Klaus Fröhlich-Gildhoff, Maike Rönnau-Böse, Claudia Tinius
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1. Auflage 2017
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-026173-0
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-038979-3
epub: ISBN 978-3-17-038980-9
mobi: ISBN 978-3-17-038981-6
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Das vorliegende (Arbeits-)Buch hat das Ziel, pädagogische Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen sowie LehrerInnen in Grundschulen in der Begegnung mit Kindern, deren Verhalten sie als herausfordernd erleben, zu unterstützen. Damit wird ein zumindest gefühlter und in einigen Untersuchungen auch nachvollziehbarer Bedarf der PädagogInnen in Bildungsinstitutionen aufgegriffen: Das Verhalten von Kindern und z. T. auch die Zusammenarbeit mit deren Familien werden vielfach als anstrengend(er) erlebt und führen zu Heraus- und oftmals auch zu Überforderungen. Diese in mehreren Situationen erlebten Belastungen werden zumindest teilweise verstärkt durch die sinnvolle Perspektive und den Anspruch der Inklusion und ihrer Umsetzung – für die stellenweise die Rahmenbedingungen unzureichend sind.
Das Buch ist entstanden aus der mehrjährigen Zusammenarbeit der AutorInnen im Zentrum für Kinder- und Jugendforschung (ZfKJ) im Forschungs- und Innovationsverbund an der Evangelischen Hochschule Freiburg (FIVE e. V.). Nachdem im ZfKJ über viele Jahre Konzepte und Programme zur Förderung der seelischen Gesundheit und Resilienz von Kindern in Kindertageseinrichtungen und Grundschulen im Sinne universeller Prävention entwickelt, realisiert und evaluiert wurden, zeigte sich, dass diese Maßnahmen der breiten Entwicklungsunterstützung für einen Teil der Kinder nicht ausreichen. Gerade diese Kinder und deren Familien fordern die PädagogInnen und machen ihnen zugleich Sorgen. So wurde in zwei größeren Projekten dem Thema ›Herausforderndes Verhalten in Kindertageseinrichtungen und Schulen‹ neue Aufmerksamkeit zuteil. Es wurde ein Curriculum zur Qualifizierung der Fachkräfte in Bildungsinstitutionen entwickelt, in den unterschiedlichen Zusammenhängen umgesetzt und schließlich evaluiert. In diesem Arbeitsbuch sind wesentliche Bestandteile dieser Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen zusammengeführt.
In der praktischen Arbeit mit den Fachkräften in Kita und Schule wurde der Wunsch nach einer breiteren Grundlagenliteratur, die auch Anregung zur Reflexion und Weiterentwicklung in der Praxis bietet, deutlich. Das vorliegende Buch versucht, diese Lücke zu füllen. Es ist an vielen Stellen an der Praxis von Kindertageseinrichtungen und Schulen ausgerichtet und knüpft somit insbesondere an der ressourcenorientierten Begegnung mit herausfordernden Verhaltensweisen von Kindern an. Dies hat zur Folge, dass eine tiefgehende Auseinandersetzung, z. B. mit einzelnen Störungsbildern, nicht geleistet werden kann. Hierzu werden allerdings spezifische Literaturhinweise gegeben.
Die Zielgruppe dieses Buches sind PraktikerInnen in Kindertageseinrichtungen und Grundschulen, gemeint ist damit der gesamte Kreis der pädagogischen Fachkräfte und LehrerInnen. Das Buch soll zugleich eine Arbeitsgrundlage für die Ausbildungen an Fachschulen für Sozialpädagogik und an Hochschulen darstellen. Außerdem kann es in der Weiterbildung von PädagogInnen in Kita und Grundschule und der Begleitung teambezogener Entwicklungsprozesse eingesetzt werden. Der Charakter des Arbeitsbuches wird einerseits durch Praxisbeispiele, andererseits durch weiterführende Fragen und das Vorstellen von Instrumenten bestimmt.
