»Nein«, sagte sie. »Bleib.«
Er lächelte erleichtert und näherte sich ihr wieder, vorsichtiger diesmal.
»Es ist gut«, sagte sie und versuchte ein Lächeln. »Ich beiße nicht. Es war nur alles wirklich viel in letzter Zeit. Meine Nerven sind gerade nicht die besten.«
»Ich werde dich ganz wunderbar entspannen, wenn du es zulässt«, murmelte er an ihrem Ohr und drängte sie rückwärts auf ihr Bett.
Sie fügte sich. Er entledigte sich seiner Kleidung, und sie betrachtete seine Brust, auf der goldene Härchen schimmerten, die starken Arme und schmalen Hüften, die langen, wohlgeformten Beine, ohne das Geringste zu empfinden. Er legte sich zu ihr, seine schmalen Hände wanderten über ihre Haut, und sie wandte sich zu ihm und gab die Zärtlichkeiten zurück und ließ sich auf sein Tempo ein, das ihr hektisch erschien. Und nicht viel später legte er sich auf sie und drang in sie ein, und sie schloss die Augen und drehte den Kopf weg und hätte am liebsten auch ihre Ohren verschlossen, damit sie sein Stöhnen nicht hören musste. Ihre Gedanken entfernten sich, es waren schwere, schwielige Hände auf ihrem Körper, deren kleinste Berührungen sie mit schmerzhafter Leidenschaft ersehnte, und ein Blick, der sie umfasste, als gäbe es nichts Ernsteres und Heiligeres, als mit ihr diesen Akt der Liebe zu vollführen, und sie klammerte sich an diese Erinnerung, die sie mehr erregte als alles, was Arik gleichzeitig mit ihr tat, in Gedanken ersetzte sie seinen schmalen, hellen Körper durch einen schweren, auf dem Kampf und Arbeit ihre Spuren hinterlassen hatten, und als sie kam, wandelte sich ihr Stöhnen plötzlich in ein Schluchzen.
Arik erreichte sein Ziel gleich darauf. Keuchend wälzte er sich von ihr, und sie drehte ihm augenblicklich den Rücken zu, um ihr Gesicht zu verstecken und sich verstohlen die Tränen abzuwischen. Sie dachte fieberhaft über eine Erklärung nach, die sie ihm geben konnte, wenn er sie gleich nach dem Grund ihres Weinens fragen würde, doch er fragte nicht, lag nur neben ihr, die Hand auf ihrer Hüfte, und erholte sich, er war offenbar guter Dinge, er hatte es gar nicht bemerkt.
»Arik«, sagte sie nach einer längeren Weile, die schweigend verstrichen war, und an seinem »Mm?«, hörte sie, dass sie ihn aus dem Halbschlaf geholt hatte.
»Was?«, fragte er.
»Liebst du mich?«
Er lachte leise. »Du kennst die Antwort sowieso«, sagte er, drehte sich zu ihr und küsste ihre Schulter. »Natürlich liebe ich dich. Mehr als alles auf der Welt.«
»Bist du sicher?«
»Ich bin sicher.« Er strich ihr Haar beiseite und wanderte mit seinen Lippen ihren Hals hinauf. »Was ist los?«, fragte er und versuchte, in ihr Gesicht zu sehen.
Sie drehte sich zu ihm und sah ihn an.
»Nichts ist los. Ich will es nur wissen. Stell dir vor, ich wäre keine Prinzessin. Würdest du mich trotzdem lieben?«
»Ich verstehe nicht ganz«, gab er verwirrt zu. »Wenn du keine Prinzessin wärest, wärest du vielleicht ein völlig anderer Mensch. Vielleicht würden dir all diese zauberhaften kleinen Eigensinnigkeiten fehlen. Man weiß doch nie, welchen Weg man unter anderen Umständen genommen hätte.«
»Du hast mich nicht verstanden. Stell dir vor, ich wäre eine Prinzessin, aber es wäre bedeutungslos für dich. Du würdest mich irgendwo treffen, und ich wäre am Anfang ganz eklig zu dir, unfreundlich und alles. Würdest du dich in mich verlieben?«
»Na ja«, erwiderte er, immer noch sichtlich verwirrt. »Vermutlich nicht. Ich weiß nicht, ob ich mich in jemanden verlieben würde, der eklig und unfreundlich zu mir ist.«
»Das glaube ich nämlich auch«, sagte sie, entzog sich ihm, stand auf und suchte sich etwas zum Anziehen. Sie hatte das dringende Bedürfnis, ein Bad zu nehmen, doch es ging gegen Morgen, alles schlief, und es würde zu viel Unruhe und Geflüster geben, wenn sie jetzt jemanden weckte.
Arik warf sich auf den Rücken und strich sich mit den Händen übers Gesicht.
