Beim Lesestart ist etwas Extrainformationwohl ganz nützlich. Meine Tipps beginnen mit dem simplen Hinweis auf das spezielle Inhaltsverzeichnis, um einen Überblick zu ermöglichen und Anhaltspunkte zu liefern, welcher der fünf Buchteile am meisten interessiert. Zu den einzelnen Kapiteln gebe ich hier nur je einen Satz Erklärung. Mehr dazu enthält der jeweilige Vorspanntext des betreffenden Teils im Buch. Also:
–«Aufbruch zu neuen Horizonten» umfasst fünf Interviews mit Persönlichkeiten, in deren Leben sich durchs Reisen neue kreative Wege öffneten.
–«Weltenbummeln – warum und wozu?» enthält fünf populärphilosophische Essays aus verschiedenen Perspektiven.
–«Weltweit unterwegs, um zu lernen» umfasst neun beispielhafte Reportagen zu bestimmten Themenschwerpunkten.
–«Wollen wir ‹bewusst und fair› reisen?» sind drei Beiträge zum Thema Tourismuskritik.
–«Neue Erkenntnisse, Weltsichten und Lebensperspektiven» – das sind die Editorial-Kolumnen aus den ersten 84 Ausgaben des Globetrotter-Magazins .
–Im Anhang finden sich unsere Schreibregeln für LeserreporterInnen des Globetrotter-Magazins .
Sämtliche Beiträge sind zuerst im Globetrotter-Magazin erschienen. Wenn auch die grosse Mehrheit der Texte aus meiner Feder stammt, so finde ich aber die fünfzehn ergänzenden Reportagen und Essays von LeserreporterInnen zum Leitthema «Reisen als Lebensschule» besonders lesenswert. Um die Berichte entwicklungsgeschichtlich besser einordnen zu können, sind alle mit Publikationsdatum versehen, denn sie erhellen auch die Veränderungen im Individualtourismus im Lauf eines halben Jahrhunderts.
Meine Weltenbummel-Lebensphasekann in der Rückschau wohl als das «goldene Zeitalter des Globetrottens» gesehen werden. Weil man noch Terra incognita entdecken und täglich echte Abenteuer erleben konnte. Entdecken und Abenteuer gibts zwar auch heute noch, nur eben etwas anders, moderner. Doch niemand wird gezwungen, mit Smartphone, GPS und Laptop loszuziehen und unterwegs jede Nacht stundenlang im Internet zu surfen, um alles schon im Voraus zu sehen und alle Details zu kennen. Überraschungen beim Reisen sind doch wie das Salz in der Suppe. Der Blick soll sich auf die grosse weite Welt richten und all das Unerwartete, das sie für uns bereithält.
Dieses Buch will den Spirit der unbekümmerten Anfangsjahre mit ihrer Leichtigkeit und ihrem Wagemut noch einmal heraufbeschwören. Keineswegs als ein Rückblick auf ein abgeschlossenes Kapitel, das nur noch nostalgischen Wert hat – nein, als Beweis, dass der Aufbruchsgeist noch immer lebendig ist. Und so leben die Geschichten und Episoden um Abenteuer und Weltenbummler in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch einmal auf.
Weil der Beginn dieses neuen Unterwegsseins nach der Mitte der 1960er-Jahre mit den Anfängen der Hippiebewegung zusammenfiel, nannte man die erste bedeutende Wegstrecke jener Aufbruchsgeneration, die Überlandreise vom «Startpunkt» Istanbul nach Indien (mit den hauptsächlichen Endpunkten Goa und Kathmandu), schon bald den «Hippietrail». Aus «Trampern/ Rucksackreisenden/Backpackern» wurden später «Alternativreisende», «Globetrotter» und «Budget-Traveller» – bis hin zu den heutigen «multioptionalen Individualreisenden». In der Statistik sind alle Touristen.
Um Newcomern den Einstieg zu erleichtern,möchte ich hier kurz in wenigen Sätzen die Vorgeschichte erklären: Nach meinen sieben privaten Reisejahren 1967–1973 als freier Weltenbummler und gelegentlicher Fotoreporter unternahm ich 1974 meine erste Diavortragstournee, die unerwartet heftig «einschlug». Gleichzeitig gründete ich die Informationsstelle Globetrotter Club , meinem Stil entsprechend zunächst informell, doch in der Praxis beliebt und gut funktionierend. Jahrelang hatte ich davon geträumt, eine eigene Zeitschrift herauszugeben, doch dafür waren weder Geld noch Zeit oder Mitarbeiter vorhanden. Also improvisierte ich 1974 bis 1981, indem ich fast jeden Monat eine Anzahl rustikalorigineller Infoblätter verfasste, diese kopieren liess, eigenhändig in Couverts verpackte, per Velo zur Post brachte und an die Reisefans verschickte. Im Sommer 1982 brachte ich endlich die erste Ausgabe des Globetrotter-Magazins heraus – zwar noch nicht das Gelbe vom Ei, aber ein vielversprechender Anfang. Während 26 Jahren machte ich im Nebenjob (neben der Hauptarbeit, dem Aufbau des Globetrotter Travel Service ab 1976) diese Zeitschrift als Chef- respektive Alleinredaktor, ab 2008 dann noch als Herausgeber.
