In seiner schwierigen Situation gibt ihm die Familie keinen Kein Rückhalt bei der FamilieRückhalt. Alle drücken sich davor, mit ihm zu frühstücken. Die Mutter gibt vor, dass sie »müde« (S. 51) sei, der Sohn und die Tochter suchen irgendeine Arbeit, um Geld zu verdienen. Er erlebt, dass die Familie zunehmend auf Distanz geht und sich genauso verschuldet wie der Rest des Ortes.
Ill wird bewusst, dass er verloren ist, als er beobachtet, wie sich die Güllener immer mehr verschulden. Er verspürt Todesangst, die in ihm eine Schwere innere Kämpfeexistentielle Krise und schließlich eine Veränderung auslöst, die sich von der Entwicklung der Güllener vollkommen unterscheidet. Die Güllener erliegen der Versuchung des Geldes und werden kollektiv an dem Tod Ills schuldig, verdrängen aber dann diese Schuld. Ill dagegen denkt in seiner Todesangst über sein bisheriges Leben nach, erkennt seine Schuld und ist bereit, dafür zu sühnen. Er will nicht mehr um sein Leben kämpfen und seinen Fall auch nicht an die Öffentlichkeit bringen. Er nimmt das Urteil seiner Mitbürger an. Einen Selbstmord lehnt er ab und macht es damit den Güllenern nicht leicht. Nach seiner inneren Wandlung ist er sogar fähig, mit der Familie eine Autofahrt zu unternehmen, mit dem auf Pump gekauften Auto und der neuen teuren Kleidung.
Im Gespräch mit dem Lehrer bekennt er sich zu seiner Schuld. Seine neue Ehrlichkeit gegenüber der eigenen Vergangenheit gibt ihm auch die Kraft, Klara nach dem Schicksal des gemeinsamen Kindes zu fragen. Die innere Wandlung Ills kann seine Überwundene TodesangstAngst aber nicht ganz beseitigen. Auf die Frage des Pfarrers, ob er sich fürchte, antwortet er: »Nicht mehr sehr.« (S. 128) Als er in die Gasse gehen soll, die die Güllener gebildet haben, zögert er. Er muss dreimal aufgefordert werden, bevor er sich langsam hineinbegibt.
Der Bürgermeister nimmt seine Aufgabe sehr ernst und will beim Empfang der Milliardärin alles richtig machen. Deswegen baut er auch stark auf Ill, weil dieser mit ihr früher befreundet war. Sein Verhalten gegenüber der Milliardärin wirkt Anbiedernd und aufrecht zugleichanbiedernd. Um sie günstig zu stimmen, hält er beim Empfang für Claire eine verlogene Rede, in der die Vergangenheit verfälscht wird. Dennoch orientiert er sich an moralischen Werten. Als Repräsentant der Bürgerschaft lehnt er das Angebot der Milliardärin im Namen der Menschlichkeit unter großem Beifall ab.
Allerdings erweist er sich als genauso Durch das Geld verführtverführbar wie der Rest der Stadt. Er verfällt der Geldgier und plant mit dem Geld der Milliardärin ein neues Stadthaus und gönnt sich Luxus, den er eigentlich nicht bezahlen kann: besseren Tabak, eine Krawatte und Schuhe. Als Ill die Verhaftung Claires fordert, beruhigt er ihn, doch das wirkt verlogen. Zugleich geht er auf Distanz zu Ill, dem er verbrecherisches Verhalten vorwirft. Er trägt auch dazu bei, dass Ills Fluchtversuch scheitert.
Er übernimmt die Führungsrolle bei Ills VerurteilungFührung, als es unausweichlich wird, den Tod Ills herbeizuführen. Mit einem Gewehr kommt er zu ihm, um ihn zum Selbstmord aufzufordern. Zugleich verlangt er, dass er über den wahren Inhalt der Gemeindeversammlung in der Öffentlichkeit schweigt. Unverhohlen droht er Ill, dass sie handeln müssen, wenn er redet. Diese Vorgehensweise ist ihm nicht leichtgefallen: »Es hat mich Nächte gekostet, diesen Vorschlag zu machen, das können Sie glauben.« (S. 108) Dass er Ill dabei sehr abschätzig behandelt, muss wohl als Rechtfertigung des eigenen Vorgehens angesehen werden. Mit einer verlogenen Ansprache bei der Gemeindeversammlung bereitet er Ills Verurteilung und Hinrichtung vor. Diese Hinrichtung wird auch von ihm arrangiert, nachdem die Presse den Saal verlassen hat.
