Ralph Dutli
Das Gold der Träume
Kulturgeschichte eines göttlichen und verteufelten Metalls
Wallstein Verlag
Für Catherine, Boris, Olivier, Jacqueline
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detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
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© Wallstein Verlag, Göttingen 2020
www.wallstein-verlag.de
Umschlaggestaltung: Susanne Gerhards, Düsseldorf,
© SG-Image unter Verwendung des Gemäldes »Fortuna und
der Bettler« (1836) von Alexej Tarassowitsch Markow
ISBN (Print) 978-3-8353-3834-0
ISBN (E-Book, pdf) 978-3-8353-4566-9
ISBN (E-Book, epub) 978-3-8353-4567-6
Relikt von sterbenden Sonnen
Der Kaiser von Kalifornien
Krisengeld gegen Krypto-Gold
Götterhaut oder: Tanzen für die Einzige
Goldenes Widderfell & das Gold der Toten
Törichter Krösus, ein fatales Geschenk
Gold und Kot!
Das goldene Kalb & Teufelsglanz
Die Hölle im Hochgebirge
Dreiste Diebe und eine kleine Betrügerin
Indiens goldzahnige Götter
Alles für Buddha
Spirituelles Gold, die göttliche Proportion
Der Götze der Sonnenlosen
Ein Menschenfeind und Goldjubel
Alchemistenträume: Goldmacher auf dem Holzweg
Das Narrenschiff oder mystische Küsse
Dichter sind Erben der Alchemisten
Der Mann mit dem Goldhirn
Märchenmetall glänzt am hellsten
Das Gold der Gedichte
Archilochos: Mich kümmert es nicht
Sappho: Gold-Fragmente
Vergil: Goldene Äpfel auf Eichenbäumen
Horaz: Sorge folgt auf wachsenden Besitz
Chrétien de Troyes: Der Gral
Anonym: Fatrasie 15
Francesco Petrarca: Sonett 90
Michelangelo Buonarroti: So wie in Glut
Joachim Du Bellay: Traum
Pierre de Ronsard: Gold-Hymne (Auszug)
Luis de Góngora: Solang noch Gold
William Shakespeare: Sonett 55
John Donne: Herbstliche Schönheit
Paul Fleming: An Chrysillen
Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau: Vergänglichkeit der Schönheit
Jean de La Fontaine: Das Huhn mit den goldenen Eiern
Angelus Silesius: Der Cherubinische Wandersmann
Johann Christian Günther: Als er der Phillis einen Ring mit einem Totenkopfe überreichte
Johann Wolfgang von Goethe: Der König in Thule
William Blake: Eine Kapelle ganz aus Gold
Friedrich Hölderlin: Der Ruhm
Novalis: An Agathon
Joseph von Eichendorff: Ein Wunderland
Heinrich Heine: Die Lore-Ley
Heinrich Heine: Das goldne Kalb
Eduard Mörike: September-Morgen
Gottfried Keller: Abendlied
Theodor Fontane: Glück
Charles Baudelaire: Alchimie des Schmerzes
Conrad Ferdinand Meyer: Traumbesitz
Emily Dickinson: Ich spiele Reichsein
Paul Verlaine: Beams
Arthur Rimbaud: Alchimie des Wortes
Richard Dehmel: Ein Goldgräber
Else Lasker-Schüler: An den Ritter aus Gold
Christian Morgenstern: Herbst
Robert Frost: Kein Gold zu bleiben
Rainer Maria Rilke: Das Gold
Rainer Maria Rilke: Sonette an Orpheus II,19
Rainer Maria Rilke: Der Goldschmied
Joachim Ringelnatz: Gold
Welimir Chlebnikow: Grashüpferchen
Hugo Ball: Der grüne König (Schizophrene Sonette, 1)
Wladislaw Chodassewitsch: Gold
Georg Trakl: An den Knaben Elis
Anna Achmatowa: Venedig
Ossip Mandelstam: Goldstück
Marina Zwetajewa: Jugend
Erich Fried: Goldmacher
Jan Skácel: Fährgeld für Charon
Ingeborg Bachmann: Lieder auf der Flucht, VII
Christoph Meckel: Goldfisch
Arne Rautenberg: goldwind
Monika Rinck: Exklusiv: Goldsamen jetzt viel günstiger
Jan Wagner: kalifornische sonette III
Literatur
Nachweise
Dank
Namenregister
Gold liebt es, mitten durch die Leibwächter zu gehen
und, stärker als ein Blitzstrahl, Steinwände zu brechen
Horaz
Sag nie, das Gold sei nichtig, gar nichts wert,
Weil es für sich allein die ganze Menschheit nährt
Pierre de Ronsard
Wo kommst du her? – Aus den Klüften,
versetzte die Schlange, in denen das Gold wohnt.
