»Was die Erfahrung aber und die Geschichte lehren, ist dieses, dass Völker und Regierungen niemals etwas aus der Geschichte gelernt und nach Lehren, die aus derselben zu ziehen gewesen wären, gehandelt haben.«
Georg Wilhelm Friedrich Hegel
Bei dem vorliegenden Werk wurde Bildmaterial von zahlreichen Soldaten und aus unzähligen Nachlässen zusammengetragen. Dabei war es oft schwierig, festzustellen, wer der Inhaber des Urheberrechts ist. Sollte bei der einen oder anderen Reproduktion unwissentlich das Copyright verletzt worden sein, so bitten Verlag und Autor, dieses Versäumnis zu entschuldigen.
Vollständige E-Book-Ausgabe der im Rosenheimer Verlagshaus erschienenen Originalausgabe 2007
© 2014 Rosenheimer Verlagshaus GmbH & Co. KG, Rosenheim
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Alle Abbildungen in diesem Buch einschließlich der Titelfotos stammen aus dem Militärarchiv Kaltenegger.
Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling
Bildreproduktion: Scan Stragenegg, Kolbermoor
eISBN 978-3-475-54302-9 (epub)
1. Das Unternehmen »Barbarossa«
2. Das deutsch-sowjetische Kräfteverhältnis
3. Der Aufmarsch
4. Die Grenzschlachten in Galizien
5. Die Pogrome von Lemberg
6. Gefechtslärm in der Ukraine
7. Der Durchbruch durch die »Stalin-Linie«
8. Der Kampf um Winniza
9. Die Umfassungsschlacht bei Uman
10. Der Vormarsch zum Dnjepr
11. Die Kesselschlacht um Kiew
12. Der uferlose Krieg
13. Die Kämpfe in der Nogaischen Steppe
14. Die Eroberung des Donezgebietes
15. Die Kämpfe am Mius
16. Die Winterkrise vor Moskau
17. Gefangen im russischen Winter 1941/42
Nachwort
Anmerkungen
1.
Das Unternehmen »Barbarossa«
Friedrich I., den die Italiener wegen seines roten Bartes Barbarossa nannten, war der mächtigste Herrscher der Staufer, die aus Schwaben stammten. Als im Jahre 1184 das prunkvolle Mainzer Hoffest gefeiert wurde, stand der Kaiser auf der Höhe seiner Macht und beherrschte ein Reich, das von der Ostsee bis nach Mittelitalien reichte. Doch sechs Jahre später, anno 1190, ertrank Friedrich Barbarossa während des dritten Kreuzzugs in Kleinasien in den Fluten des Saleph.
Nachdem sich die Kunde von seinem Tod verbreitete, war die Trauer dermaßen groß, dass sich sehr bald Sagen und Legenden, Lieder und Mythen um ihn rankten, die über die Jahrhunderte hinweg überliefert wurden und den Kaiser mit dem langen roten Bart unsterblich machten. Einer dieser Sagen zufolge soll Friedrich I. nicht im Vorderen Orient ertrunken sein, sondern im Kyffhäuser in den Thüringer Bergen ruhen und auf bessere Zeiten für sein Reich hoffen. In der Romantik hatten diese Sagen Hochkonjunktur, und 1896 wurde auf dem Kyffhäuser gar ein Nationaldenkmal errichtet, dessen Relief eine Allegorie darstellt: Mit seinem Gefolge und der flachsspinnenden Uta wartet der Kaiser in einer Höhle des Kyffhäuser-Gebirges, von Raben umflogen, auf die Zeit seiner Rückkehr zu Macht und alter Herrlichkeit. Uta ist eine germanische Schicksalsgöttin, der Kaiser ist Wotan und die Raben sind die ständigen Begleiter des alten germanischen Gottes.
Einer anderen Legende nach, die sich ursprünglich auf Karl den Großen bezog, schläft Kaiser Rotbart im Untersberg der Berchtesgadener Alpen der Stunde entgegen, in der das Stauferreich, das wie kein anderes im 19. und 20. Jahrhundert die nationale Fantasie beflügelte, im alten Glanz wiederersteht. Im rund 2000 Meter hohen, wuchtigen Gebirgsstock des Untersberges gibt es unzählige Höhlen, 140 davon sind bekannt, 70 erforscht; jede ist stark verzweigt und bis zu 14 Kilometer lang.