Wir bedanken uns bei den vielen Menschen, die uns im Prozess des Schreibens unterstützt haben. Dies sind unsere PartnerInnen und Familien, die PraktikerInnen, die uns immer wieder gefordert und Anregungen gegeben haben, aber auch die KollegInnen im ZfKJ, die uns in Schaffenskrisen ermutigt haben. Ein besonderer Dank geht an Janna Kiesé für ihre hervorragende gründliche Lektorierungsarbeit.
Als AutorInnen wünschen wir Freude beim Lesen, Anregungen für die Praxis und verbinden damit die Hoffnung, dass die Begegnung zwischen PädagogInnen und Kindern, deren Verhalten als herausfordernd erlebt wird, entwicklungsförderlicher und zum Wohle beider Gruppen gestaltet werden kann.
Wir freuen uns sehr über – auch kritische – Rückmeldungen.
Freiburg, im Februar 2017
Klaus Fröhlich-Gildhoff, Maike Rönnau-Böse, Claudia Tinius
In vielen Bildungsinstitutionen, Kindertageseinrichtungen wie Schulen, empfinden die dort tätigen pädagogischen Fachkräfte bzw. Lehrkräfte seit Längerem eine Zunahme von Kindern, die ›auffälliges‹ Verhalten zeigen: Es wird beklagt, dass Kinder sich weniger an Regeln halten, dass sie impulsiver sind und sich schlechter selbst steuern/regulieren können oder dass die Aufmerksamkeitsspannen immer geringer würden. Exemplarisch für eine Vielzahl von entsprechenden Äußerungen sei das Ergebnis einer Befragung von 1308 LehrerInnen aus verschiedenen Regionen Deutschlands zitiert: »In beinahe 40% der Klassen gibt es drei oder mehr Kinder, die in mindestens vier Verhaltensauffälligkeiten als stark auffällig eingestuft wurden. In diesen Klassen ist ein geregelter Unterricht kaum noch möglich« (Berg & Tisdale, 2004, S. 2).
Im Unterschied dazu geben breite epidemiologische Studien keine Hinweise auf die Zunahme von Verhaltensauffälligkeiten: Die in Deutschland größte, repräsentativ durchgeführte Untersuchung (12 368 Kinder und Jugendliche), die KiGGS-Studie des Robert-Koch-Instituts, kann Zahlen über einen Sechs-Jahres-Vergleich vorlegen. Dabei zeigt sich:
»Insgesamt 20,2% der Kinder und Jugendlichen im Alter von 3 bis 17 Jahren ließen sich in der KiGGS Welle 1 [2009–2012] mit dem SDQ-Symptomfragebogen einer Risikogruppe für psychische Auffälligkeiten (grenzwertig auffällig oder auffällig) […] zuordnen: In der KiGGS-Basiserhebung [2003–2006] waren dies 20,0% […]. Damit ließ sich insgesamt keine bedeutsame Veränderung über die Zeit in der Häufigkeit psychischer Auffälligkeiten nachweisen« (Hölling et al., 2014, S. 809).
Die zur Verfügung stehenden (wenigen) Studien zeigen allerdings deutlich zum einen die Sensibilität pädagogischer Fachkräfte für die Thematik ›herausforderndes kindliches Verhalten‹. Rudow konnte schon 2004 feststellen, dass 75,4% der befragten ErzieherInnen berichten, dass eine große Anzahl an Kindern in ihrer Gruppe herausfordernde Verhaltensweisen zeigt und sie sich dadurch belastet fühlen (Rudow, 2004). Zum anderen wird deutlich, dass die PädagogInnen durch das Verhalten einiger Kinder stark emotional belastet sind; dies gilt für den Bereich der Kindertageseinrichtungen (Rudow, 2004; Fröhlich-Gildhoff et al., 2013) ebenso wie für den Bereich der Schulen (Ulich, Inversini & Wülser, 2002; Schaarschmidt, 2004). Die Fachkräfte geben an, dass sie Unterstützung im täglichen Umgang mit herausforderndem Verhalten benötigen. Deutlich werden in diesem Zusammenhang auch spezifische Fortbildungswünsche – z. B. zum Thema ›Diagnostik/Erkennen von herausfordernden Verhaltensweisen‹ – geäußert (GEW-Kita-Studie, 2007; Fröhlich-Gildhoff et al., 2013).
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