»Prinzessin ... Lianna ... Hör mal, ich kann nichts dafür, wenn du gereizt bist. Ich kenne nicht einmal den Grund. Also lass es nicht an mir aus, ja? Ich bin fast drei Tage nicht aus dem Sattel gekommen, nur um dich zu sehen. Ich verdiene es nicht, Opfer deiner Launen zu werden.«
»Wieso? Ich dachte, sie gefallen dir so gut. Meine zauberhaften kleinen Launen.«
»Lianna, was ist los, bei allen Göttern?«
»Nichts ist los. Und wenn dir mein Ton nicht gefällt, dann such dir doch einen anderen Schlafplatz.«
Er setzte sich auf und schwang die Beine aus dem Bett.
»Gute Idee. Es wird in diesem Lager sicher Menschen geben, die mich nicht behandeln wie einen Prügelknaben.«
Er stieg in Hosen und Stiefel, warf sich sein Hemd über, packte seine verbliebenen Kleidungsstücke und verließ türenknallend ihren Wagen. Sie sah zu und fühlte nichts als große Ratlosigkeit.
Melnir Tiefgräber vernahm mit Freude, dass Eisenfels der Schmied von seiner unangekündigten Reise zurück war und die Schmiede wieder geöffnet hatte. Eisenfels war bekannt dafür, hin und wieder für einen unbestimmten Zeitraum einfach zu verschwinden, was die Geschäfte mit ihm erschwerte. Er war aber genauso bekannt dafür, der beste Schmied zu sein, den es in Hochstahl je gegeben hatte, und deshalb verzieh man ihm seine Eigenarten.
Aus Höflichkeit ließ Melnir einige weitere Tage verstreichen, bevor er sich auf den Weg in die Oberstadt machte, um den Schmied aufzusuchen. Man wollte ja nicht mit der Tür ins Haus fallen.
Als er in die schmale Hangstraße einbog, die zu der abseits gelegenen Schmiede führte, hörte er bereits das Wasserrad klappern, das den Blasebalg der Schmiede antrieb. Aus dem Schornstein stieg Rauch. Gut. Der Schmied hatte seine Arbeit bereits wieder aufgenommen.
Die Tür des flachen Steinhauses stand halb offen. Sonnenstrahlen malten ein helles Dreieck auf den Steinboden. Melnir strich seinen langen Bart glatt, räusperte sich und trat ein.
»Guten Morgen, Meister Eisenfels«, sagte er laut, um das Fauchen des Blasebalgs zu übertönen.
Der Schmied stand an der Esse und stocherte mit dem Schürhaken in den glühenden Kohlen, die dem Anschein nach noch nicht genügend Hitze entwickelten. Er drehte sich erst zu seinem Kunden um, als dieser schon seine Begrüßung wiederholen wollte, weil er meinte, nicht gehört worden zu sein.
»Guten Morgen«, sagte der Schmied und hängte den Schürhaken in seine Halterung zurück. Er wirkte müde.
»Mein Name ist Melnir Tiefgräber. Ich habe einen Auftrag für Euch«, kündigte Melnir an. Der Schmied sah ihn an, als wären diese Worte schwer zu verstehen, nickte dann und wies mit der Hand auf einen kleinen Tisch, der mit zwei Stühlen an der Wand stand. Melnir nahm Platz. Der Schmied setzte sich ihm gegenüber, seine Bewegungen ließen jede Spannkraft vermissen. Hatte vielleicht einen schlechten Tag.
»Ich hoffe, Ihr hattet eine angenehme Reise«, sagte Melnir, entschlossen, die Regeln der Höflichkeit zu achten, die eine kleine Unterhaltung über dies und das verlangten, bevor man zum Geschäftlichen kam.
»Hält sich in Grenzen.« Der Schmied sah hinunter auf seine riesigen Hände, die er auf der Tischplatte gefaltet hatte.
»So ... äh ... nun, das ist bedauerlich, aber, nun ja, zumindest hattet Ihr gutes Wetter – wir hatten einen wunderbaren Herbst dieses Jahr ...«
»Ich habe nicht sehr auf das Wetter geachtet.«
»Äh ... ja.« Melnir verstummte hilflos. Natürlich nützte die schönste Höflichkeit nichts, wenn der andere nicht in der Stimmung war, sie zu erwidern.
»Kommen wir also zur Sache«, sagte er schließlich und fühlte sich unhöflich. »Mein jüngster Sohn wird bald volljährig, und er hat den Wunsch geäußert, sich als Wache bei Feuerstein und Partner zu verdingen. Sie brauchen immer fähige Kämpfer, die ihre Handelszüge begleiten. Er soll aber eine vernünftige Waffe führen. Die Straßen sind unsicher heute, aber das wisst Ihr wahrscheinlich selbst am besten. Ich dachte an eine Streitaxt. Nicht allzu schwer. Doppeltes Blatt, wenn möglich, aber wendig in der Handhabung. Je nach Situation ein- oder zweihändig zu führen. Könnt Ihr so etwas machen?«
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