In den über hundert Texten werden zwar viele spezielle Reisen und Reisearten beschrieben, doch ich lege hier keine fixfertigen Rezepte vor, wie man reisen soll, jeden Fehler vermeidet und zu einem erfolgreichen und glücklichen Globetrotter wird. Das wäre doch zu einfach – und unrealistisch. Denn jeder Mensch reagiert in einer bestimmten Situation anders, und auch derselbe Mensch je nach Ort, Zeitpunkt und innerer Verfassung jedes Mal anders. Klar im Denken und Handeln wird, wer seine eigenen, vielfältigen und nicht nur schönen Erfahrungen gemacht und daraus nachhaltig gelernt hat. Ich kann nur verantwortungsbewusst informieren und auf interessante Möglichkeiten und eine passende innere Einstellung hinweisen.
Das Ziel des Buchs ist also nicht, die Zahl der Reisenden noch weiter zu steigern. Bekanntlich leiden etliche Gebiete der Welt bereits unter Overtourism – und es gibt keinen Plan(eten) B. Doch ich sehe es gern, wenn immer mehr Reisefans zu noch bewusster reisenden Weltentdeckern werden. Ich möchte achtsame Menschen zu weltweiten Langzeitreisen inspirieren und den Anstoss zu neuen Bewusstseinsprozessen geben: Reisen, um zu lernen. Jeder, der mit offenen Augen und weitem Herzen unterwegs ist, kann als Individuum dazu beitragen, dass die Welt ein bisschen toleranter und friedlicher wird.
Dass hier als Hauptteil meine 84 Editorial-Kolumnenaus dem Globetrotter-Magazin publiziert werden, mag erstaunen, da Editorials üblicherweise nur auf die Inhalte der vorliegenden Publikation hinweisen. Ich versuchte damals, mehr daraus zu machen und der Leserschaft jedes Mal Gedanken auf den Weg mitzugeben, die zum Nach-Denken anregen und nachhaltig wirken. Aus zahlreichen Echos zu schliessen, ist das recht oft gelungen. Die Texte wurden meist zu einer Art Kolumne, die weit über den Tag hinaus wirkte. Es sind die Originaltexte von damals – allerdings habe ich nun zusätzlich jedem Editorial einen Titel und eine Unterzeile mitgegeben, um die Leserschaft auf das zu erwartende Thema einzustimmen.
Im umfangreichen Teil der Editorial-Kolumnen geht es manchmal besinnlich, oft aber sehr abenteuerlich zu und her. Eine breite Themenvielfalt aus den 40 Jahren von 1967 bis 2007 beleuchtet häufig die Natur und deren Schutz, Zukunftsperspektiven des Planeten Erde, eine Welt ohne Grenzen, Beispiele zur Völkerverständigung, die Globalisierung, Jobben unterwegs, Gefahren, Drogendramen, Tourismustrends, neue Reiseländer, Nostalgisches, Historisches, Philosophisches, einzigartige Abenteuer, Bergexpeditionen, originellste Transportmittel und Unterkünfte, Vietnamkrieg, 09/11, Jahrhundert-Tsunami und weitere relevante Aspekte. Gelegentlich hielt ich auch Reminiszenzen an meine eigenen Reisen fest, die jetzt fast unglaublich wirken, weil die Welt sich inzwischen so stark verändert hat. Schmunzeln beim Lesen ist natürlich erlaubt, denn es gab ja reichlich seltsame oder verrückte Situationen. Dazwischen berühren die Kolumnen die Entwicklung des Globetrotter-Magazins , des Clubs und des frühen Travel Service. Im Zentrum stehen natürlich vor allem die grossartigen und meist einmaligen Abenteuerreisen der vielen - LeserreporterInnen, die ich besonders gerne förderte.
Wer die vielen informativen Puzzleteile im Buch gedanklich zusammensetzt, erhält zum Schluss ein Gesamtbild zum Spirit der pionierhaften Weltenbummler-Jahre und zur wertvollen Möglichkeit, Reisen als eine gute Lebensschule zu nutzen. Plus Informationen zur frühen Entwicklung der ursprünglichen Globetrotter -Unternehmen von den bescheidensten Anfängen in einem Velokeller bis zu einer erstaunlichen Vielfalt an Dienstleistungen.
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