt an, dass du später kommst. Ist doch kein Problem, das wird sie schon verstehen.«

Konnte es noch peinlicher werden?

»Ich – hab keine Telefonnummer von ihr.«

Am anderen Ende war für einen Augenblick nur Stille. Sogar das Klackern auf der Tastatur war eingestellt worden. Maik gehörte zu den wenigen Männern, die voll multitaskingfähig waren. Es war nichts Außergewöhnliches, dass er weitertippte, während er sich mit Linus unterhielt.

Dann ertönte lauteres Lachen. »Willst du mich verarschen? Was für’n Date ist das denn?«

Seine Hand zitterte. Jetzt musste er mit der Wahrheit ans Licht. Tick-tack, die Zeit verrinnt!

»Na ja, so ’ne Art Blind Date über ’ne Partneragentur. Also, wir haben schon ein bisschen gechattet, Persönliches ausgetauscht und so …«

Das Lachen schwoll zu einem Inferno an und dröhnte in Linus’ Ohr.

»Soll das heißen, du …« Maik beruhigte sich ein wenig und prustete nun nur noch leise belustigt in den Hörer. »Du hast dich tatsächlich bei so ’nem Verein angemeldet? Mensch Linus, das hast du doch nicht nötig, die zocken dich doch nur ab.«

Linus traute sich nicht, irgendetwas darauf zu antworten. Er ahnte auch so, was Maik auf jeglichen seiner Gründe erwidern würde: Du siehst gut aus und wenn du dich ein wenig mehr anstrengen würdest, wärst du längst verheiratet .

Als ob das so einfach wäre. Linus unterdrückte ein Seufzen. Genau das war der Kern seines Problems. Ja, er sah gut aus und hatte damit einen Kennenlernbonus in der Frauenwelt.

Und nein, das war kein Garant fürs große Glück.

Denn er hatte bisher jedes Mal den Eindruck gewonnen, die Frauen wollten ihn nur eine Zeitlang als attraktiven Begleiter, vielleicht um ihre Freundinnen neidisch und ihren eigentlichen Wunschmann eifersüchtig zu machen. Gewiss, er war ein Mann zum Herzeigen, wenn er geduscht hatte und ordentlich angezogen war. Aber es war nun mal nicht völlig zu vermeiden, trotz Handschuhen, dass er schmutzig nach Hause kam, mitunter nach Öl und Benzin roch. Bisher hatte das jede abgetörnt. Verständnis für seinen Beruf, mit Arbeitszeiten auch mal an Sonn- oder Feiertagen, hatte nicht eine auf Dauer aufgebracht. Trotzdem liebte Linus seinen Job, diese Möglichkeit, anderen Menschen auf seine Weise zu helfen, und er hätte ihn niemals für eine Frau aufgegeben.

»Und du hast wirklich keine Nummer von ihr?«

Verständlich, dass Maik ihm das nicht abkaufte.

»Wie habt ihr euch denn dann verabredet?«, bohrte dieser weiter. »Per Chat, über die Partnerwebsite.«

»Na also, schreib ihr halt.«

Linus seufzte. Manchmal war sein Freund ein echter Holzklotz. »Hör zu, unser Treffen ist in nicht mal einer halben Stunde. Wenn ich ihr jetzt schreibe, liest sie das vielleicht gar nicht mehr.«

»Und weiter? Wie soll ich dir dabei helfen? Ich hab’s leider noch nicht geschafft, die Uhr zurückzudrehen«, gab Maik zurück, deutlich von dieser Unterhaltung strapaziert.

Jetzt musste er alles auf eine Karte setzen, damit sein Freund die Dringlichkeit seines Anliegens verstand und ihn nicht im Stich ließ.

»Es ist so, dass … also, ich … ich muss da hin, ich meine, ich müsste … mein Horoskop ist eindeutig. Heute treffen Sie die Frau Ihres Lebens . Deshalb …«

Das Klappern der Finger auf der Tastatur setzte wieder ein.

»Ich hab dir schon tausend Mal erklärt, dass du diesen Mist nicht glauben sollst. Das sind Standard-Horoskope, die auf fast jeden Menschen zutreffen. Und überhaupt, wann hattest du vor, mir von deiner Partnersuche zu erzählen?«, schnaubte Maik ungehalten.

Verständlicherweise war sein Freund ein wenig über diese Geheimniskrämerei gekränkt. Normalerweise erzählten sie sich alles. Aber da Linus wusste, was Maik über Partnervermittlungen dachte, hatte er es vorgezogen, dies vorerst für sich zu behalten. Was ihm nicht leicht gefallen war.

