Arthur Doyle - Das Tal des Grauens

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Das Tal der Angst ist der vierte Roman von Sir Arthur Conan Doyle , in welchem die Figuren Sherlock Holmes und Dr. Watson auftauchen. Die Geschichte wurde erstmals zwischen September 1914 und Mai 1915 im englischen Strand Magazine veröffentlicht und erschien als Buchausgabe in London und New York 1915.
Das Werk ist aus zwei Teilen aufgebaut:
Teil 1: Die Tragödie von Birlstone
Teil 2: Die Scowrers
Der Haupthandlungsstrang, welcher im ersten Teil beschrieben wird, spielt im Jahre 1888 in der englischen Grafschaft Sussex, während der zweite Teil aus einer Rückblende in das Jahr 1875 besteht. Der zweite Teil ist geographisch im amerikanischen Pennsylvania angesiedelt.

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Inhaltsverzeichnis

Impressum Impressum Covergestaltung: Steve Lippold Digitalisierung: Gunter Pirntke ISBN: 9783955012281 2014 andersseitig andersseitig Verlag Dresden (mehr unter Impressum-Kontakt)

Teil I Teil I

Die Tragödie von Birlstone

1. Die Warnung

2. Mr. Sherlock Holmes doziert

3. Die Tragödie von Birlstone

4. Dunkelheit

5. Die Personen des Dramas

6. Ein Licht dämmert herauf

7. Die Lösung

Teil II

Die Scowrers23

8. Der Mann

9. Der Logenmeister

10. Loge 341, Vermissa

11. Das Tal der Angst

12. Die dunkelste Stunde

13. Gefahr

14. Eine Falle für Birdy Edwards

Epilog

Editorische Notiz

Anmerkungen

Arthur Conan Doyle

Das Tal des Grauens

Impressum

Covergestaltung: Steve Lippold

Digitalisierung: Gunter Pirntke

ISBN: 9783955012281

2014 andersseitig

andersseitig Verlag

Dresden

(mehr unter Impressum-Kontakt)

Teil I

1. Die Warnung

»Ich denke ...« sagte ich.

»Das wäre ratsam«, bemerkte Sherlock Holmes unwillig.

Ich glaube, ich bin einer der langmütigsten Sterblichen; dennoch muß ich gestehen, daß mich diese hämische Unterbrechung ärgerte.

»Also wirklich, Holmes«, sagte ich unwirsch, »manchmal ist es mit Ihnen kaum auszuhalten.«

Er war zu sehr in seine Gedanken versunken, um meinen Vorwurf unverzüglich zu erwidern. Vor ihm stand sein nicht angerührtes Frühstück; auf eine Hand gestützt, starrte er auf einen Zettel, den er soeben aus einem Umschlag gezogen hatte. Dann nahm er den Umschlag selbst, hielt ihn vor das Licht und musterte sehr sorgfältig Vorderseite und Falzklappe.

»Das ist Porlocks Handschrift«, sagte er nachdenklich. »Wenn ich sie auch erst zweimal zu Gesicht bekommen habe, hege ich doch keinen Zweifel daran, daß das Porlocks Handschrift ist. Das griechische ›e‹ 1 mit dem eigenartigen Schnörkel oben ist bezeichnend. Wenn das Schreiben jedoch von Porlock kommt, dann muß es eine Sache von äußerster Wichtigkeit sein.«

Er sprach eher mit sich als mit mir, aber mein Ärger verschwand hinter dem Interesse, das seine Worte in mir erweckten.

»Wer ist denn dieser Porlock?« fragte ich.

»Porlock ist ein nom de plume, Watson, ein reines Erkennungszeichen, hinter dem sich allerdings eine gerissene, schwer faßbare Persönlichkeit verbirgt. In einem früheren Brief hat er mir frank und frei mitgeteilt, daß das nicht sein richtiger Name sei und er mir nicht zutraue, ihn unter den wimmelnden Millionen dieser großen Stadt jemals aufzuspüren. Porlock ist wichtig, nicht seinetwegen, sondern wegen des großen Mannes, mit dem er in Verbindung steht. Stellen Sie sich den Lotsenfisch neben dem Hai vor, den Schakal neben dem Löwen – irgend etwas Unbedeutendes verbündet mit etwas Furchtbarem. Nicht nur etwas Furchtbarem, Watson, nein, Unheilvollem – im höchsten Grad Unheilvollem. Daher gehört er in meine Interessensphäre. Habe ich Ihnen gegenüber schon einmal Professor Moriarty 2 erwähnt?«

»Den berühmten wissenschaftlichen Verbrecher? In Ganovenkreisen ebenso berühmt wie ...«

»Sie machen mich schamrot, Watson«, murmelte Holmes abwehrend.