»Für den, der in der Höhle ist, bleibt die Zeit stehen«, heißt es in einer mittelalterlichen Sage über diesen Gebirgsstock. »Wenn in der Höhle zehn Minuten vergehen, verstreichen in der Außenwelt 14 Tage.«
War es nun die örtliche Nähe des Untersberges zum Obersalzberg, auf dem Hitler militärische und politische Entscheidungen fällte, oder war es einfach nur die mythische Gestalt des Stauferkaisers, die den »Führer« und Obersten Befehlshaber der Wehrmacht dazu bewogen hatte, den »Kreuzzug« gegen das mächtige sowjetrussische Reich als »Unternehmen Barbarossa« zu bezeichnen? Beides mag bei der Namensgebung für den Ostfeldzug eine Rolle gespielt haben.
»Wenn ›Barbarossa‹ steigt«, hatte Adolf Hitler am 3. Februar 1941 verkündet, »hält die Welt den Atem an und verhält sich still.«
Aber nicht nur die Welt war geschockt, in besonderem Maße stockte den deutschen Soldaten, die in diesen Feldzug gegen das gewaltige sowjetische Riesenreich geschickt wurden, der Atem, der ihnen später, im bitterkalten Winter 1941/42, zu Raureif gefrieren sollte.
Wie kam es, so fragten sich die Offiziere, die im Ostfeldzug eingesetzt wurden, dass Hitler gegen alle Vernunft den Befehl gegeben hatte, die UdSSR anzugreifen?
Welches waren die Gründe, die Motive und die auslösenden Faktoren? 1
Im Folgenden seien kurz die wichtigsten Gründe genannt, wobei wir uns zuerst der militärpolitischen Lage zuwenden wollen:
Die deutschen Truppen hatten im April 1940 Dänemark und seit dem 10. Mai binnen knapp sechs Wochen Belgien, Luxemburg, Frankreich und die Niederlande besetzt. Seit dem 25. Juni 1940 herrschte an der Westfront Waffenruhe. Doch das »Freie Frankreich« unter General de Gaulle in Großbritannien und General Weygand in Afrika rief zum weiteren Kampf auf, und die Résistance formierte sich.
In Skandinavien waren, nachdem deutsche Truppen zur Sicherung der Erzzufuhr Norwegen besetzt hatten und General Dietl mit dem Gebirgs-Armeekorps Norwegen in Nordfinnland und an der sowjetischen Grenze stand, etwa acht Divisionen gebunden.
Im Süden und Südosten waren im April 1941 in nur wenigen Wochen Jugoslawien und Griechenland von der Deutschen Wehrmacht überrannt und besetzt worden. Diese beiden Feldzüge hatten Hitler zwar zum Herrn des gesamten Balkans gemacht, doch die militärpolitischen Sorgen des Großdeutschen Reiches waren damit keineswegs kleiner geworden. Im Gegenteil: Auch in diesen Ländern formierten sich Widerstandsbewegungen und banden Ressourcen.
Zwar trat Italien im Juni 1940 auf Seiten Deutschlands in den Krieg ein, und auch die mehr oder weniger faschistisch regierten Länder Ungarn, Rumänien und Bulgarien unterstützten die Achsenmächte als Verbündete, doch General Franco gelang es, Spanien weiterhin als »nicht Krieg führend« aus dem Kriegsgeschehen herauszuhalten.
In Nordafrika hatte General Rommel mit dem Deutschen Afrikakorps und italienischen Verbänden zwar die Cyrenaika zurückerobert; nachdem Tobruk eingeschlossen war, stand er aber mit den Briten an der ägyptischen Grenze im harten Kampf. Und die britische Flotte beherrschte auch nach der Eroberung von Kreta durch deutsche Fallschirmjäger und Gebirgstruppen das Mittelmeer.
Die Schlacht im Atlantik war anfänglich für die deutsche Kriegsmarine gut angelaufen, aber es gelang nicht, die Britischen Inseln zu blockieren. Auch die »Luftschlacht um England« ging verloren, so dass an eine »Operation Seelöwe«, d. h. an eine Landung in England, nicht mehr zu denken war. Großbritannien blieb unter seinem unnachgiebigen Premierminister für Hitler auch nach den siegreichen Feldzügen in Polen, Skandinavien, im Westen und auf dem Balkan der größte Gegner.
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