»Naja, spätestens wenn ich sie dir das erste Mal vorgestellt hätte, aber jetzt – jetzt ist es ja so, dass du sie sogar noch vor mir kennenlernst. Ich meine, es wäre super, wenn du das für mich tun würdest.«

Endlich war es raus!

Für einen Augenblick war Funkstille, auch das Geräusch auf der Tastatur verstummte wieder. Dann hörte er Maiks lautes Atmen durch den Hörer.

»Sag mal, spinnst du? Hab ich das gerade richtig verstanden? Du willst, dass ich zu deinem Date gehe?«

»Ja genau. Ist ja fast bei dir um die Ecke, also kein großer Umstand. Wir haben uns nämlich im Assado verabredet. Du müsstest allerdings gleich …«

»Drehst du jetzt völlig durch? Wie soll das denn gehen? Die hört mich doch erst gar nicht an … außerdem hab ich noch zu tun.«

Klar, sie hätten rein äußerlich nicht unterschiedlicher sein können. Nur – eigentlich erwartete seine Auserwählte ja gar nicht jemanden von Linus’ Statur …

»Ach komm schon, ist ja nur für ’ne Stunde. Weißt du, Maik, es ist so … Ich meine, ich habe ihr zwar geschrieben, dass ich für die Orangen Engel arbeite. Ganz mit offenen Karten, auch wegen meinen Arbeitszeiten, sonst gibt das später Stress, nach dem Motto: Hätte ich das gewusst … Aber, nun ja, das Foto, weißt du, das man hochladen muss …« Seine Stimme drohte zu versagen und Linus räusperte sich. »Also, um es kurz zu machen: Auf dem Foto bist du zu sehen.« Jetzt war es endlich raus. Sein Herz raste wie verrückt.

Stille.

»Maik? Bist du noch dran?«

»Sag das noch mal!« Der pikierte Unterton war nicht zu überhören. »Du hast wohl nicht alle Tassen im Schrank? Du kannst doch nicht einfach mein Bild … Also, du bist ja ein solcher Vollpfosten!« Ein letztes ungehaltenes Schnauben war zu hören, dann brach die Verbindung plötzlich ab.

Mist, und nun? Es war Maik nicht zu verdenken, dass er diese Neuigkeiten nicht gut hieß. Verzweifelt hieb Linus mit der Faust auf die Hupe. Der Fahrer auf der linken Spur neben ihm zeigte ihm einen Vogel.

Was für ein verkackter Tag!

4 Die Stunde rückte näher und Maureen verfluchte ihre Freundinnen die ihr das - фото 8

4

Die Stunde rückte näher und Maureen verfluchte ihre Freundinnen, die ihr das eingebrockt hatten. Es war zwar ganz unterhaltsam, mit einem Wildfremden zu chatten, ihn aber zu treffen, war eine andere Sache. Je häufiger sie darüber nachdachte, desto weniger Lust verspürte sie dazu. Auch wenn ihr das Bild des Mannes inzwischen vertraut erschien und er sympathisch aussah.

Bilder konnten lügen. Informationen konnten lügen. Das Internet war eine Lüge. Und überhaupt: Waren nicht Männer die geborenen Lügner?

Das Telefon klingelte. Mit einem Stoßseufzer nahm Maureen ab. Das Display verriet, dass der Anrufer Denise war.

»Hi, wie geht’s dir? Bist du schon aufgeregt?«

Sie hätte den Mädels nicht verraten sollen, dass ihr Date heute Abend stattfand.

»Ein bisschen«, gab Maureen zu. Am besten wäre sie wohl beraten, ihr Handy bei Verlassen der Wohnung auszuschalten, um nicht genervt zu werden.

»Soll ich dir noch ein paar Tipps verraten? Also ich würde …«

»Danke«, wehrte Maureen lachend ab. »Lieb von dir gemeint, aber ich bin schon erwachsen. Und ich bin auch ein anderer Typ als du, also lass es.«

»Na gut«, sagte Denise und fuhr fort über ihren neuesten Flirt zu schnattern, was Maureen überhaupt nicht interessierte. Denise hatte alle paar Wochen einen Neuen, das konnte niemand ernst nehmen. Davon abgesehen aber war sie eine liebe und äußerst zuverlässige Freundin, wenn man sie mal brauchte.

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