– Was ist herrlicher als Gold? fragte der König.
– Das Licht, antwortete die Schlange.
– Was ist erquicklicher als Licht? fragte jener.
– Das Gespräch, antwortete diese.
J. W. Goethe
Weinend sah ich Gold – und konnte nicht trinken –
Arthur Rimbaud
Was soll ich in diesem Haufen?
Wie bloß kam ich her, mein Gott?
Hab ich Rechte hier, ich brauch es –
Wechseln Sie mir doch mein Gold!
Ossip Mandelstam
Relikt von sterbenden Sonnen
Gold ist ein Fremdling auf der Erde. Es gehört nicht ursprünglich hierher, es ist ein Einsprengsel, das von fernen Himmelskörpern stammt. Es entstand beim Zusammenprall von Neutronensternen, es ist ein Relikt von sterbenden Sonnen. Durch Meteoriten schlug es in die Erdrinde ein. Gold ist also eine glänzende Frucht katastrophaler Kollisionen. Im Juni 2013 beobachteten Astronomen in einer 3,9 Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie einen Gammablitz, der vermutlich von zwei zusammenkrachenden Neutronensternen verursacht wurde. Sie berechneten, dass dabei bis zu zehn Mondmassen (735 Trilliarden Kilogramm) Gold entstanden sein könnten und ins All geschleudert wurden. Auch unser irdisches Gold ist vor unvorstellbar langer Zeit so entstanden. Als himmlische Verschleuderung kam es in den Erdkern und in die Erdrinde, durch eine phänomenale Weltallslotterie.
In ihrer Frühphase wurde die Erde von zahllosen Himmelskörpern bombardiert, die sie mit Edelmetallen anreicherten. Zeitpunkt: vor ungefähr 4,5 Milliarden Jahren. Wie Forscher des Southwest Research Institute in Colorado darlegen, sollen Dutzende von Impaktereignissen – von Urkörpern, die zum Teil mehr als 3000 Kilometer Durchmesser aufwiesen – die Erdmasse vergrößert haben. Sie haben also gleichsam etwas liegen lassen und zur endgültigen Gestalt der Erde beigetragen. Zu der Zeit hatte sie längst ihren Kern gebildet, die schweren Metalle sanken ins Zentrum ab. Die Forscher vermuten, dass sich dort der Löwenanteil der irdischen Edelmetalle befindet.
Woraus der Kern genau besteht, wissen wir Erdbewohner trotz aller Wissenschaft noch immer nicht genau, wir wissen nicht, was uns im Innern zusammenhält. Metallisch soll er sein, aus Eisen und Nickel bestehen, aber nicht homogen. Jedenfalls ist ein rein goldenes Herz der Erde unwahrscheinlich, obwohl dort die vermutlich größten Goldvorkommen liegen. Auch was wir wissen, wissen wir nicht seit langem, noch nicht einmal seit hundert Jahren.
Der Kern hat einen Durchmesser von 6942 Kilometern, sein Volumen beträgt ein Sechstel der ganzen Erde, aber er ist von hoher Dichte, macht ein Drittel der Erdmasse aus, also wiegt unser Zentrum sehr schwer. Die dänische Erdbebenforscherin Inge Lehmann fand 1936 die Grenze zwischen dem festen inneren und dem flüssigen äußeren Kern. Die Kern-Mantel-Grenze liegt in 2900 Kilometern Tiefe, Erdbebenwellen haben auf deren Spur geführt. Anbohren nicht empfohlen. Keine Sorge: Die tiefste, auf der russischen Halbinsel Kola bewerkstelligte Bohrung erreichte 1989 eine maximale Tiefe von »nur« 12,262 Kilometern.
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