Der Pfarrer wird mit einer frommen Fromme FloskelnFloskel eingeführt und versteht sich als moralische Instanz, als er Ill auf eine »unbestimmte Geschichte« (S. 18) anspricht und fragt, ob er seinem Pfarrer etwas zu gestehen habe. Zugleich hat er aber auch Verständnis für den »Männerverbrauch« der Zachanassian, denn: »Wir sind alle Sünder.« (S. 34) Bei der Begegnung mit Claire versteht er ihre vorausdeutenden Anspielungen nicht.
Als sich Ill später in seiner Verzweiflung hilfesuchend an den Pfarrer wendet, hat dieser im Grunde wieder nur fromme Phrasen zu bieten, die in einer sehr pastoralen Sprache vorgetragen werden. Er geht an keiner Stelle konkret auf Ills Ängste ein, sondern bereitet sich nur auf seine kommende Amtshandlung vor. Als aber dann erkennbar wird, dass auch der Pfarrer für die Kirche Neues angeschafft hat, ohne dafür Geld zu haben, ist er der Einzige, der vor sich und Ill Ehrliches Schuldeingeständnisehrlich reagiert. Er fordert ihn auf zu fliehen, weil seine Anwesenheit zum Verrat verführt. Er hat sich anscheinend aber nicht persönlich bereichert, denn er trägt keine gelben Schuhe. Die neuen Glocken zeigen dennoch, dass auch er mit dem Geld der Milliardärin kalkuliert.
Bei der Gemeindeversammlung tritt er in Erscheinung, als Ills Hinrichtung unmittelbar bevorsteht. Er will Ill mit den üblichen religiösen Phrasen vor dem Tod tröstende Worte zusprechen, was dieser aber ablehnt. Daraufhin wird er wieder ehrlich und nimmt die Aufforderung Ills auf, der Pfarrer möge für Güllen und nicht für ihn beten: »Gott sei uns gnädig.« (S. 128) Auch er stimmt der Zustimmung zur HinrichtungHinrichtung zu und geht nach dem Gespräch mit Ill zu den anderen Güllenern und reiht sich ein.
Er hat eine sehr nüchterne Haltung. Als Pfarrer und Bürgermeister feststellen, dass die Milliardärin die einzige Hoffnung außer Gott sei, stellt er lapidar fest: »Aber der zahlt nicht.« (S. 18) Sein Beruf prägt seine Sprache. Als er vorschlägt, für den toten Panther eine Trauerode anzustimmen, klingen seine Worte nach dem Pathos Ideale aus der Antikeantiker Tragödien. Er sieht Parallelen zwischen der Zachanassian und antiken Gestalten. Sein Denken ist auch von den Humanitätsidealen der Antike geprägt. Er fordert von der Milliardärin: »Lassen Sie den unheilvollen Gedanken der Rache fallen, treiben Sie uns nicht zum Äußersten, helfen Sie armen, schwachen, aber rechtschaffenen Leuten, ein etwas würdigeres Leben zu führen, ringen Sie sich zur reinen Menschlichkeit durch!« (S. 90 f.) Doch sein Appell verhallt wirkungslos.
Der Zwiespalt zwischen seinen Idealen und der drohenden Ermordung Ills lässt ihn zu starken alkoholischen Getränken greifen. Er ist der einzige Güllener, der die Wahrheit ans Licht bringen will, aber sein betrunkener Zustand und seine geschraubte Redeweise machen es Ills Familie und den anderen Güllenern leicht, ihn daran zu hindern. Nur er scheint die Situation zu reflektieren und leidet unter der Spannung zwischen Zwischen Humanität und ArmutArmut und Humanität: »Die schändliche Milliarde brennt in unseren Herzen. Reißen Sie sich zusammen, kämpfen Sie um Ihr Leben, setzen Sie sich mit der Presse in Verbindung, Sie haben keine Zeit mehr zu verlieren.« (S. 102) Er schätzt Ill, aber seine Solidarität mit ihm wird im Lauf der Zeit schwächer. Auch er trägt dazu bei, dass Ills Fluchtversuch scheitert.
Später ist er derjenige, der die entscheidende Rede in der Gemeindeversammlung hält. Er fragt die Güllener, ob sie bereit sind, Ill zu ermorden, um an das Geld der Milliardärin zu kommen, formuliert dies aber so, dass nur die Eingeweihten wissen, worum es wirklich geht. Die Rede klingt für Außenstehende so, als sollten nun endlich humane Ideale verwirklicht werden, in Wirklichkeit geht es um ein Todesurteil. Damit hat er seine eigenen Verrat an den eigenen IdealenHumanitätsideale des Geldes wegen verraten.
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