»Ich wollte sagen, ›wie er der Öffentlichkeit eine unbekannte Größe ist.‹«

»Touché – eindeutig touché!« rief Holmes. »Sie entwickeln einen gewissen Hang zu pfiffigem Humor, den ich Ihnen nicht zugetraut hätte; ich muß lernen, mich dagegen zu wappnen. Aber wenn Sie Moriarty einen Verbrecher nennen, sprechen Sie in den Augen der Justiz eine Verleumdung aus, und da liegen Glanz und Gloria der Sache. Der größte Ränkeschmied aller Zeiten, der Organisator jedweder Teufelei, das Zentralgehirn der Unterwelt – ein Gehirn, das die Geschicke ganzer Nationen im Guten wie im Schlechten lenken könnte: das ist unser Mann. Aber er ist über jeden gemeinen Verdacht so erhaben – so gefeit gegen jede Kritik – und so bewundernswert in seiner Fähigkeit, die Fäden in der Hand und sich selbst im Hintergrund zu halten, daß er Sie schon für die Worte, die Sie eben geäußert haben, vor Gericht zerren könnte und Ihre Jahresrente als Schmerzensgeld für seine verletzte Ehre einstriche. Immerhin ist er der gepriesene Verfasser von Dynamik eines Asteroiden – einem Buch, das solch luftige Höhen der reinen Mathematik erklimmt, daß man behauptet, es habe sich in der gesamten Fachpresse kein Kopf gefunden, der imstande wäre, das Werk zu rezensieren. Ist das ein Mann, den man verleumdet? Der schandmäulige Doktor und der verunglimpfte Professor – so sähe die Verteilung Ihrer Rollen aus. Das ist eben Genie, Watson. Aber solange mich die kleineren Ganoven am Leben lassen, ist gewiß noch nicht aller Tage Abend.«

»Möge ich es miterleben!« rief ich inbrünstig aus. »Aber Sie haben vorhin von diesem Porlock gesprochen.«

»Ah, ja – der sogenannte Porlock ist ein Glied in der Kette, in kleinem Abstand allerdings von dem großen Brocken, an dem sie hängt. Unter uns gesagt, Porlock ist nicht gerade ein starkes Glied. In jener Kette stellt er sogar die einzige Schwachstelle dar, soweit ich das bisher überprüfen konnte.«

»Aber keine Kette ist stärker als ihr schwächstes Glied.«

»Genau, mein lieber Watson. Daher die außerordentliche Bedeutung von Porlock. Verlockt von rudimentären Anwandlungen eines Bedürfnisses nach Recht und ermutigt durch das klug dosierte Stimulans einer gelegentlichen Zehn-Pfund-Note, die ihn auf Umwegen erreichte, hat er mir ein- oder zweimal Vorabinformationen zukommen lassen, die von Wert waren – und zwar von jenem höchsten Wert, der es möglich macht, einem Verbrechen zuvorzukommen und es zu verhindern, statt es zu rächen. Gewiß würden wir feststellen, daß diese Nachricht von der erwähnten Art ist, hätten wir nur den Schlüssel dazu.«

Erneut strich Holmes das Stück Papier auf dem unbenutzten Teller glatt. Ich erhob mich, beugte mich über ihn und starrte auf die merkwürdige Mitteilung, die folgendermaßen lautete:

»Werden Sie daraus schlau, Holmes?«

»Es ist offensichtlich der Versuch, eine Geheiminformation zu übermitteln.«

»Aber welchen Nutzen hat eine verschlüsselte Nachricht ohne den Schlüssel?«

»In diesem Fall überhaupt keinen.«

»Wieso betonen Sie ›in diesem Fall‹?«

»Weil es viele Geheimschriften gibt, die ich mit der gleichen Leichtigkeit lese, mit der ich die Apokryphen der Seufzerspalte zu entziffern pflege. Solche durchsichtigen Spielereien ergötzen die Intelligenz, ohne sie zu erschöpfen. Aber das hier ist etwas anderes. Es handelt sich ganz klar um einen Hinweis auf die Wörter einer Seite in irgendeinem Buch. Solange ich allerdings nicht weiß, welche Seite und welches Buch, bin ich machtlos.«

»Aber weshalb ›Douglas‹ und ›Birlstone‹?«

»Weil dies offensichtlich Wörter sind, die nicht auf der fraglichen Seite stehen.«

»Warum hat er denn das Buch nicht angegeben?«

»Der Ihnen eigene Scharfsinn, mein lieber Watson, jene angeborene Schlauheit, die Ihre Freunde so sehr entzückt, würde Sie doch gewiß davon abhalten, Schlüssel und Nachricht in denselben Umschlag zu stecken. Gerät er in die falschen Hände, ist es um Sie geschehen. So aber muß schon beides sein Ziel verfehlen, um Schaden anrichten zu können. Unsere zweite Post ist bereits überfällig, und ich wäre sehr überrascht, wenn sie uns nicht entweder einen weiteren Brief mit einer Erklärung oder, was wahrscheinlicher ist, eben jenes Buch brächte, auf das sich diese Ziffern beziehen.«

Nur ein paar Minuten später erwies sich Holmes' Berechnung als richtig, denn Billy, der Hausbursche, erschien tatsächlich mit dem Brief, den wir erwartet hatten.

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